Prof. Ernst Guggenheimer

Verfolgung
November 1933
Guggenheimer ist Architekt und Jude. Im November 1933 werden alle jüdischen Architekten von den NS-Behörden aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen und erhalten damit faktisch Berufsverbot. Dies gilt auch für Guggenheimer, der aber trotz des Ausschlusses weiterarbeiten kann, da sein Partner, der Schweizer Oskar Bloch, ihr gemeinsames Architekturbüro nominell weiterführt. Guggenheimer versucht in der Folge, wieder in die Reichskulturkammer aufgenommen zu werden. Sein Antrag wird jedoch im November 1934 abgelehnt. Nach dem Tod seines Partner am 6. Januar 1937 ist Guggenheimer deshalb gezwungen, sein Architekturbüro zu schließen.
nach 10.11.1938
Guggenheim wird im November 1938 von den NS-Behörden gezwungen, mit 15 jüdischen KZ-Häftlingen die Ruine der im Zuge der sogenannten Reichspogromnacht niedergebrannten Stuttgarter Synagoge zu beseitigen.
1939
Guggenheimers Ehefrau Frieda Wilhelmine (geb. Schaper) ist Protestantin. Ihre Ehe wird zunächst von den NS-Behörden als »Mischehe« anerkannt. 1939 erfolgt die Aufhebung der Ehe durch die NS-Behörden.
22.08.1942
Guggenheimer entgeht am 22. August 1942 einer Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt, weil er für »krankheitsbedingt transportunfähig« befunden wird. Als Guggenheimer eine zweite Vorladung zur Deportation erhält, leistet er dieser keine Folge. Bis zum Ende des Nationalsozialismus lebt Guggenheimer versteckt in Stuttgart-Untertürkheim.
Biografie
Sohn eines Kaufmanns
Friedrich-Eugens-Gymnasium in Stuttgart
1898
Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Stuttgart
Tätigkeit in verschiedenen Architekturbüros in Kassel, Berlin, Hamburg, Luzern und Manchester
1902
Lehraufträge an der Baugewerkschule in Kassel und an der Gewerbeschule in Stuttgart
ab 1909
Freier Architekt in Stuttgart, dort unter dem Namen »Bloch & Guggenheimer« ein gemeinsames Büro mit dem Züricher Regierungsbaumeister Oskar Bloch
1915
Guggenheimer ist wegen eines Ohrleidens vom Wehrdienst befreit, dennoch leistet er als Freiwilliger Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg.
Guggenheimer errichtet zahlreiche Villen und Mietshäuser in Stuttgart.
1934
Guggenheimer verkaufte sein Haus in Stuttgart und zieht vorübergehend nach Buoch-Remshalden.
1935
Bau einer jüdische Schule neben der Synagoge in der Hospitalstraße in Stuttgart
1936
Bau eines jüdischen Altenheims in Heilbronn
1942
Hilfsarbeiter und Friedhofsgärtner in Stuttgart
1945
Wiedereröffnung eines Architekturbüros in Stuttgart
Guggenheimer beteiligt sich mit mehreren Projekten am Wiederaufbau Stuttgarts.
Guggenheimer fungiert als Treuhänder für Grundstücke jüdischer Emigranten.
Vorstand der jüdischen Gemeinde in Stuttgart
Mitglied des Bunds Deutscher Architekten
1949
Guggenheimer errichtet auf den alten Grundmauern die neue Synagoge in Stuttgart.
1954
Nach Verschlechterung seines Gesundheitszustands geht Guggenheimer eine Partnerschaft mit dem Architekten Voigt ein.
Rezeption
1954
Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
1959
Ehrenprofessur an der Technischen Hochschule Stuttgart
Literatur
Weik 2003, S. 54.
Myra Warhaftig: Deutsche jüdische Architekten vor und nach 1933. Das Lexikon. 500 Biographien, Berlin 2005, S. 78-79.
Dietrich W. Schmidt: Ernst Guggenheimer, in: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, hrsg. von Andreas Beyer, begr. von Günter Meißner, 65, München, Leipzig 2009, S. 78-79.
Karl Apel, Ernst Rose: Ernst Guggenheimer, in: Buocher Hefte, 32, 2012, S. 56-63.