Auf dem Stuttgarter Killesberg: Landtagspräsident Peter Straub eröffnet Internationale Ausstellung für Metallbearbeitung

Stuttgart. Im Kongresszentrum auf dem Stuttgarter Killesberg hat Landtagspräsident Peter Straub (CDU) am Dienstagabend, 10. September 2002, die AMB 2002 (Internationale Ausstellung für Metallbearbeitung) eröffnet. In seiner Rede bezeichnete Straub die AMB als eine der wichtigsten Messen für Baden-Württemberg. Vor den rund 1.000 Vertretern aus Industrie und Wirtschaft führte der Präsident wörtlich aus: >>Ich danke für die freundliche Begrüßung. Ich habe es gerne übernommen, Sie, meine Damen und Herren - die Aussteller, die Messebesucher, die Beteiligten am Rahmenprogramm - offiziell zu begrüßen und die AMB zu eröffnen. Denn die AMB ist eine der wichtigsten Messen für Baden-Württemberg. Dass wir uns hier im deutschen Südwesten - unbeschadet der aktuellen Schwierigkeiten - zu den wirtschaftsstärksten Regionen in Europa zählen dürfen, verdanken wir ganz wesentlich der Metallindustrie und dem Maschinenbau. Dieser Bereich war und ist - neben dem Fahrzeugbau - entscheidend für die überdurchschnittliche ökonomische Entwicklung und damit für die Tatsache, dass - es aufs Ganze gesehen – uns hierzulande ein bisschen besser geht als anderen. Mit einer Exportquote von mehr als 50 Prozent, mehr als 270.000 Beschäftigten und einem Umsatz von rund 45 Milliarden Euro ist der Maschinenbau die beschäftigungsstärkste Industriebranche in Baden-Württemberg. Mehr als jeder fünfte Industriebeschäftigte des Landes arbeitet hier. Zugleich gilt Baden-Württemberg als Zentrum des deutschen Maschinenbaus: Der Anteil an der deutschen Produktion hat sich von 25 Prozent zu Beginn der neunziger Jahre auf heute über 30 Prozent erhöht. Diese Stärke Baden-Württembergs fußt ganz wesentlich auf der Struktur der Branche - sprich auf der Vielfalt mittelständischer Unternehmen und dem dadurch gegebenen Spektrum an international konkurrenzfähigen Produkten und in wachsendem Maße auch Dienstleistungen, die inzwischen 20 Prozent des Branchenumsatzes ausmachen. Viele Firmen haben es auf ihren Spezialgebieten zu Weltmarktführern gebracht. All das bedeutet nicht zuletzt: Der Maschinenbau ist besonders für uns hier in Baden-Württemberg ein Konjunktur-Seismograf par excellence. Umso mehr schmerzt uns, dass die Wachstumsprognosen in letzter Zeit – gelinde gesagt - nicht unbedingt energisch nach oben korrigiert worden sind. Zu positiven Erwartungen gehört heutzutage schon die Aussage, dass man eine "langsame Besserung" erwarte, ohne freilich dass Deutschland im europäischen Vergleich aufhole. Durchhalteparolen überwiegen; Optimisten sind rar geworden. Es wird deshalb sehr aufmerksam registriert werden, welche Bilanz Sie, meine Damen und Herren, am Ende der AMB ziehen werden - das heißt, ob Sie sagen werden, dass Sie etwas von der - für einen Konjunkturaufschwung unerlässlichen - Lust zum Investieren hier auf dem Killesberg wahrnehmen konnten. Zwölf Tage vor einer Bundestagswahl ist es natürlich für einen Politiker nicht einfach, zur Eröffnung einer Messe zu sprechen: Denn die Konzepte liegen auf dem Tisch; die Hoffnungsträger sind benannt; die Kandidaten haben sich duelliert; und Parteien wie Verbände haben alles verbreitet, was sie sagen wollen. Jede Rede oder jede sonstige Äußerung muss wirken wie ein Aufguss der letzten. Das gilt natürlich vor allem für die Aussagen, wie das schleppende Wirtschaftswachstum und wie die Situation am Arbeitsmarkt verbessert werden können. Fakt