Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU BW“ sagt Sondersitzung ab
Drexler: Aussage von Beate Zschäpe ist enttäuschend für die Opfer, deren Angehörige und für die Aufklärung
Stuttgart. Die für Freitag, 11. Dezember 2015, geplante öffentliche Sitzung des Untersuchungsausschusses „Rechtsterrorismus/NSU BW“ wird nicht stattfinden, teilte der Ausschussvorsitzende, Landtagsvizepräsident Wolfgang Drexler MdL (SPD), am Mittwoch, 9. Dezember 2015, mit. Der Hintergrund sei, dass die Aussage von Beate Zschäpe, der Hauptangeklagten im NSU-Prozess vor dem OLG München, am heutigen Tage keine erheblichen neuen Erkenntnisse für die Aufklärungsarbeit des Gremiums gebracht habe.
„Die Einlassung von Frau Zschäpe ist für mich persönlich enttäuschend. Zwar hat sich Frau Zschäpe ganz am Ende noch dazu durchgerungen, eine moralische Mitschuld daran anzuerkennen, dass sie zehn Morde und zwei Bombenanschläge nicht habe verhindern können. Sie hat aber die große Chance vertan, eine echte Klärung der Mordtaten des NSU zu erhalten, gerade im Interesse der Opfer und ihrer Angehörigen, auch, aber nicht nur in Baden-Württemberg. Wir sind zwar einen wesentlichen Schritt weiter, weil die Täterschaft von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt damit auch für den Mordanschlag in Heilbronn bestätigt scheint. Allerdings bleibt im Hinblick auf weitere Unterstützer und Motive des NSU noch sehr viel zu tun. Nach dem ersten Anschein hat Frau Zschäpe eine Einlassung gewählt, wie man sie oft in allgemeinen Strafverfahren hört, nämlich entlang des mutmaßlich bereits Bewiesenen die eigene Rolle so klein wie möglich zu machen", so der Ausschussvorsitzende, Landtagsvizepräsident Wolfgang Drexler.
„Frau Zschäpe hat zwar einzelne Aspekte ihres Zusammenlebens mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos erklärt und dabei kleinere Lücken im Vergleich zu dem gefüllt, was vorher bereits sicher bekannt war. Dass sie ihren Beitrag an den eigentlichen Mordtaten sozusagen auf null reduziert hat, fällt mir schwer zu glauben“, so Wolfgang Drexler weiter. Nun werde das Oberlandesgericht München als nächsten Schritt diese Einlassung intensiv prüfen, erwartet der Ausschussvorsitzende. Er gehe davon aus, dass das Gericht weitere intensive Fragen insbesondere nach weiteren Beteiligten bei den Taten und Unterstützern des NSU stellen werde und hoffe auf weiterführende Antworten der Angeklagten. Auch das von Beate Zschäpe angegebene angebliche alleinige Motiv für den Polizistenmord in Heilbronn überzeuge ihn so nicht. Allerdings sei nach der Aussage für ihn weiter nichts dafür erkennbar, dass es eine persönliche Verbindung zwischen dem Trio und den beiden Polizeibeamten gegeben habe. Vielmehr habe sich nach der Art und Weise, wie die Angeklagte über alle Morde berichtet habe und zusätzlich den neuen Aspekten der von ihr intensiv geschilderten früheren Auseinandersetzung des Trios mit der Polizei der Eindruck nochmals verstärkt, dass in Heilbronn die dort parkenden Polizisten als solche, das heißt als Repräsentanten der Staatsgewalt, hätten getroffen werden sollen.
Die Ermittlungen des Gerichts und die Erklärungen der weiteren Angeklagten, darunter die bereits angekündigte Erklärung von Ralf Wohlleben, blieben zunächst abzuwarten. Der Landtag könne in dieser Legislaturperiode die betreffenden Fragen sicher nicht mehr aufgeklärt bekommen. Deswegen müsse die Aufklärungsarbeit in einem neuen Untersuchungsausschuss so nahtlos wie möglich weitergehen. Nach seiner Überzeugung müsse der neue Untersuchungsausschuss auch prüfen, Frau Zschäpe selbst zu vernehmen, sobald es Erfolg verspreche. Dies sei vor allem dann der Fall, wenn das Strafverfahren gegen sie rechtskräftig abgeschlossen ist.