Corona-Hilfen, Mittelstandsförderung und „Husten-App“ im Fokus

Stuttgart. Über die Zukunft des Beteiligungsfonds des Landes zur Unterstützung von Unternehmen in der Corona-Krise hat der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 22. September, diskutiert. Weitere Themen waren die Mittelstandsförderung sowie die aktuellen Lieferengpässe in Baden-Württemberg, unter denen Endverbraucher und Wirtschaft gleichermaßen leiden.

Eine Milliarde Euro hatte das Land auf dem Höhepunkt der Corona-Krise zur Verfügung gestellt, um sich an in Not geratenen Unternehmen beteiligen und diese so stützen zu können. Das Angebot war als Ultima Ratio im Verhältnis zu anderen im Zuge der Pandemie aufgelegten Hilfsangeboten ausgelegt, stieß aber am Ende auf wenig Nachfrage. Lediglich zwei Unternehmen stellten Anträge, eines zog später wieder zurück. Wie Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut vor dem Ausschuss erklärte, liege inzwischen ein Antrag auf Beteiligung zur Entscheidung vor. 

Auf Antrag der SPD-Fraktion diskutierte nun der Wirtschaftsausschuss über die Zukunft des Beteiligungsfonds. Die Ministerin zeigte sich erleichtert, dass die Nachfrage sich letztlich in sehr engen Grenzen bewegt habe. Dies spreche dafür, dass die Unternehmen im Land besser durch die Krise gekommen seien als vielfach erwartet. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP) teilten Vertreter aller Fraktionen die Erleichterung der Ministerin.

Dr. Hoffmeister-Kraut erläuterte, dass nach dem Willen der Landesregierung 506 Millionen Euro aus den Mitteln des Beteiligungsfonds zurückgelegt werden für den Fall, dass die Pandemie länger dauert als gedacht. Die restlichen 474 Millionen Euro sollen demnach zur Schuldentilgung eingesetzt werden.

Ein weiteres Thema im Wirtschaftsausschuss war die Mittelstandsförderung des Landes. Dazu hatte die FDP/DVP-Fraktion einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium formuliert. Die Liberalen wollten insbesondere wissen, wie es mit der Förderung der für das Land so wichtigen kleinen und mittleren Unternehmen weitergeht und was vom angekündigten sogenannten Masterplan Mittelstand BW zu erwarten ist, der im grün-schwarzen Koalitionsvertrag angekündigt wird. 

Die Wirtschaftsministerin erklärte dazu vor dem Ausschuss, die Entwicklung und Umsetzung des Masterplans werde sich über mehrere Jahre erstrecken. In diesem Zusammenhang werde auch das im Jahr 2000 in Kraft getretene Mittelstandsförderungsgesetz novelliert. Dies werde voraussichtlich in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode geschehen. Noch in diesem Herbst werde sie den Mittelstandsbericht 2020 vorlegen, kündigte Dr. Hoffmeister-Kraut an. Der Bericht hatte ursprünglich im vorigen Jahr kommen sollen. Pandemiebedingt wurde der Termin mit Zustimmung des Landtags verschoben.

Die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen habe sich bewährt. Zuletzt seien jährlich gut 200 Millionen Euro bewilligt worden. Die Förderziele seien nach wie vor aktuell, erklärte die Ministerin. Neue Rahmenbedingungen, wie sie sich etwa aus der Digitalisierung ergäben, würden aber eine Fortentwicklung der Förderung notwendig machen. Dies werde mit dem Masterplan geschehen. Weltweit werde das Land Baden-Württemberg wegen seiner starken mittelständischen Wirtschaft bewundert. Das müsse so bleiben. Der Masterplan werde dem Rechnung tragen. 

Der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert nahm eine Idee aus der Diskussion auf und regte an, dass das Ministerium das Parlament schon bei der Erarbeitung des Masterplans einbinden solle. Dr. Hoffmeister-Kraut sagte dies zu.

Nach Angaben von Dr. Schweickert warnte die AfD-Fraktion in diesem Zusammenhang, bereits geltende und mögliche künftige Regelungen im Sinne des Klimaschutzes könnten den wirtschaftlichen Erfolg des Mittelstands bedrohen.

Auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion erörterte der Ausschuss die aktuellen Lieferengpässe im Land, von denen sowohl Endverbraucher als auch Unternehmen betroffen sind. Die Liberalen wollten von der Ministerin wissen, wie sie zu Forderungen aus der Wirtschaft stehe, Runde Tische zum Thema Ressourcen- und Rohstoffmangel einzuberufen. Die Ministerin erklärte dazu, sie stehe im ständigen Austausch mit der Wirtschaft. Sie verwies zudem auf bestehende Förderprogramme, die das Land unabhängiger von Lieferungen aus dem Ausland machen sollen. Als Beispiel nannte sie die Batterieproduktion. Forderungen nach einem Exportstopp für kritische Güter erteilte die Ministerin eine Absage.

Aufgrund voneinander getrennter Anträge der Fraktionen von SPD und AfD diskutierte der Ausschuss die weiteren Entwicklungen beim umstrittenen Baden-Württemberg-Pavillon auf der Expo Dubai. Dabei ging es insbesondere um den Kostenrahmen. Nach Angaben vom Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut beläuft sich die Kostenschätzung für den Pavillon derzeit auf bis zu 17,74 Millionen Euro, von denen das Land maximal 15,07 Millionen Euro zahlen müsse. 

Die SPD habe kritisiert, dass es der Ministerin nicht gelinge, den Schaden für das Land zu verringern, berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert. Die Ministerin wies die Kritik zurück. 

Auf Antrag der FDP/DVP diskutierte der Ausschuss zudem intensiv über die geplante Unterstützung der Entwicklung einer Husten-App durch das Ministerium im Wege einer Einzelprojektförderung. Mit dieser Husten-App sollen Menschen in ihr Smartphone husten. Am Klang des Hustens soll dann erkannt werden, ob sie mit dem Coronavirus infiziert sind, auch wenn sie (noch) keine Symptome haben.

Die Liberalen zeigten sich nach Angaben von Dr. Schweickert verwundert darüber, dass die Förderung nicht über das bestehende Programm InvestBW laufen solle. Dies hätte mehr Transparenz gebracht. Die SPD monierte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, dass die Fördermittel im jüngsten Nachtragshaushalt versteckt worden seien. Auch die SPD griff den Vorwurf mangelnder Transparenz auf. Die Wirtschaftsministerin zeigte sich verwundert. Eine Förderung über InvestBW sei aus formalen Gründen nicht möglich gewesen. Die gewählte Einzelprojektförderung sei durchaus üblich. Es handle sich um ein vielversprechendes Vorhaben zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Die Technik sei durch Rückgriff auf künstliche Intelligenz zukunftweisend. Im Übrigen verwies die Ministerin darauf, dass die Förderung noch nicht abschließend genehmigt sei. 

Nach Angaben des Vorsitzenden Dr. Schweickert bewilligte der Ausschuss eine Finanzhilfe in Höhe von 100.000 Euro für die von Bund und Land gemeinsam finanzierte Kerntechnische Entsorgung Karlsruhe (KTE). Die Hilfe wird zur Absicherung möglicher gesetzlicher Schadenersatzverpflichtungen im Rahmen einer zu verlängernden Garantieerklärung gewährt. Der Bund hatte seine Garantieerklärung in Höhe von 900.000 Euro bereits verlängert.