Beate Böhlen, Vorsitzende des Petitionsausschusses: Reintegrationshindernisse müssen stärker als bisher berücksichtigt werden
Stuttgart. In der heutigen Sitzung des Petitionsausschusses wurde über die Erkenntnisse der fünftägigen Reise (18.1. bis 22.1) nach Kosovo beraten, an der acht Delegationsmitglieder des Petitionsausschusses teilgenommen haben. Dazu erklärte die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Beate Böhlen: „Wir haben im Rahmen unseres zeitlich gedrängten Besuchsprogramms keine Situation erkannt, die einen sofortigen und generellen Abschiebestopp für die Minderheitengruppen der Roma, Ashkali und Ägypter rechtfertigen würde; allerdings ist für viele dieser Menschen, die zwischen 1999 und 2004 aus Kosovo geflohen sind, eine nachhaltige Reintegration in die kosovarische Gesellschaft nicht erreichbar. Kinder und Jugendliche, die in Deutschland die Schule besucht haben, finden in Kosovo keine Anschlussmöglichkeiten. Zum großen Teil beruht dies auf fehlenden Kenntnissen der albanischen Sprache. Darüber hinaus ist der Zugang zu existenzsichernder Erwerbsarbeit, zu Wohnraum, zu medizinischer und therapeutischer Versorgung für Angehörige der Minderheitengruppen erschwert.“ Der Petitionsausschuss hat daher heute einstimmig einen umfassenden Prüfauftrag formuliert, der der Regierung überlassen werden soll. Darin wird die Regierung gebeten, im Rahmen einer qualifizierten Einzelfallbetrachtung eine angemessene Lösung für ethnische Minderheiten aus Kosovo zu ermöglichen und dazu die erforderlichen rechtlichen Anwendungshinweise in Form eines Erlasses zu regeln. Ein besonderes Augenmerk in der Gesamtabwägung bei der Prüfung von Ausreisehindernissen soll nach den Empfehlungen des Petitionsausschusses künftig, so Böhlen, auf folgende Punkte gerichtet werden: (1) Berücksichtigung der in Deutschland erbrachten Integrationsleistungen und das Maß der Verwurzelung der betroffenen Menschen, (2) Gefahr des Abbruchs der Schul- oder Berufsausbildung bei Rückkehr, (3) Situation von alten, kranken und pflegebedürftigen Menschen, (4) Situation und Maß der Entwurzelung in Kosovo.
Beate Böhlen: „Das Innenministerium hat erfreulicherweise signalisiert, dass ein entsprechender Erlass in Vorbereitung ist.“