Aufklärungsangebote im Land gegen weibliche Genitalverstümmelung
Stuttgart. Mit der weiblichen Genitalverstümmelung hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Migration in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. März 2023, befasst. Vertreter aller Fraktionen begrüßten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl (SPD) die Bemühungen der Landesregierung, betroffenen Frauen beizustehen.
Der Sozialausschuss thematisierte die Menschenrechtsverletzung auf Antrag der CDU. Sie hatte einen umfangreichen Fragenkatalog an das Sozialministerium gerichtet und unter anderem wissen wollen, wie es gelingen kann, bedrohte sowie betroffene Mädchen und Frauen im Land zu schützen und zu unterstützen.
Aus der Antwort des Sozialministeriums im Einvernehmen mit dem Innen-, Kultus- und Justizministerium geht hervor, dass in Baden-Württemberg Schätzungen zufolge rund 7.800 Frauen betroffen und 2.900 Mädchen gefährdet sind. Die Zahlen basieren auf einer sogenannten Dunkelzifferstatistik, die seit 2018 für die einzelnen Bundesländer errechnet wird. Demzufolge hat sich die Anzahl der von Genitalverstümmelung betroffenen Frauen und insbesondere die der gefährdeten Mädchen in Baden-Württemberg durch die jüngsten Fluchtbewegungen im Laufe der vergangenen Jahre um rund 40 Prozent erhöht.
Nach Angaben des Ministeriums gibt es im Land bereits einige Fachberatungsstellen, die eine psychosoziale Beratung im Themenfeld FGM/C (female genital mutilation/ cutting; weibliche Genitalbeschneidung/-verstümmelung) anbieten und zudem beispielsweise Aufklärungsarbeit für medizinische Fachberufe leisten. Darunter sind das Fraueninformationszentrum FiZ in Stuttgart, Wildwasser Stuttgart, Pro familia Stuttgart und die Beratungsstelle Yasemin in Trägerschaft der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart. In der medizinischen Beratung gebe es Angebote der Universitätsfrauenklinik Freiburg, die seit 2019 eine FGM/C-Sprechstunde anbiete, und des Universitätsklinikums Ulm.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl berichtete Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) in der Sitzung von der zu Jahresbeginn erfolgten Eröffnung der landesweiten zentralen Anlaufstelle für Frauen und Mädchen, die von FGM/C betroffen oder bedroht sind. Das Ministerium unterstütze die zentrale Anlaufstelle, die von insgesamt fünf Organisationen und Fachberatungsstellen getragen wird, in einer zweijährigen Modellphase mit rund 250.000 Euro. Laut Wahl erklärte Lucha, er strebe nach einer Evaluation eine dauerhafte Finanzierung der Anlaufstelle an.
Vertreter aller Fraktionen begrüßten nach den Worten Wahls die Einrichtung der Anlaufstelle und weitere Maßnahmen im Kampf gegen FGM/C. Dabei sei mehrfach betont worden, dass es wichtig sei, kultursensibel zu informieren. Nur so könnten die betroffenen Menschen, die häufig einen Migrationshintergrund hätten, auch erreicht werden. Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, schlug die FDP/DVP vor, bereits in Landeserstaufnahmestellen über das Thema zu informieren. Dort könne man auch Männer erreichen und sie auf die Strafbewehrung hinweisen.
Begrüßt wurde laut Wahl auch die Zusage Luchas, sich dafür einzusetzen, dass der Schutzbrief der Bundesregierung gegen weibliche Genitalverstümmelung in kommunalen Einrichtungen in Baden-Württemberg ausgelegt wird, so zum Beispiel in Führerscheinstellen. Der Brief, den Frauen mit sich führen können, weist darauf hin, dass FGM/C in Deutschland unter Strafe steht. Das soll potenzielle Täter abschrecken.