In der Sitzung am 16. Oktober
Innenausschuss befasst sich mit Ermittlungserfolgen gegen kriminelle Gruppierungen im Großraum Stuttgart
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. Oktober 2024, mit den Ermittlungserfolgen der BAO Fokus gegen zwei kriminelle Gruppierungen im Großraum Stuttgart befasst. Innenminister Thomas Strobl (CDU) berichtete den Abgeordneten mündlich unter anderem über polizeiliche Maßnahmen gegen die Gruppierungen, Organisationsstrukturen, Festnahmen und sichergestellte Waffen. Das teilte der Vorsitzende des Ausschusses, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mit. Der Bericht des Ministers und die anschließende Debatte im Ausschuss fanden in öffentlicher Sitzung statt und wurden per Livestream auf der Website des Landtags übertragen.
Hockenberger zufolge führte Strobl aus, dass die Polizei Baden-Württemberg seit dem Jahr 2022 intensiv gegen zwei kriminelle Gruppierungen im Großraum Stuttgart ermittelt. Bei den Gruppenkonflikten handele es sich nicht um Organisierte Kriminalität im herkömmlichen Sinn, sondern um ein neues Kriminalitätsphänomen, die sogenannte subkulturelle Gewaltkriminalität. Dabei handele es sich um eine neue Qualität von Gewalt, die in dieser Form in Baden-Württemberg bisher nicht aufgetreten sei.
Zum Kreis der beiden Gruppierungen gehörten mehrere hundert Personen, darunter Unterstützer, Mitläufer und Führungspersonen. Mitglieder der Gruppen seien überwiegend junge Männer, die insbesondere durch den Wohnort, die Schule und ihre Freizeitgestaltung zueinander fänden. Die Gruppenzugehörigkeit werde in Form von Videos auf sozialen Netzwerken wie „TikTok“, „YouTube“ oder „Instagram“ sowie durch Rap-Videos glorifiziert. Ein dominantes Auftreten der Gruppierungen gegenüber Anderen und das Begehen von Gewalttaten als „Lifestyle“ seien Kernelemente dieser Subkultur. Im Vordergrund stehe zudem die Perspektive auf „schnelles Geld“, Ruhm und Anerkennung. Diese Umstände übten auf die Jugendlichen und Heranwachsenden eine erhebliche Anziehungskraft aus, fasste Hockenberger die Ausführungen des Innenministers zusammen. Die Polizei sei mit einem maximalen Kräfteansatz gegen diese Entwicklungen vorgegangen. Dabei hätten die Ermittler die zur Verfügung stehenden Mittel der Gefahrenabwehr, der Strafverfolgung, der Präventionsarbeit und auch verwaltungsrechtliche Maßnahmen ausgeschöpft. Strobl habe erklärt, klares Ziel sei gewesen, das neue Phänomen im Keim zu ersticken, damit sich dieses nicht im Südwesten ausbreite.
Im gesamten Komplex hätten sich bis zu 140 Ermittlerinnen und Ermittler unter zentraler Federführung des Landeskriminalamts mit den beiden kriminellen Gruppierungen befasst. Durch den hohen Fahndungs- und Ermittlungsdruck seien wichtige Wirkungstreffer erzielt worden: 83 Festnahmen sowie etliche Verurteilungen, bei denen zusammengenommen Haftstrafen von über 120 Jahren erreicht worden seien. Durch die zahlreichen Festnahmen, auch von Führungspersonen, gelte eine der Gruppierungen in ihrem strukturellen Aufbau bereits als bedeutend geschwächt.
Ein zentrales Ziel sei neben der Schwächung der Strukturen die Entwaffnung der Gruppierungen. Bei rund 250 Durchsuchungen seien 104 Waffen, darunter 33 Schusswaffen, sichergestellt und aus dem Verkehr gezogen worden. Neben zwei Handgranaten seien zwei Maschinenpistolen und sogar zwei Sturmgewehre, darunter eine Kalaschnikow des Typs AK-47, sichergestellt worden. Acht bis zehn der Waffen fielen unter das Kriegswaffenkontrollgesetz. Insgesamt seien 2.435 Personenkontrollen und 1.497 Fahrzeugkontrollen durchgeführt worden.
Strobl habe ausgeführt, dass diese Erfolge nun gefestigt werden müssten, um ein Wiedererstarken der Gruppierungen zu verhindern. Die Polizei werde die Ermittlungen daher konsequent fortführen. Sie werde die Möglichkeit ordnungsrechtlicher, insbesondere gewerberechtlicher, fahrerlaubnisrechtlicher, ausländerrechtlicher und waffenrechtlicher Maßnahmen weiterhin in behördenübergreifender Zusammenarbeit niederschwellig prüfen. Gleichzeitig solle durch Präventionsarbeit ein Abrutschen junger Menschen verhindert werden, berichtete Ulli Hockenberger aus dem Bericht.
Die Abgeordneten dankten den Ermittlungsbehörden für die geleistete Ermittlungsarbeit und erkundigten sich in der Sitzung unter anderem nach der Herkunft der Waffen und nach der Staatsangehörigkeit der Gruppenmitglieder. Strobl und LKA-Präsident Andreas Stenger hätten ausgeführt, dass es sich bei den sichergestellten Kriegswaffen überwiegend um Deko-Waffen handele, die rückgebaut wurden, so dass diese wieder schussfähig seien. Zur Frage der Nationalität hätten beide erklärt, dass die Personen unter anderem einen türkischen Hintergrund hätten, aber auch aus dem Westbalkan, Osteuropa oder Afrika stammten. Entscheidend für die Mitgliedschaft in den Gruppen sei nicht die Herkunft, sondern vor allem der Wohnort und die Schule, sagte Hockenberger.