In der Sitzung am 26. September 2024:
Umweltausschuss trifft sich zu öffentlicher Anhörung zum Thema Tiefe Geothermie in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in einer öffentlichen Anhörung am Donnerstag, 26. September 2024 mit den Chancen, dem Potenzial und dem Umgang mit der Tiefen Geothermie in Baden-Württemberg befasst. Dazu waren Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, dem Versicherungsbereich und von Behördenseite zu Gast, berichtete der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP).
„In der Bevölkerung bestehen trotz der Chancen teilweise starke Sorgen vor dem Einsatz der Tiefen Geothermie. Darum ist es wichtig, dass sich der Umweltausschuss mit Chancen, Risiken und rechtlichen Rahmenbedingungen beschäftigt“, betonte Karrais in seiner Eröffnungsrede. Es sei Aufgabe des Landes dafür zu sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger höchstmögliche Sicherheit erhielten und von Landesseite aus alles darangesetzt werde, dass die Akzeptanz für Tiefengeothermie-Projekte hoch sei.
Dr. Andre Baumann, Staatssekretär des Umweltministeriums, habe sich überzeugt gezeigt, dass die Tiefengeothermie eine Chance für die Energiewende sei. Sie sei eine bezahlbare, klima- und umweltfreundliche sowie sichere Zukunftstechnologie, die weltweit etabliert sei. Durch das Beiprodukt Lithium könne man sich zudem von anderen Ländern unabhängiger machen. Beim Thema Schaden durch Geothermie habe er betont, dass Prävention vor Kompensation stünde. So sei in Baden-Württemberg nur hydrothermale Geothermie erlaubt. Zudem werde unter anderem vor Bohrungen eine 3D-Seismik verlangt, bei welcher der Untergrund detailliert erkundet werde. Eine gemeinsame Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) und der Förderbank KfW zur Absicherung des Fündigkeitsrisiko bei geothermischen Bohrungen durch eine staatlich unterstützte Versicherung werde derzeit geprüft.
In der Anhörung zeigte sich Gregor Dilger, Geschäftsführer des Bundesverbands Geothermie e. V. (BVG), überzeugt, dass die Politik verlässliche Rahmenbedingungen im Bereich Geothermie für Unternehmen schaffen und Genehmigungsverfahren beschleunigen müsse. Mit dem Entwurf des Geothermiebeschleunigungsgesetzes sei auf Bundesebene eine gute Maßnahme in Arbeit. Dilger appellierte an das Land diese zu unterstützen und weitere Impulse zu setzen.
Helmut Mangold, Geschäftsführer der Innovative Energie Pullach IEP GmbH, erklärte, dass bereits die Hälfte von Pullach mit Geothermie versorgt werde und man durch den hohen Wirkungsgrad preiskompatibel mit Erdgas und auch Erdöl sei und es keine Förderung im laufenden Betrieb gäbe. Die kostspieligen Anfangsinvestitionen könnten hingegen von den Kommunen nicht einfach so gestemmt werden.
Zu Gast war auch Birgit Kimmig, Leiterin des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) im Regierungspräsidium Freiburg, gemeinsam mit Rupert Thienel, stellvertretender Referatsleiter der Landesbergdirektion des Landesamts. Die Bergbehörde genehmigt und überwacht unter anderem Vorhaben zur Gewinnung von tiefer Geothermie im Land. Kimmig sprach den Wunsch aus, dass es bei Projekten begleitende Informationen für Bürger geben solle. Dies würde zur Akzeptanz beitragen. Sorgen, dass das Grundwasser durch Geothermie beeinträchtigt werden könne, habe sie zurückgewiesen. Thienel erklärte die Technik, mit der die Bohrung von Grundwasserschichten abgeschlossen werde. „Eine Durchmischung mit Grundwasser kann ich mir damit nicht vorstellen“, sagte Thienel. Um Verfahren künftig zu beschleunigen, bat er, auch die Zeit für Beteiligungsverfahren zu berücksichtigen, die durch Verlängerungsanträge der Gemeinden oft ausgedehnt würden. Kimmig ergänzte, dass Projekte, wie sie im französischen Vendenheim durchgeführt wurden, in Baden-Württemberg nicht genehmigt werden könnten.
Experte Prof. Dr. Oliver Brand, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Mannheim, erklärte, dass es die Bevölkerung umtreibe, ob diese im Schadensfall hinreichend entschädigt würde. Brand riet deutlich davon ab, in dem Zusammenhang von Landesbürgschaften Gebrauch zu machen. Man müsse eine Gleichbehandlung mit anderen Fällen wahren, andernfalls sei dies rechtsphilosophisch fragwürdig und könne zudem zu einem Samariterdilemma führen. Er kündigte die Vorstellung eines Gutachtens am 7. Oktober 2024 im Bundestag in Berlin an, bei dem eine sinnvolle Lösung für Schadensfälle präsentiert werden solle.
Als weitere Experten waren Inka Mirbach und Ralph Winter geladen. Sie waren Zufallsbürgerin und Zufallsbürger des Dialogforums GeoHardt. Durch das Dialogforum seien Unsicherheiten und Ängste der Teilnehmenden reduziert worden und das Vertrauen in Experten sowie die Akzeptanz für Geothermie gewachsen. Winter forderte in der Anhörung, dass allgemein mehr Bürgerforen initiiert werden sollten.
Prof. Dr. Eva Schill, Leiterin des Programms Geothermal Systems am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien, hob hervor, dass Geothermie eine weltweit etablierte Technologie sei und auch ein Potential für den deutschen Arbeitsmarkt biete. Sie bestätigte ebenso, dass aus den jahrelangen Erfahrungen aus dem Großraum München für die Tiefe Geothermie im Oberschwäbischen gelernt werden könne. Sie verwies darauf, dass durch solche Projekte keine Großschäden auftreten könnten. In den USA seien viele Technologien aus der Öl- und Gasbranche dafür weiterentwickelt worden. Innerhalb kürzester Zeit wäre eine Steigerung der Effizienz und eine Senkung der Kosten erreicht worden. Sie habe dafür plädiert Kooperationen zu nutzen und voneinander zu lernen.
Der gemeinsame Antrag von Grünen, CDU, SPD sowie FDP/DVP, der als Beratungsgrundlage für diese Sitzung diente, sei am Ende der Anhörung einstimmig beschlossen worden. Die Abgeordneten zeigten sich damit einig, dass Tiefe Geothermie in geologisch geeigneten Regionen das Potenzial habe, bei der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen mitzuwirken und so einen Beitrag zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität bis 2040 zu leisten, fasste Karrais zusammen.