Lesbische Lebenswelten im Südwesten
Landtag stößt Forschungsprojekt an – Ministerium bewilligt Förderung
Stuttgart. Lesbischen Lebenswelten im deutschen Südwesten von den 20er bis zu den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts widmet sich ein universitätsübergreifendes Forschungsprojekt, das ursprünglich vom Landtag von Baden-Württemberg angeregt wurde. Wie jetzt bekannt wurde, wird das Projekt nun mit insgesamt 200.000 Euro vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gefördert. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) zeigt sich erfreut: „Ich bin sicher: Das Forschungsvorhaben wird unser Wissen über unsere Geschichte erweitern. Es sendet gleichzeitig ein Zeichen in unsere Gesellschaft heute – indem es die Geschichten lesbischer Frauen sichtbar macht.“
Die Gedenkveranstaltung des Landtags zur Erinnerung an das Schicksal homosexueller Opfer der NS-Diktatur im Januar 2019 hatte den Impuls gesetzt, entsprechende Untersuchungen zu fördern. Die Professorinnen Katja Patzel-Mattern und Karen Nolte (beide Uni Heidelberg) sowie Silvia Paletschek (Uni Freiburg) griffen das Thema gemeinsam auf. Ihr Forschungsantrag „Alleinstehende Frauen, Freundinnen, Frauenliebende Frauen – lesbische Lebenswelten im deutschen Südwesten (ca. 1920er bis 1960er Jahre)“ wurde jetzt mit Unterstützung des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg e.V vom Wissenschaftsministerium zur Förderung mit insgesamt 200.000 Euro ausgewählt.
An der Auswahlsitzung am 20. Oktober 2020 nahmen Vertreterinnen des Netzwerks LSBTTIQ, des Landesfrauenrats und des Sozialministeriums teil. Zuvor hatten drei Wissenschaftlerinnen von Hochschulen außerhalb Baden-Württembergs den Forschungsantrag mit jeweils hervorragendem Ergebnis begutachtet. Der Förderbescheid wurde zwischenzeitlich an die beteiligten Universitäten verschickt. Ein erster Mittelabruf kann laut Wissenschaftsministerium noch in diesem Jahr erfolgen.
Landtagspräsidentin Aras erklärt dazu: „Gedenken heißt, dass wir uns fragen, wo wir in unserer Erinnerung blinde Flecken haben. Gedenken lässt uns reflektieren, was diese Lücken über unsere Gesellschaft aussagen.“ Die Forschung zur Verfolgung Homosexueller in der NS-Zeit und deren Fortführung in der Bundesrepublik habe erst in den vergangenen Jahren die nötige Aufmerksamkeit bekommen. Für lesbische Frauen stehe sie noch am Anfang.