ist und bleibt aber, dass Deutschland im internationalen Vergleich Verkrustung und Unbeweglichkeit attestiert wird. Im Ausland ist "die deutsche Krankheit" ein geflügeltes Wort. Wir zählen nicht mehr zu den Taktgebern des ökonomischen Fortschritts. Uns fehlt so manches, um Schritt halten zu können. Nur an einem leiden wir keinen Mangel: an wissenschaftlichen Gutachten und an mehr oder weniger neuen, aber vor allem wohl inszenierten Kommissionsideen. Versprechen, Patentrezepte und Beschwichtigungen verblassen freilich unter dem grellen Licht der Realität. Entscheidend ist, die Stärken und Schwächen unserer Gesellschaft, unseres Landes im Hinblick auf die Herausforderungen der kommenden Jahre schonungslos offen zu legen und die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Zu Ihrem täglichen Job, meine Damen und Herren, gehört, Ihr Unternehmen für die Zukunft fit zu machen - das heißt, die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens in einem sich verändernden Marktumfeld und unter neuen Rahmenbedingungen nicht nur zu verteidigen, sondern - wenn möglich - auszubauen. Davon hängt nicht nur Ihr persönlicher Erfolg ab, sondern die Sicherheit der Arbeitsplätze Ihrer Mitarbeiter. Eine durchaus vergleichbare Verantwortung trifft die Politik - auf Bundes- wie Landesebene sowie natürlich auch auf kommunaler Ebene. Und das bedeutet zum Beispiel: Das Ankurbeln des Wirtschaftswachstums und die Belebung des Arbeitsmarkts müssen von der Realität der Volkswirtschaft ausgehen. Eine Organisationsreform bei der Bundesanstalt für Arbeit - so notwendig sie im Einzelnen sein mag - springt deshalb viel zu kurz. Denn eine Wahrheit lässt sich dadurch nicht umgehen - und die lautet: Wo keine es keine Arbeitskräfte nachgefragt werden, gibt es nichts zu vermitteln. Und daraus folgt: Ohne Absatzmöglichkeiten für neue und dabei konkurrenzfähige Waren und Dienstleistungen und ohne zahlungsbereite Kunden wird es auch keinen weiteren Bedarf an produzierenden Menschen geben. Damit bei uns in Deutschland neue Arbeitsplätze entstehen brauchen wir mindestens zweieinhalb Prozent Wirtschaftswachstum ­ das ist rund dreimal so viel wie das für das laufende Jahr erwartet wird. Die zentrale politische Aufgabe besteht also darin, Rahmenbedingungen für ein robustes, nachhaltiges und beschäftigungsintensives Wachstum sowie für flexible Strukturanpassungen und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen. Strukturelle Reformen anzugehen heißt, jene Fehlanreize und Ineffizienzen abzubauen, die der Wirtschaft und den Bürgern unnötige Kosten aufbürden und es erschweren, dass sich Unternehmen und Erwerbstätige an veränderte Marktbedingungen anpassen können. Mehr Markt und geringere Lohnnebenkosten – das ist deshalb der Kern einer Formel für mehr Dynamik und damit für mehr Arbeit. Allzu oft dient der Hinweis auf die „soziale Gerechtigkeit“ nur noch der Erhaltung des Status quo und der Durchsetzung von Einzelinteressen - zum Schaden des wirtschaftlichen Fortschritts und damit letztlich zum Schaden des Gemeinwohls. Ist es wirklich sozial, wenn steigende Beiträge für die soziale Sicherung die Arbeitskosten immer weiter erhöhen und damit immer mehr Arbeitsplätze unrentabel werden lassen? Ist es wirklich sozial, wenn ein Übermaß an Regulierungen am Arbeitsmarkt die Beschäftigten schützt, gleichzeitig aber neue Arbeitsmöglichkeiten erschwert und so den vier Millionen Erwerbslosen Beschäftigungschancen nimmt? Ich meine nein. Das Regelwerk für den Faktor Arbeit - vom