Öffentliche Anhörung im Landwirtschaftsausschuss:
Verbände nehmen Stellung zu Krähenschäden in der Landwirtschaft
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in einer Öffentlichen Anhörung zum Thema „Krähenschäden in Baden-Württemberg“ am Mittwoch, 18. Januar 2023, Sachverständige von Umwelt-, Jagd- und Bauernverbänden sowie Wissenschaftler und kommunale Vertreter zu einem Gespräch eingeladen. „Das ist ein virulentes Thema, das durch den Agrarbereich ebenso wie durch den Jagd- und Umweltschutzbereich geht“, betonte Vorsitzender Martin Hahn (Grüne) zu Beginn der Anhörung.
„Nachdem sich der Petitionsausschuss des Landtags im vergangenen Jahr bereits mit einer Petition zur Bejagung von Rabenkrähen befasst hat, haben wir beschlossen, dieses dringliche Thema auch im Landwirtschaftsausschuss aufzugreifen“, so Hahn. Nach der Begrüßung durch den Ausschussvorsitzenden eröffnete Jörg Ziegler, Referatsleiter im Landwirtschaftsministerium, die Sachverständigenrunde mit einer Übersicht über die aktuelle Situation und Schadenslage in der Landwirtschaft. Klaus Lachenmaier (Landesjagdverband Baden-Württemberg e.V.), Oliver Harms (Ornithologische Gesellschaft Baden-Württemberg) und Dr. Dominik Modrzejewski (Landesbauernverband in Baden-Württemberg e.V.) schilderten die Einflüsse der Saat- und Rabenkrähe auf die Landwirtschaft und gaben Handlungsempfehlungen aus Sicht der jeweiligen Verbände. Der Landesbauernverband habe in der Anhörung gefordert, die Probleme der landwirtschaftlichen Betriebe ernst zu nehmen und praxistaugliche und einheitliche Lösungen zu finden, berichtete Ausschussvorsitzender Hahn. So seien im Jahr 2021 aus 21 Landkreisen 166 Schadensmeldungen eingegangen, bei denen Populationen von bis zu 200 Krähen auf Felder eingefallen seien und Schäden bis in den fünfstelligen Bereich verursacht hätten.
In den Expertenbeiträgen kam insbesondere auch die von einigen Seiten geforderte Änderung des Jagdrechts zur Sprache: Die Rabenkrähe kann im Rahmen der Jagdzeit (1. August bis 15. Februar) ohne gesonderte Genehmigung außerhalb von Naturschutzgebieten und Naturdenkmalen bejagt werden. Die unteren Jagdbehörden können nach dem Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG) im Einvernehmen mit der oberen Jagdbehörde (Regierungspräsidium) durch Einzelanordnungen die Schonzeiten abkürzen oder besondere Jagdzeiten bestimmen. Auch bietet das JWMG die Möglichkeit, unter Beachtung des Artenschutzes u. a. aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung und der Landeskultur oder zur Vermeidung übermäßiger Wildschäden in begründeten Fällen Schonzeiten abzukürzen oder besondere Jagdzeiten zu bestimmen.
Die durch die EU geschützte Saatkrähe wiederum darf nur ausnahmsweise geschossen werden, die Genehmigungen sind aufwendig und werden aus Sicht der Landwirtinnen und Landwirte zu spät erteilt. In der Öffentlichen Anhörung wurde von den Verbänden unter anderem eine verbesserte Dokumentation der Sachlage wie etwa durch ein regelmäßiges Bestandsmonitoring und eine landesweit einheitliche Verordnung gefordert. Dr. Janosch Arnold von der Wildforschungsstelle des Landes ging auf verschiedene Vergrämungsmethoden ein und hob hervor, dass es neben der verbesserten Dokumentation vor allem auch darum gehen müsse, regionale Akteure zu stärken. Wichtig sei, dass Absprachen zwischen Landwirten und der örtlichen Jägerschaft funktionierten. Von kommunaler Seite äußerte sich Marcus Schafft, Bürgermeister der Stadt Riedlingen, vom eigens eingerichteten „Krähengipfel“ der Städte Riedlingen, Laupheim und Bad Waldsee zur Situation in den Städten und Gemeinden.
In der Frage- und Antwortrunde wurden fraktionsübergreifend die möglichen Vergrämungsmethoden und die Notwendigkeit, landwirtschaftliche Schäden durch Raben- und Saatkrähen systematisch zu erfassen, thematisiert. „Wir kämen nur mit hohem Aufwand zu einer Bestandsminderung bei den Krähen, es ist daher sinnvoller, lokale Schadensereignisse zu vermeiden und die Kommunikation zwischen Behörden, Landwirtschaft und Jägerschaft zu verstärken“, fasste Ausschussvorsitzender Hahn die Debatte zusammen. Er bedankte sich abschließend bei den anwesenden Sachverständigen und betonte: „Die Anhörung hat noch einmal gezeigt, wie komplex die Thematik ist.“