Plenarsitzungen am 17. und 18. April 2002:Landtag testet Debatten mit unbegrenzter Redezeit

Präsident Straub erhofft sich lebendigere Diskussionen Stuttgart. Debatten von unbegrenzter Dauer können die Mitglieder des baden-württembergischen Landtags in den beiden Plenarsitzungen der kommenden Woche führen. Das Präsidium des Parlaments hat nämlich in seiner Sitzung am gestrigen Dienstagabend (9. April 2002) dem Vorschlag von Landtagspräsident Peter Straub (CDU) zugestimmt, die Redezeitbegrenzung versuchsweise aufzuheben. Das bedeutet, dass an den beiden nächsten Plenartagen jeder Abgeordnete zu jedem Punkt beliebig lange sprechen darf. "Vom Wegfall der Redezeitbegrenzung erwarte ich mir lebhaftere und interessantere Diskussionen”, erläuterte Präsident Straub am Mittwoch in Stuttgart sein Konzept. Die üblichen Redezeiten von fünf Minuten seien so knapp bemessen, dass es oft Schwierigkeiten bereite, Sachverhalte, Argumente und Meinungen ausreichend darzulegen. Wenn ein Redner jedoch nicht mehr unter zeitlichem Druck stehe, könne er sich umfassender und – ganz im Sinne der Zuhörer auf der Tribüne – verständlicher, sachgerechter und zusammenhängender mit einem Thema auseinandersetzen. Auch die Neuerung, dass zu einem Tagesordnungspunkt je Fraktion nicht nur ein, sondern mehrere Abgeordnete das Wort ergreifen dürften, trage zu einer Steigerung der Debattenkultur bei. Der Präsident verwies auf andere Parlamente, etwa die Kantonsparlamente in der Schweiz, die ohne Begrenzung der Beratungsdauer und der Redezeit auskämen und damit gute Erfahrungen gemacht hätten. "Ich bin überzeugt", so Straub, "dass Debatten ohne feste Redezeit insgesamt nicht zu wesentlich längeren Plenarsitzungen führen." Er gehe davon aus, dass die Fraktionen wichtigen Angelegenheiten mehr Zeit widmeten und dafür weniger bedeutsame Tagesordnungspunkte und Regularien rascher abhandelten. “Wenn der Versuch gelingt”, kündigte Straub an, “wird man die Geschäftsordnung des Landtags entsprechend ändern.” Nach Angaben der Landtagspressestelle befasst sich das Parlament am kommenden Mittwoch, 17. April 2002, unter anderem mit einer Großen Anfrage der SPD zum Thema "Zukunft der stationären Altenpflege in Baden-Württemberg" und mit einer Großen Anfrage der CDU zum Thema "Schulische Integration und Förderung von ausländischen Kindern und Jugendlichen". "Empfehlen sich Änderungen im Familienrecht, um die anonyme Geburt in Baden-Württemberg zu ermöglichen?" ist Gegenstand einer von der FDP beantragten Aktuellen Debatte. Beraten wird außerdem das Gesetz zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes. Zu den Punkten, die in der Plenarsitzung am Donnerstag, 18. April 2002, auf der Tagesordnung stehen, zählen ein Antrag der Grünen zur Windkraftpolitik in Baden-Württemberg sowie die von der CDU beantragte Aktuelle Debatte “Kranke Kassen statt Krankenkassen – Verfehlte Gesundheitspolitik der Bundesregierung zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger”.