Aras: „Verpflichtung aller Bürgerinnen und Bürger, die Werte des Grundgesetzes mit Leben zu füllen“
Stuttgart. Die Literaturwissenschaftlerin Anat Feinberg und der Journalist Anton Maegerle sind mit der Joseph-Ben-Issachar-Süßkind-Oppenheimer-Medaille geehrt worden. Beide erhielten die von der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) und dem Landtag von Baden-Württemberg verliehene Auszeichnung am Donnerstag, 21. September 2023, bei einem Empfang zum jüdischen Neujahrsfest im Neuen Schloss in Stuttgart. Mit der Oppenheimer-Medaille wird alle zwei Jahre herausragendes Engagement in Wissenschaft und Publizistik gegen Minderheitenfeindlichkeit und Vorurteile gewürdigt.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) erklärte bei der Verleihung: „Es ist und bleibt die Verpflichtung aller mündigen Bürgerinnen und Bürger, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bewahren, zu gestalten und weiterzuentwickeln, die Werte des Grundgesetzes mit Leben zu füllen.“ Bei Anat Feinberg und Anton Maegerle bedankte sich die Landtagspräsidentin für ihr starkes gesellschaftliches Engagement: „Ich danke Ihnen beiden von Herzen für Ihren großen und unermüdlichen Einsatz für unsere Demokratie und die unantastbare Würde des Menschen.“
Prof. Dr. Anat Feinberg lehrt an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Sie wurde vom Staatsministerium und der IRGW für die Oppenheimer-Auszeichnung vorgeschlagen und wird aufgrund ihres herausragenden Engagements für die deutsch-israelische Verständigung und für die hebräische Literatur und Kultur geehrt. Anton Maegerle wurde von der Landtagsabgeordneten Martina Häusler (Grüne) für die Auszeichnung vorgeschlagen. Er wird für sein beispielhaftes und mutiges publizistisches Engagement gegen Rechtsextremismus geehrt.
Die Landtagspräsidentin appellierte in ihrem Grußwort, die Geschichte des Namensgebers der Auszeichnung, Joseph Süß Oppenheimer, und anderer Entrechteter weiterhin zu erzählen, um Sichtbarkeit für historisches Unrecht zu schaffen: „Sichtbarkeit für lange Jahre der Verdrängung. Sichtbarkeit aber auch für das, was in einer demokratisch verfassten Gesellschaft auf vergangenes Unrecht und Verdrängung folgen kann, nämlich: Vielfalt. Toleranz. Und eine engagierte Zivilgesellschaft.“
Die Vorstandssprecherin der IRGW, Prof. Barbara Traub, wies in ihrem Grußwort auf die Bedeutung des jüdischen Neujahrsfestes hin: „Rosch HaSchana ist Neujahrstag und Jahrestag der Schöpfung zugleich. Er macht uns deutlich, was es bedeutet, in Gottes Welt ein Mensch zu sein. Mit Prof. Dr. Anat Feinberg und Anton Maegerle zeichnen wir heute zwei Persönlichkeiten aus, die mit ihrem Wirken über Jahrzehnte beigetragen haben, diesem Anspruch gerecht zu werden. Menschen, die wir in unserem Land Baden-Württemberg als unsere Vorbilder sehen.“ Die Laudatio für Preisträgerin Anat Feinberg hielt Dr. Rachel Salamander, Trägerin des Heinrich-Heine-Preises der Stadt Düsseldorf und des Schiller-Preises der Stadt Marbach. Laudator für Preisträger Anton Maegerle war Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann, Leiter des Generallandesarchivs Karlsruhe, der den Preis stellvertretend für Maegerle entgegennahm.
Der Landtag von Baden-Württemberg und die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg verleihen seit 2015 alle zwei Jahre die Oppenheimer-Auszeichnung im Gedenken an Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer. Oppenheimer wurde am 4. Februar 1738 aufgrund judenfeindlicher Anschuldigungen in Stuttgart Opfer eines Justizmordes und im Dritten Reich von der NS-Propaganda erneut judenfeindlich instrumentalisiert.
Vorherige Preisträgerinnen und Preisträger sind die Amadeu Antonio Stiftung, der Rabbiner Dr. Tovia Ben-Chorin und der Psychologe Ahmad Mansour, die ZDF-Journalistin Nicole Diekmann und der Geschichtsforscher Martin Ritter sowie die Soziologin Prof. Dr. Julia Bernstein und der Pfarrer Dr. Michael Volkmann. Die nicht dotierte Auszeichnung besteht aus einer Medaille und einer Urkunde. Entworfen wurde die Medaille von dem jüdischen Künstler Jacob Abitbol aus Schwäbisch Hall. Zentrale Elemente auf der Vorderseite bilden der Davidstern und ein Bildnis Oppenheimers. Die Rückseite zeigt die beiden Logos von Landtag und IRGW.