Befreiung der Konzentrationslager Majdanek und Auschwitz

Bilder und Zeichnungen von der Befreiung der Konzentrationslager Majdanek und Auschwitz Landtagspräsident: Ausstellung trägt an zentraler Stelle zum Aufbau einer substanziellen Erinnerungskultur bei Stuttgart. Bilder und Zeichnungen, in denen der Künstler Zinovii Tolkatchev (1903 – 1977) als Soldat seine Eindrücke von der Befreiung der Konzentrationslager Majdanek und Auschwitz festgehalten hat, sind in einer Ausstellung zu sehen, die Landtagspräsident Peter Straub am Dienstagabend, 15. Januar 2008, im Landtag eröffnet hat. Wie Straub hervorhob, trägt diese Wanderausstellung, deren Exponate aus dem Fundus der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem stammen, an zentraler Stelle zum Aufbau einer substanziellen Erinnerungskultur bei. Vor den zahlreichen Gästen, darunter Hildegard Müller, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Vorsitzende des Freundeskreises von Yad Vashem in Deutschland e.V., wies Straub darauf hin, dass diese Veranstaltung auch im Kontext stehe zu der zentralen Gedenkfeier des Landtags anlässlich des Gedenktages an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2008 in Mannheim. Im Einzelnen führte der Landtagspräsident aus: >>Mit Carl Maria von Webers „Schäfers Klage“ sind wir – wie ich finde – passend auf die Ausstellung „Der Soldat Tolkatchev an den Toren zur Hölle“ eingestimmt worden – und zwar vom „Kairos Trio“, das unser Programm weiter ebenso meisterhaft begleiten wird. Herzlichen Dank an Julia Steinbächer – Flöte –, Doriana Tchakarova – Klavier – und Uriel Stülpnagel – Violoncello! Die g-Moll-Klänge haben – buchstäblich – betont: Für den Landtag von Baden-Württemberg ist es eine Ehre, auf Anregung des „Freundeskreises von Yad Vashem in Deutschland“ die Zeichnungen, Bilder und Skizzen des Korporals Tolkatchev zu beherbergen. Deswegen freue ich mich sehr, dass die Einladung zum heutigen Eröffnungsabend eine derart große Resonanz gefunden hat. Entsprechend herzlich heiße ich Sie alle willkommen. Durch Ihre Teilnahme setzen Sie ein zweifaches Zeichen: Sie bekräftigen, dass die Verantwortung für die Shoa ein prägender Faktor unserer Staatsräson und unserer Identität ist und bleibt. Und Sie erweisen die Reverenz einer politisch-gesellschaftlichen Initiative, die in höchstem Maße unsere Aufmerksamkeit und unsere Unterstützung verdient: Der „Freundeskreis von Yad Vashem in Deutschland“ festigt nämlich durch seine unspektakuläre, aber nachhaltige Arbeit die Fundamente unseres Gemeinwesens. Und er sichert so – auch – den Platz unseres Landes in der Völkerfamilie. Mein ausdrücklicher Willkommensgruß gilt deshalb der Vorsitzenden des „Freundeskreises von Yad Vashem in Deutschland“ – also Ihnen, Frau Staatsministerin Müller. Nach Ihrer zwölfmonatigen Elternzeit sind Sie erst zu Jahresbeginn ins Bundeskanzleramt zurückgekehrt. Trotz Ihrer vielfältigen und wohl jetzt besonders gehäuften Verpflichtungen haben Sie den Weg von Berlin nach Stuttgart nicht gescheut. Das ist mehr als eine protokollarische Geste. Ganz herzlichen Dank, Frau Staatsministerin, für Ihr Hiersein und für Ihre Bereitschaft, uns den „Freundeskreis von Yad Vashem in Deutschland“ und dessen Anliegen näherzubringen! Ihre Anwesenheit unterstreicht das Engagement, mit dem sich der „Freundeskreis von Yad Vashem in Deutschland“ wie ein Kurator um die Ausstellung „Der Soldat Tolkatchev an den Toren zur Hölle“ kümmert. Diese Schau trägt an zentraler Stelle zum Aufbau einer substanziellen Erinnerungskultur bei. Denn die Singularität der Shoa und die Bestialität der Nazi-Diktatur erfordern ein Gedenken, das hinausreicht über die Weitergabe bloßen Wissens und über die unvermeidliche Abstraktheit offizieller Reden. Wirkliches Erinnern muss wehtun. Läuterung entsteht erst, wenn sich die Faktenkenntnis mit dem Einfühlen in das Leid der Opfer verbindet. Empathie ist ein unentbehrliches Element echten Gedenkens. Nur Empathie verhindert, dass aus der zeitlichen Distanz zum Geschehenen eine innere Abkehr vom Martyrium der Opfer wird. Und nur Empathie lässt aus historischer Schuld das Entscheidende erwachsen – ich meine: die Berufung, – einerseits – substanziell – Verständigung, Versöhnung und Freundschaft zu stiften – und andererseits – wehrhaft – die Würde und die Freiheit von Menschen gegen jegliche Bedrohungen zu verteidigen. Die Exponate stammen aus dem Fundus von Yad Vashem. Yad Vashem: Heimstatt des Weltgewissens und der Menschenwürde, bedrückender Ort der Mahnung und des Erinnerns, Forschungs- und Dokumentationszentrum; Museum und Erbauer vieler Brücken zwischen Nationen und Generationen – ich bin dankbar, dass ein Vertreter dieser beispiellosen Institution unter uns ist. Herzlich willkommen Herr Direktor Rav-On aus der Abteilung für Internationale Beziehungen von Yad Vashem! In das Gezeigte einführen wird uns Frau Désirée Dietrich vom „Freundeskreis von Yad Vashem in Deutschland“. Auch Ihnen, Frau Dietrich, danke ich für Ihr Mitwirken. Schon jetzt spüren wir: Tolkatchevs Bildnisse zu betrachten, kostet Kraft. Sie vermitteln uns eine schreckliche Ahnung, was der Mensch dem Menschen anzutun vermag. Wir erkennen: Uns fehlen die Worte, um die Intensität des Grauens – die totale Inhumanität – in Auschwitz, in Majdanek und in den anderen Vernichtungs- und Konzentrationslagern zu beschreiben. Und wir begreifen: Die biblische Aufforderung „Zachor!“ – „Erinnere dich!“ – bedeutet Mühe und Pein. Wer diese Mühe und Pein scheut, der fördert das verhängnisvolle Verdrängen, Umdeuten und Relativieren der Nazi-Despotie. Wer jedoch mit den Augen Tolkatchevs nach Auschwitz blickt, der sieht, wohin es führt, wenn Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte gering geachtet werden. Hitler kam am 30. Januar vor 75 Jahren an die Macht, weil man ihn völlig unterschätzte, weil man beschwichtigte und weil man das Erbe der Paulskirche blindlings ausgeschlagen hatte. Tolkatchev öffnet die Augen für die existenziellen Lehren unserer Geschichte. Und daher schließe ich mit dem Wunsch: Mögen die Besucherinnen und Besucher beim Gang durch diese Ausstellung empfinden wie der Schriftsteller Christian Morgenstern, der von sich sagte: „Mein Hauptorgan ist das Auge. Alles geht bei mir durch das Auge ein.“<<Öffnungszeiten der Ausstellung „Der Soldat Tolkatchev an den Toren zur Hölle – Die Befreiung von Majdanek und Auschwitz: Zeugnis eines Künstlers“:
16. bis 28. Januar 2008, montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr