Anhörung im Umweltausschuss zum Prüfprozess eines Biosphärengebiets in Oberschwaben
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat am Donnerstag, 6. November 2025, unter Leitung des Vorsitzenden Daniel Karrais (FDP/DVP) auf Antrag der CDU-Fraktion in einer öffentlichen Anhörung den Stand des Prüfprozesses zur möglichen Einrichtung eines Biosphärengebiets in Oberschwaben beraten. Die Anhörung bot dem Umweltministerium, kommunalen Verwaltungen, Interessenverbänden und regionalen Akteuren Gelegenheit, den bisherigen Prozess sowie die nächsten Schritte umfassend darzustellen.
Karrais wies darauf hin, dass der Prüfprozess auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU zurückgehe und im Juli 2021 durch das Umweltministerium gestartet worden sei. Ziel des Prozesses sei es, die fachlichen und organisatorischen Voraussetzungen für ein Biosphärengebiet in Oberschwaben zu prüfen und die Gemeinden in ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen.
Nach Angaben des Umweltministeriums wurden zwischen 2022 und 2024 rund 865.000 Euro für Personal- und Sachkosten aufgewendet, für 2025 seien weitere 360.000 Euro vorgesehen. Zur Information und Beteiligung relevanter Interessengruppen, wie den Landnutzenden, wurden seit 2022 umfassende Maßnahmen durchgeführt. Dazu zählten unter anderem Regionalkonferenzen, Vollversammlungen, thematische Arbeitskreise, Dialogkreise, bilaterale Gespräche und zahlreiche Informationsveranstaltungen. Ergänzend wurden Broschüren, weitere Informationsmaterialien und eine eigene Internetseite bereitgestellt.
Das Ministerium berichtete, dass die Phasen der Erstinformation und Beteiligung abgeschlossen seien. Die Ergebnisse lägen allen betroffenen Kommunen vor und seien öffentlich zugänglich. Im März 2025 seien Karten zur möglichen Zonierung vorgestellt worden. Auch die Grundlagen für die Abgrenzung von Kern-, Pflege- und Entwicklungszonen seien detailliert ausgearbeitet worden. Die vorgesehenen Kernzonenflächen bestünden aus bereits bestehenden Schutzgebieten, neue Schutzgebiete seien nicht vorgesehen.
Im Verlauf der Anhörung trugen Sachverständige aus Verwaltung, Kommunen und Interessenvertretungen ihre Einschätzungen zum bisherigen Ablauf sowie zu den Chancen und Herausforderungen eines möglichen Biosphärengebiets in Oberschwaben vor. Der Prozess sei laut den Berichten in einem intensiven Austausch mit den beteiligten Akteuren durchgeführt worden.
Aus Sicht von Bürgermeister Timo Egger und Landrat Harald Sievers vom Prozessteam Biosphärengebiet Allgäu-Oberschwaben stehe man mit dem Prozess auf der Zielgeraden. Das Biosphärengebiet könne als ganzheitliches Konzept verstanden werden, bei dem kommunale Akteure die Region gemeinsam entwickeln. Der Münsinger Bürgermeister Mike Münzing verwies auf positive Effekte aus der Entwicklung des bereits bestehenden Biosphärengebiets der Schwäbischen Alb, z. B. für Tourismus, Wirtschaft und Umweltbildung. Die Erfahrungen hätten deutlich gemacht, dass die Region, im Falle einer Umsetzung, vielfältige Entwicklungs-möglichkeiten gewinnen könne.
Bürgermeisterin Lena Burth aus Ostrach hob Chancen, aber auch ungelöste Fragen von Landnutzenden hervor. Planungssicherheit und klare Rahmenbedingungen seien entscheidend. Zudem kritisierte Burth Lücken im Verfahren und forderte eine frühere Bürgerbeteiligung bei solchen Prozessen.
Oberbürgermeister Matthias Henne aus Bad Waldsee betonte den positiven Beitrag eines Biosphärengebiets mit Blick auf Klimaanpassung, regionale Wertschöpfung und nachhaltigen Tourismus. Er äußerte den Wunsch, dass diese historische Chance genutzt werde. Man trage Verantwortung – auch für künftige Generationen.
Michael Fick, Sprecher der Allianz für Allgäu-Oberschwaben, brachte die Anliegen der privaten Landeigentümer ein. Dabei kritisierte er das Biosphärengebiet als ungeeignetes Instrument und warnte vor Einschränkungen sowie Planungs-unsicherheiten für die Landnutzenden. Fick forderte alternative Lösungsansätze und bat, den „lähmenden“ Prozess zu beenden.
Die Grünen bedauerten das fehlende Anstreben einer UNESCO-Anerkennung. CDU und FDP/DVP erkannten die Sorgen der Landwirte und Forstbetriebe an und erklärten, dass die Meinung der Landnutzenden in dieser wirtschaftlich starken Region bei der Abwägung eine besondere Rolle spielen solle. Die SPD forderte einen transparenten Abschluss. Die AfD erklärte, dass sie staatliche Eingriffe in Privatflächen ablehne.
Der Ausschuss betonte, dass die Entscheidung über Zeitpunkt und Ergebnis dieser Beratungen ausschließlich bei den jeweiligen kommunalen Gremien liege. Das Land habe den Prozess gemäß Koalitionsvereinbarung initiiert und begleitet, respektiere jedoch die autonome Entscheidungsfreiheit der Gemeinden. Zum nächsten Schritt gehöre eine dialogische Bürgerbeteiligung. Diese sei ab November 2025 vorgesehen, um weitere Bevölkerungsgruppen einzubinden, die bislang nicht vertreten gewesen seien. Diese Maßnahme solle den Austausch vertiefen, jedoch keine Entscheidungsfunktion übernehmen. Ziel sei es, die Akzeptanz des Verfahrens zu erhöhen und offene Fragen transparent zu behandeln. Auf Grundlage der ab Frühjahr 2026 erwarteten Ergebnisse sollen die Gemeinderäte im Anschluss über eine mögliche Teilnahme am Biosphärengebiet beraten und entscheiden.