Auftaktband der Edition „Theodor Heuss. Stuttgarter Ausgabe“ im Landtag vorgestellt
Straub: Eine Demokratie braucht Identifikationsfiguren Stuttgart. Der erste Band einer Buchreihe, die den Politiker und den Menschen Theodor Heuss neu und nachhaltig erschließt, wurde am Dienstag, 11. Dezember 2007, im Landtag präsentiert. Bei der Vorstellung des Auftaktbandes „Theodor Heuss: Erzieher zur Demokratie. Briefe 1945 – 1949“ konnte Landtagspräsident Peter Straub (CDU) zahlreiche Gäste begrüßen. „Eine Demokratie braucht Identifikationsfiguren“, erklärte Straub. Deshalb pflege der Landtag bewusst einen engen, fruchtbaren Kontakt zur Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus. Wörtlich sagte der Präsident: >> Von Goethe stammt der Befund „Briefe gehören unter die wichtigsten Denkmäler, die der einzelne Mensch hinterlassen kann.“ So betrachtet, beginnen wir heute, ein voluminöses Denkmal zu enthüllen. Uns allen ist freilich bewusst: Bei Theodor Heuss muss man „Denk mal“ in zwei Wörtern schreiben und als Imperativ begreifen. Unser Tun wird im Übrigen nicht dadurch relativiert, dass es sich „nur“ um die zweite Etappe einer Doppelpremiere handelt. Als gute Föderalisten haben wir das Recht unseres Bundespräsidenten auf Erstpräsentation gerne geachtet und eine bereits verschickte Einladung frisch terminiert. Umso mehr freue mich über das große, erwartungsfrohe Auditorium, das sich heute Vormittag eingefunden hat. Und ich sage: Herzlichen Dank für die bewiesene Flexibilität. Besonders begrüße ich Sie, Frau Bürgermeisterin Müller-Trimbusch, als Vorstandsvorsitzende der „Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus“. Vor zehn Jahren haben wir hier in unserer Lobby mit Lord Dahrendorf die Gründung der Stiftung gefeiert. Vor fünf Jahren fand an gleicher Stelle der offizielle Teil der festlichen Eröffnung des Theodor-Heuss-Hauses durch den damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau statt. Und jetzt wird uns eine Buchreihe nähergebracht, die den Politiker und den Menschen Theodor Heuss neu und nachhaltig erschließt. Man könnte also meinen, die „Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus“ habe drei Adressen: die eigentliche Heimstatt im „Feuerbacher Weg“, den Stiftungssitz „Im Himmelsberg“ und eine Dependance in der „Konrad-Adenauer-Straße“ – wobei die letztgenannten – „Im Himmelsberg“ und „Konrad-Adenauer-Straße“ – eine augenzwinkernde Symbolik besitzen. Im Ernst: Eine Demokratie braucht Identifikationsfiguren. Deshalb pflegen wir seitens des Landtags bewusst einen engen, fruchtbaren Kontakt zu Ihrer Stiftung, Frau Bürgermeisterin Müller-Trimbusch. Und zwar nicht lediglich bei herausragenden Anlässen, sondern zuoberst im Alltag der Bildungsarbeit, des Forschens und des – im Wortsinn –„Wissen-schaffens“. Der Landtag ist stolz, dass er Theodor Heuss und Elly Heuss-Knapp zu den Seinen zählen darf. Und dieser Stolz verpflichtet. Ebenso herzlich begrüße ich Sie, Herr Professor Saur, als Verleger der Buchreihe. Ihr Engagement verdient größten Respekt. Acht Bände in vier Jahren sind ein Kraftakt – trotz der namhaften Mäzene im Hintergrund. Reine Biografien liegen seit längerem stark im Trend. Die jüngste Frankfurter Buchmesse war eine Bestätigung dafür. Klassische Editionen hingegen genießen weniger Popularität. Die „Heuss-Edition“ hat dank ihres Inhalts und ihrer Aufmachung das Zeug, von beiden Sparten das Beste zu vereinen: den Markterfolg der Lebensbeschreibungen und den hoch konzentrierten intellektuellen Mehrwert echter Quellenwerke. Wir sehen mustergültig: Verleger managen ein äußerst kostbares Gut – nämlich: menschliche Erfahrungen und Erkenntnisse, die in Sprache gegossen wurden. Möge gerade bei der „Heuss-Edition“ der unvermeidliche „Spagat zwischen Geist und Geld“ vom ersten bis zum achten Band gelingen. Ich behaupte – und niemand wird mir widersprechen: Die Sammlung ist ein Muss für die Bibliotheken; der Auftaktband ist eine Zierde für die weihnachtlichen Gabentische. Der erste Band hat zweifellos Pilotfunktion. Auf seinem Bearbeiter lastet eine eminente Verantwortung. Mit einem ausdrücklichen „Chapeau“ begrüße ich daher als Dritten Sie, Herr Dr. Becker. Ihre Kärrnerarbeit kann man gar nicht genug würdigen. Editionen sind das angestammte Metier eines Historikers und doch eine anstrengende Disziplin. Absolute Präzision ist gefordert. Ohne die Ausdauer und den Spürsinn eines Goldgräbers geht nichts. Und vor allem ist das zusammengetragene Material gewissenhaft zu bewerten. Schön, dass Sie uns, Herr Dr. Becker, ihr „Kind“ erläutern werden. Präsentationen politischer Bücher ähneln bisweilen einem Geschäft auf Gegenseitigkeit: Der Autor lässt sich möglichst prominent rühmen; und der Lobredner kostet seine Rolle lustvoll aus. Kurzum: Weihrauch vernebelt den Blick auf das Werk. Weihrauch enthält indes Feinstaub. Schon deshalb empfinde ich es als angenehm, dass wir zu Ihrer Arbeit, Herr Dr. Becker, anders hingeführt werden: Wir kommen in den Genuss einer professionellen Lesung mit der geschulten Stimme von Götz Schneyder. Auch Sie, Herr Schneider, begrüße ich herzlich. Die Vita von Theodor Heuss umfasst viele Stationen: akademischer Lehrer, liberaler Denker, Abgeordneter, Minister, Verfassungsvater und Bundespräsident. Zu den Konstanten seines Lebens zählt jedoch, dass er – buchstäblich – ein „Homme de Lettres“ war und blieb. Einer, der das Briefeschreiben beherrschte und nicht scheute. Und das erlaubt mir zu schließen mit der Frage: Sollen in unseren Kommunikationsverhalten SMS und E-Mail wirklich dominieren? Oder machen uns die digitalen Rauchzeichen zwar schneller, aber auf Dauer entscheidend ärmer? Die Edition „Theodor Heuss. Stuttgarter Ausgabe“ möge sich jedenfalls als geistige Saat erweisen, die reiche Früchte trägt – zum Beispiel, indem sie weitere Forschungen anregt oder fördert.