Ausstellungseröffnung
Filmemachen ist für die Kultur unverzichtbar.
Stuttgart. „Das Filmemachen ist für die Kultur unverzichtbar.“ Dies erklärte Landtagspräsident Peter Straub am Dienstagabend, 25. November 2008, im Stuttgarter Landtag bei der Eröffnung der Ausstellung „100 Jahre Filmland Baden-Württemberg“. In der vom Haus des Dokumentarfilms zusammengestellten Schau spannt sich in fünf Stationen ein Bogen von den Anfängen der Filmproduktion bis in die Gegenwart. Bei der Begrüßung der rund 250 Eröffnungsgäste führte Landtagspräsident Straub wörtlich aus: >>100 Jahre Filmschaffen im Land – wären die politischen Verhältnisse noch wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, hätte das Großherzogtum Baden eine Sonderbriefmarke aufgelegt. Der föderale Gliedstaat Baden-Württemberg ist leider nicht berechtigt, Postwertzeichen herauszugeben. Ein Zeichen des Wertes – genauer: ein Zeichen der Wertschätzung soll deshalb sein, dass das Jubiläum in der „Residenz“ der Ersten Staatsgewalt gewürdigt wird. Entsprechend herzlich heiße ich Sie willkommen hier im Haus des Landtags. Der Landtag erweist dem Kultur- und Wirtschaftsgut „Film“ die Reverenz – und gleichzeitig wird er beehrt. Nämlich durch Ihre Anwesenheit, meine Damen und Herren, und durch die kreativ-prickelnde Atmosphäre, die Sie als Cineasten automatisch verbreiten. Zu den charakteristischen Bestandteilen eines Spielfilms wie eines Dokumentarfilms gehört der Abspann mit einer langen Namensliste. Es wäre demnach bloß ein Umkehren der Reihenfolge, aber keine protokollarische Übertreibung, wenn ich Sie – jetzt zum Auftakt – einzeln begrüßen würde. Andererseits möchte ich die stimulierende Wirkung des gerade genossenen Aperitifs nicht schmälern. Deswegen richte ich den verbalen Scheinwerfer lediglich stellvertretend auf den, der zusammen mit sechs Partnern dafür gesorgt hat, dass der 100. Geburtstag des Filmlandes Baden-Württemberg nicht unbeachtet vorbeigegangen ist: Ich spreche vom Vorsitzenden des „Hauses des Dokumentarfilms“, also von Ihnen, sehr geehrter Herr Mayer. Sie sind der Initiator, Architekt und Baumeister der Jubiläumsausstellung, die Meilensteine zu einem schlüssigen Mosaikbild zusammenfügt. Der Begriff „Ausstellung“ ist eine Untertreibung: Uns erwartet ein feines multimediales Arrangement, das passioniert konzipiert und professionell realisiert worden ist. Ein echtes Geschenk an das Filmland Baden-Württemberg! Informatives Portrait und sensible Hommage in einem! Ich hoffe, dass sich der Schenker dadurch auch selbst beschenkt, indem das „Haus des Dokumentarfilms“ zusätzliche Freunde, Unterstützer und Sachspender gewinnt. Ich behaupte: Sogar eingefleischte Stuttgarter wissen nicht, dass Mörikestraße 19 die Adresse eines wahren Schatzes ist. Wer Pretiosen aus Zelluloid ungenutzt zuhause hat, kann sie hier einer gedeihlicheren Existenz zuführen. Dass die begehbare Chronik „100 Jahre Filmland Baden-Württemberg“ die Tour zu ihren Präsentationsorten vom Landtag aus startet, soll nicht nur – wie angedeutet – ein Zeichen der Hochachtung sein. Es soll den Dreisatz erhellen: Filmförderung ist Teil der Kulturpolitik – Kulturpolitik zählt zum Kernbereich der Länderhoheit – also ist Filmförderung kein Orchideenfach. Und seien wir ehrlich: Diese Konsequenz muss von der Volksseele zwischen Main und Bodensee tiefer verinnerlicht werden. Die Bilder von den Festivals in Cannes, Venedig oder Berlin, ganz zu schweigen von den Inszenierungen in Hollywood werden schlicht auf das gesamte Metier Film projiziert. Rote Teppiche und Blitzlichtgewitter; Stars und Sternchen; Glanz und Glamour – diese Anmutung widerspricht jedoch irgendwo dem württembergisch-pietistischen Wesen ebenso wie der badisch-bodenständigen Lebenseinstellung, obschon wir die bunten Erzeugnisse der Gesellschaftspresse nicht ungern betrachten, wenn sie uns beim Friseur aufgedrängt werden. Kurzum: Wir tun gut daran, uns konkreter selbst aufzuklären und bewusster hinter die Kulissen mancher Vorurteile zu blicken. Dabei hilft diese Ausstellung. Denn sie zeigt: Filme zu drehen, das ist eine mehrdimensionale Wertschöpfung. Kulturelle und intellektuelle Wertschöpfung. Mediale und ökonomische Wertschöpfung. Filme durchlaufen von der Stoffentwicklung bis zur Vermarktung viele Stufen, die aufeinander angewiesen sind. Autoren, Produzenten, Regisseure, Schauspieler, Kameraleute, Musiker, Beleuchter, Bühnenbauer, Maskenbildner, Ausstatter und Heerscharen von Technikern – der erwähnte Abspann von Dokumentar- und Spielfilmen nennt nicht nur Namen; er ist ein pralles Register interessanter Arbeitsplätze. Das Filmemachen ist für die Kultur unverzichtbar. Es ist eine Jobmaschine. Und es ist – wie vor 100 Jahren – praktizierte Offenheit für innovative Technik. Herausragende Filme sind das Ergebnis zündender Ideen und eines sauberen Handwerks – einschließlich der Bereitschaft zum landestypischen Tüfteln. Besser gesagt: Filmemachen – das passt hervorragend zu uns Baden-Württembergern. Gestern, heute und erst recht in Zukunft.
Roman Polanski wird zitiert mit dem Bonmot: „Ich bin wie ein Koch: Wenn ein Film fertig ist, setze ich mich hin und schaue zu, ob die Sache den anderen mundet.“ Ähnlich wird das momentane Befinden sein von Ihnen, verehrter Herr Mayer, und von Ihren Mitgestaltern der Ausstellung „100 Jahre Filmland Baden-Württemberg“ – Sie wollen sehen, wie uns Ihr Werk schmeckt. Die Reden des Abends sind mithin Vorspeisen, die den Appetit anreizen sollen, die aber nicht sättigen dürfen. Deshalb von mir bloß noch zweierlei: Erstens: eine Bekräftigung des Dankes an Sie alle für Ihr Kommen. Und zweitens: die Bitte an Sie, verehrter Herr Minister Professor Reinhart, uns das politische Hors d'oeuvre zu reichen.<<Öffnungszeiten der Ausstellung: 26. November bis 13. Dezember 2008, montags bis freitags 9 – 18 Uhr, samstags 9 – 16 Uhr. Der Eintritt ist frei