Tarifvertragssystem über die Bürokratisierung betrieblicher Abläufe bis hin zu den Anreizen für die Arbeitsaufnahme - muss so verändert werden, dass es in den Unternehmen vom betriebswirtschaftlichen Kostenkalkül wieder attraktiver ist, neue Arbeitsplätze auch mit geringerem Qualifizierungsniveau zu schaffen, beziehungsweise weniger lohnend ist, Arbeitsplätze wegzurationalisieren, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, ältere Arbeitnehmer in die Solidargemeinschaft auszumustern. In Politik und Gesellschaft gilt es deshalb bestimmte Denkweise zu überwinden – ich meine die fatale Denkweise, dass den Menschen am besten gedient sei, wenn man alles zentral regelt und mit viel Bürokratie umsetzt. Im Grunde geht es um ein optimistisches Menschenbild, um eine optimistische Einstellung. Die Einstellung nämlich, darauf zu vertrauen, dass es die Menschen und die Betriebe besser machen, wenn sie individuell entscheiden können. Und es geht um eine Politik, die das Eigeninteresse der Bürger an Strukturreformen nachhaltig weckt, die also vermittelt, dass Reformfähigkeit belohnt wird - mit mehr Wachstum, mehr Beschäftigung und darauf fußend mit der Stabilität des Sozialstaats. Hinzukommen muss natürlich ein zweiter Faktor – ein Faktor, für den die AMB beispielhaft steht: nämlich die Fähigkeit, technologische Spitzenprodukte zu entwickeln und zur Einsatzreife zu bringen. AMB zeigt, welche Potentiale an Innovationskraft und an Phantasie vorhanden sind und wie groß die Bereitschaft ist, mit neuen oder optimierten Produkte den Markt zu beleben. Zu besichtigen sind brillante Ingenieurleistungen - und die entstehen nicht in Computern, sie entstehen an Computern - und an denen sitzen Menschen. Die Ingenieure sind die Quellen und Garanten der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft. Und der Strom technischer Spitzenleistungen darf nicht versiegen. Politik und Industrie müssen gemeinsam darum besorgt sein, dass Bedarf an Nachwuchsingenieuren gedeckt werden kann. So hatten wir in Deutschland im Jahr 2000 rund 21.000 Absolventen in den Bereichen Maschinenbau, Verfahrenstechnik und Elektrotechnik; 1993 waren es aber noch 35.000. Diese Entwicklung hat mehrere Ursachen: Der Ingenieur gilt nicht mehr so viel wie vor dreißig Jahren; die Fächer erscheinen als vergleichsweise schwierig; Bildungslücken in Technik und Naturwissenschaften werden kaum als Makel empfunden; es existiert das Vorurteil, als Ingenieur könne man sich nicht hinreichend selbstverwirklichen; und viele Berufsfelder sind schlicht unbekannt. Es ist deshalb notwendig, die Einsicht zu beleben, dass Wohlstand auf technischen Höchstleistungen beruht. Es ist weiter notwendig, die Jugendlichen wieder mehr für Technik zu begeistern - nicht zuletzt durch eine interessanten, lebensnahen Schulunterricht in den naturwissenschaftlichen Fächern, aber auch durch Informationsangebote vor Ort in den Betrieben. Und es ist schließlich notwendig, dem Eindruck entgegenzuwirken, dass man als Ingenieur mit zunehmendem Alter immer schneller zum alten Eisen zählt. An diesen Themen müssen Politik und Wirtschaft gemeinsam beharrlich arbeiten. Langer Rede kurzer Sinn: Mit der leider fast schon sprichwörtlich gewordenen „ruhige Hand“ ergreift man keine Zukunftschancen. Das wird auf AMB - in vielerlei Hinsicht - sehr eindrucksvoll deutlich. Und deshalb spreche ich jetzt gerne - verbunden mit den besten Wünschen für einen erfolgreichen Messeverlauf - den entscheidenden Satz - nämlich: Die AMB 2002 ist eröffnet!