Bisher gut 2,6 Milliarden Euro an Corona-Hilfen für Unternehmen im Land
Stuttgart. An Unternehmen in Baden-Württemberg sind aus den verschiedenen Corona-Hilfstöpfen bisher gut 2,6 Milliarden Euro geflossen. Diese aktuelle Zahl (Stand: 12. Januar) nannte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) am Mittwoch, 20. Januar, auf Bitten des Vorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) vor dem Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau. Ihr Haus arbeite mit Hochdruck daran, dass die beantragten Hilfen für November und Dezember weiter zügig ausgezahlt werden, erklärte die CDU-Politikerin. Zugleich würden weitere Hilfsangebote auf den Weg gebracht.
Die Wirtschaftsministerin berichtete auf Anfrage des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) mündlich vor dem in einer hybriden Sitzung tagenden Gremium. Allein im Rahmen der Corona-Soforthilfe seien im Land rund 278.000 Anträge eingegangen, so Hoffmeister-Kraut. Bisher seien 240.000 Anträge ausgezahlt worden, die Gesamtsumme betrage 2,2 Milliarden Euro. Aus weiteren Hilfstöpfen (u.a. Stabilisierungshilfe, Überbrückungshilfe II, Novemberhilfe, Dezemberhilfe) seien bisher knapp 432 Millionen Euro geflossen. Die Töpfe werden aus Bundes- und Landesmitteln gespeist.
Hoffmeister-Kraut sagte vor dem Ausschuss, die Hilfen hätten entscheidend dazu beigetragen, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie-Bekämpfung abzumildern. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden lobten insbesondere Vertreter von Grünen und CDU die Ministerin für ihren Einsatz. Seitens der Opposition habe es aber auch kritische Nachfragen besonders mit Blick auf die November- und Dezemberhilfen gegeben. Diese seien viel zu schleppend angelaufen und zu viele Unternehmen würden durch das Raster fallen, habe es geheißen. Darüber hinaus sei beispielsweise immer noch nicht geklärt, wie bei gastronomischen Mischbetrieben mit Lebensmittelhandwerk verfahren werden soll. Laut der Ministerin sind für die Monatshilfen insgesamt bisher etwas mehr 50.000 Anträge gestellt worden. Erst seit 12. Januar sei eine Bearbeitung, die in Baden-Württemberg über die L-Bank sowie externe Dienstleister erfolgt, möglich. Hierfür würden noch einige Wochen benötigt werden. Dr. Schweickert betonte für alle Ausschussmitglieder, wie wichtig diese Hilfen für die Unternehmen im Land seien und bat das Wirtschaftsministerium daher, weiterhin den Parlamentariern und der Wirtschaft kontinuierlich über die Entwicklungen zu berichten.
Laut Dr. Schweickert erstattete auch ein Vertreter der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg dem Wirtschaftsausschuss Bericht über die Corona-Hilfen des Instituts. Die Förderbilanz weise mit 702 Millionen Euro für 2020 ein Plus von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf, berichtete der Ausschussvorsitzende. Allein im April 2020 habe es 468 Förderanträge gegeben. Manche Anträge zeigten, dass die Unternehmen im Land durchaus optimistisch in die Zukunft blicken. Hotels beispielsweise nutzen den Lockdown, um Zimmer zu renovieren.
Auf Antrag der SPD berichtete das Wirtschaftsministerium dem Ausschuss zu den Entschädigungszahlungen nach Paragraph 56 Infektionsschutzgesetz. Dieser sieht bei Auferlegung einer Quarantäne und daraus resultierendem Tätigkeitsverbot sowie in der Folge von pandemiebedingten Schul- und Kitaschließungen unter bestimmten Voraussetzungen staatliche Entschädigungszahlungen für Betroffene vor. Das können sowohl Arbeitnehmer als auch Selbstständige sein. Nach Angaben des Ministeriums wurden bis zum 25. November 2020 insgesamt 35.325 Entschädigungsanträge auf dieser Basis gestellt, davon knapp 32.000 wegen Auferlegung einer Quarantäne. Ebenfalls mit Stand 25. November flossen in diesem Zusammenhang bisher Entschädigungsleistungen in Höhe von insgesamt gut neun Millionen Euro.
Über indirekt vom Lockdown betroffene Betriebe wie zum Beispiel Lieferanten der Gastronomie erstattete das Wirtschaftsministerium auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion Bericht, blieb dabei jedoch konkrete Zahlen schuldig. Es mangele an verfügbaren Daten, so das Ministerium. Ob und wie Betriebe indirekt vom Lockdown betroffen sind, könne nur unternehmensindividuell festgestellt werden. Eine Schätzung sei im Unterschied zu den direkt betroffenen Betrieben – laut Ministerium rund 60.000 in Baden-Württemberg – nicht möglich. Antragsberechtigt als indirekt Betroffene sind im Rahmen der Novemberhilfe Unternehmen, die nachweislich und regelmäßig mindestens 80 Prozent ihrer Umsätze mit Betrieben erzielen, die direkt vom Lockdown betroffen sind.
Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert berichtete, gab der Ausschuss mit den Stimmen von Grünen und CDU grünes Licht für zwei Gesetzentwürfe der Landesregierung: Das Gesetz zur Änderung des Zweckentfremdungsverbots und das Gesetz zur Änderung des Bildungszeitgesetzes. Ein Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Novelle des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes fand hingegen keine Mehrheit. Ein vierter Gesetzentwurf über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit fand wiederum breite Unterstützung, hier stimmten lediglich die Mitglieder der AfD-Fraktion dagegen.
Die Ausschusssitzung war die 48. und letzte reguläre Sitzung des Wirtschaftsausschusses in der 16. Legislaturperiode. Daher zog der Vorsitzende am Ende der Sitzung eine kurze Bilanz: Der Ausschuss hat insgesamt rund 200 Stunden getagt und dabei 428 Tagesordnungspunkte behandelt. Darunter waren 16 Gesetzentwürfe, 279 Anträge und mehr als 20 besonders große Finanzhilfen. Diese Zahlen verdeutlichten laut Dr. Schweickert, wie wichtig eine konstruktive aber kritische Auseinandersetzung im Parlament sei und dass dies der eigentliche Herzschlag der Demokratie sei. „Das Herz der wirtschaftspolitischen Debatten schlägt im Wirtschaftsausschuss, oder es schlägt nicht“ so Ausschussvorsitzender Schweickert abschließend. Gleichzeitig wies er aber darauf hin, dass der Wirtschaftsausschuss in der Corona-Krise bis zur Neukonstituierung des Landtags jederzeit und kurzfristig in der von diesem Ausschuss initiierten und nun bewährten Form der Hybridsitzung zusammenkomme, sofern dies notwendig werden würde.