Buchvorstellung im Landtag: „Die Zeit nach dem Krieg: Städte im Wiederaufbau“

Präsident Straub: Dokumentation befähigt mustergültig, die Gegenwart im Kontext der Zeitgeschichte zu sehen Stuttgart. „Die Zeit nach dem Krieg: Städte im Wiederaufbau“ lautet der Titel eines Buches, das am Dienstagabend, 12. Februar 2008, im Landtag der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Es handelt sich hierbei um den 37. Band der von der Landeszentrale für politische Bildung herausgegebenen Schriften zur politischen Landeskunde. Wie Landtagspräsident Peter Straub (CDU) bei der Buchpräsentation hervorhob, befähigen die Einführung in das über 400 Seiten umfassende Werk und die 15 Aufsätze mustergültig, die Gegenwart im Kontext der Zeitgeschichte zu sehen. Wörtlich führte der Präsident aus: >>„Hurra, wir leben noch“ – der Titel des populären Romans von Johannes Mario Simmel verklärt die Nachkriegsjahre. Natürlich keimten Hoffnung und Tatkraft, als beides endlich vorbei war: der Krieg mit den Bombennächten und das Terrorregime der Nazis. Erschöpfung, Trauer und Unsicherheit prägten aber genauso das Dasein. Nichts gegen Belletristik. Doch wer die damalige Wirklichkeit unverzerrt ergründen möchte, der sollte sich eines Sachbuchs bedienen. Wir Baden-Württemberger können das jetzt tun, ohne dass wir Abstriche beim Lesevergnügen in Kauf nehmen müssen. „Die Zeit nach dem Krieg: Städte im Wiederaufbau“ heißt der 37. Band der „Schriften zur politischen Landeskunde“. Und die „Landeszentrale für politische Bildung“ stapelt damit tief: Was nach trockener Dokumentation klingt, ist in Wahrheit eine Schatztruhe mit 16 Edelsteinen. Das Lokale war das Reale im Frühjahr 1945 und in der Phase danach. Und das bedeutet: Die 15 Aufsätze plus die umfassende Einführung befähigen mustergültig, die Gegenwart im Kontext der Zeitgeschichte zu sehen. Schon deshalb freue ich mich sehr, dass sich ein guter Termin frei schaufeln ließ, um das Buch hier im „Haus des Landtags“ offiziell vorzustellen. Hinzu kommt: Die Präsentation findet an einem Ort statt, der die Ambivalenz der Aufbaujahre verkörpert. Ich zitiere aus einer der 15 Stadtbeschreibungen, die wir kennen lernen werden, und zwar aus der Betrachtung „Stuttgart nach dem Zweiten Weltkrieg“. Dort ist vermerkt, dass das „unzerstört gebliebene Reithaus von 1839 und die teilweise wieder aufgebaute ehemalige Hohe Carlsschule dem Erdboden gleichgemacht wurden, um Platz für den neuen Landtag von Baden-Württemberg zu schaffen.“ Kurzum: Heute Abend passt alles bestens zusammen: der Anlass, das Thema, das Ambiente und – als Krönung – die Gästeliste. Die Gäste eines Hauses sind dessen Zierde. Und deswegen begrüße ich Sie, meine Damen und Herren, auf das Herzlichste. Schön, dass Sie die Einladung angenommen haben! Mein Dank gilt der eigentlichen Veranstalterin, also der „Landeszentrale für politische Bildung“ und namentlich Ihnen, Herr Direktor Frick. Kenner lesen „Landeszentrale“, denn das Gedruckte ist von Begeisterung verwöhnt. Im Mittelpunkt stehen heute folglich die Herausgeber und die Autorinnen und Autoren des Bandes „Die Zeit nach dem Krieg: Städte im Wiederaufbau.“ Sie verwandeln diese Lobby in ein kleines, aber feines Kompetenzcenter. Ich sage „Herzlich willkommen“. Und ich nutze gerne das Privileg, dass ich Ihnen von dieser exponierten Stelle meinen Respekt vor Ihren Arbeiten bekunden kann. Jeder einzelne Beitrag ist ein Solitär. Und das Ganze wiegt mehr als die Summe seiner Teile. Der Mitherausgeber und Doyen der Autorenriege wird höchstselbst unseren Appetit auf das Gemeinschaftswerk verstärken. Seien Sie herzlich begrüßt, Herr Staatsminister Professor Moersch! Ihr Name bürgt dafür, dass das Amuse-Gueule zur nahrhaften Delikatesse gerät. Sie zu portraitieren, hieße angesichts des versammelten Auditoriums, Porzellan nach Ludwigsburg zu bringen. Wir sind einfach gespannt auf Ihren Vortrag. Unsere Landesgeschichte pulsiert ja förmlich, wenn Sie mit Ihrem Wissen und Ihren kommunikativen Fähigkeiten für echte Aha-Erlebnisse sorgen. Von mir daher bloß noch der Appell: Pressen wir Geschichte nicht in Begriffe und entmystifizieren wir die „Stunde Null“. „Stunde Null“ – das ist eine Fiktion. Es gab keinen völligen Neubeginn, kein leeres Blatt, keine hundertprozentige Zäsur. Die Wortschöpfung unterstützt den Hang, die Nazi-Jahre zu verdrängen. Und sie ver-schleiert die immensen Schwierigkeiten und die Art, wie Menschen damit umgegangen sind – nämlich: meist bewundernswert, gelegentlich auch fragwürdig, wobei wir im Rückblick nicht überheblich urteilen dürfen. Wenn wir die Entwicklung unseres Gemeinwesens seit 1945 beleuchten, dann ragen zwei Erfolgsfaktoren heraus: die Bereitschaft zu enormen Anstrengungen und der Wille, sich nachhaltig zu läutern. Speziell unter diesem Aspekt wünsche ich dem 37. Band der „Schriften zur politischen Landeskunde“ viele Leser in allen Altersgruppen.