23. Mai 2019

Bekenntnisse zum Jubilar Grundgesetz

Das Grundgesetz als Kulturgut stand im Mittelpunkt der achten Veranstaltung der Reihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält.“ Landtagspräsidentin Muhterem Aras genoss den “wunderbaren Anblick“ auf das volle Haus. Knapp 700 Gäste kamen ins Parlament, um die außergewöhnliche Gratulation zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes zu erleben: Die Direktorin des Deutschen Literaturarchivs in Marbach, Prof. Dr. Sandra Richter, nahm sich das Grundgesetz als Text vor und faszinierte die Zuhörerinnen und Zuhörer durch ungewöhnliche Aspekte. Poetisch sei der Text ja, so Professorin Richter, aber ganz so einfach sei es dann doch nicht: 70 Jahre Grundgesetz bedeuteten auch 70 Jahre Textinterpretations- und Literaturgeschichte des Grundgesetzes. Selten seien Politik und Literatur so Hand in Hand gegangen wie im Fall des Grundgesetzes. Doch auf andere Weise als durch Verschmelzung: „Die Literatur betrachtet und thematisiert argwöhnisch, was aus dem Wertekanon wird.“ Richter zieht Schlussfolgerungen für eine vielfältige Gesellschaft: "Wir müssen uns immer wieder über unseren Wertekanon verständigen und uns darauf einschwören, wenn wir ihn ernst nehmen."  

Im Landtag konnten die Besucherinnen und Besucher den aus ihrer Sicht wichtigsten Grundrechtsartikel auswählen für ein Erinnerungsfoto vor historischer Kulisse.14 Artikel standen zur Auswahl. Alle kamen zum Einsatz, wobei Artikel 3 („Gleichberechtigung“) sowie Artikel 1 („Die Würde des Menschen ist unantastbar“) zu den gefragtesten Bekenntnisartikeln zählten. Vor 70 Jahren zur Verkündung des Grundgesetzes 1949 sagten noch 40 Prozent der künftigen Bundesdeutschen, das Grundgesetz sei ihnen gleichgültig, 30 Prozent waren mäßig interessiert und nur 21 Prozent zeigten sich interessiert. Heute begeistere das Grundgesetz viele, so Landtagspräsidnetin Aras. Als Norm und als Text, der allerdings gelebt werden müsse von jedem von uns. "Wir alle sind Verfassungsschützer", so Aras.  

Der Kabarettist Matthias Deutschmann nahm sich das Grundgesetz ebenfalls über eine Textanalyse vor, allerdings auf satirische, bisweilen bitterböse Art. Demokratie bedeute Herrschen des Volkes über das Volk - es handle sich also um Selbstbeherrschung. Hätte er das Grundgesetz zu ergänzen, würde er Adornos Spruch hinzufügen: „Man darf sich weder von der Macht der Anderen noch von der eigenen Ohnmacht dumm machen lassen." 

Den musikalischen Rahmen bildeten die Interpretationen von Hildegard-Knef-Liedern durch Susanne Heydenreich, begleitet vom Pianisten Dirk Schieborn, allen voran zu Ehren des Jubilars Grundgesetz: „Für mich soll’s rote Rosen regnen.“