Streit im Finanzausschuss um Beteiligung des Parlaments an Mittelvergabe für privatisierte Bewährungshilfe
Stuttgart. Zu einem heftigen Streit um die Form der Mittelvergabe für ein Projekt der Landesregierung ist es in der Sitzung des Finanzausschusses am Donnerstag, 23. November 2006, gekommen. Die Abgeordneten von SPD und GRÜNEN kritisierten, dass das Finanzministerium für die Übertragung von Leistungen der Bewährungs- und Gerichtshilfe ab 1. Januar 2007 auf einen freien Träger eine außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung in Höhe von insgesamt 65 Mio. Euro bereitstellt - ohne Konsultation des Parlaments. Das Finanzministerium begründete seine Vorgehensweise damit, dass aufgrund des besonderen Zeitdrucks in dieser Angelegenheit eine rechtzeitige haushaltsrechtliche Bewilligung durch den Landtag nicht möglich sei. „Außerplanmäßige Ausgaben in dieser Größenordnung müssen vom Parlament genehmigt werden. Das Verfahren, das Finanzministerium und Justizministerium hier beschreiten, verstößt gegen geltendes Recht und ist eine Missachtung des Landtags“, sagte der Vorsitzende des Finanzausschusses, der SPD-Abgeordnete Ingo Rust. Die Voraussetzungen für eine Ausnahmesituation nach den Paragrafen 37 und 38 der Landeshaushaltsordnung seien in diesem Fall nicht gegeben. Von einem „unvorhergesehenen und unabweisbaren“ Bedürfnis, wie es dort als Bedingung für über- und außerplanmäßige Ausgaben heiße, könne nicht die Rede sein. Der vom Finanzministerium angeführte Zeitdruck sei selbstverschuldet. „Eine Beratung im Finanzausschuss und im Plenum wäre ohne weiteres möglich gewesen. Für die Bewilligung einer Summe in Höhe von 65 Mio. Euro, in Form eines Nachtragshaushalts, hätte sich durchaus auch eine Sondersitzung angeboten“, betonte Rust. Auf Anfrage hin meldete auch ein Vertreter des Rechnungshofes Zweifel daran an, ob man in diesem Zusammenhang von „unvorhergesehen und unabweisbar“ reden könne. Dem widersprachen die Vertreter von CDU, FDP/DVP und der Regierung. Sie verwiesen auf sachliche Gründe für die Eilbedürftigkeit des Projekts. Es sei auch wenig sinnvoll, wegen einer einzelnen Verpflichtungsermächtigung einen Nachtragshaushalt zu beschließen. Im Übrigen bedeute die Übertragung von Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe auf einen freien Träger für das Land mittelfristig weniger Ausgaben. Der von SPD und GRÜNEN im Ausschuss gestellte Missbilligungsantrag gegen die Vorgehensweise des Finanzministeriums in Sachen privatisierte Bewährungshilfe wurde nach Angaben Rusts mit den Stimmen der Mehrheitsfraktionen abgelehnt.