Corona-Pandemie hat neue Formen des Extremismus hervorgebracht

Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Don-nerstag, 15. Juli 2021, über den Verfassungsschutzbericht 2020 beraten. Neben Bedrohungen aus den Bereichen Rechtsextremismus, Linksextremismus und Is-lamistischer Extremismus seien im vergangenen Jahr neue Formen des Extre-mismus durch die Corona-Pandemie hinzugekommen. Alle fünf Fraktionen dank-ten dem Verfassungsschutz für seine Tätigkeit, wie der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU) mitteilte.

Die Corona-Pandemie hat neue Formen des Extremismus hervorgebracht. Die Pande-mie sei ganz offensichtlich ein Nährboden für extremistische Verschwörungsmythen so-wie für Hass und Hetze, führte Innenminister Thomas Strobl aus. Auf den Versammlun-gen sei eine Allianz von Reichsbürgern und Selbstverwaltern, Verschwörungsideologen sowie Rechtsextremisten festgestellt worden, die sich zusammenfinden, um – zumindest vordergründig – gegen die staatlichen Maßnahmen zu demonstrieren. Dahinter stecke jedoch eine neue Richtung extremistischer Agitation, die sich gegen demokratische und staatliche Strukturen richte. Die Gefahr, die von dieser neuen, zum Großteil auf Ver-schwörungsideologien basierenden Form des Extremismus ausgehe, sei äußerst hoch. Vor diesem Hintergrund sei es richtig, dass die Verfassungsschutzämter einen neuen Phänomenbereich eingerichtet hätten, der sich genau mit diesem Thema befasse, stellte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf fest. 

Im Bereich des Rechtsextremismus verzeichnete das Landesamt einen leichten Anstieg auf rund 1.970 Rechtsextremisten. Im Jahr zuvor seien es etwa 1.900 gewesen. Die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten habe bei rund 790 stagniert. Das entspre-che einem Anteil von rund 40 Prozent. Landesweit seien 35 rechtsextremistisch motivier-te Gewalttaten verzeichnet worden, 2019 seien es 39 gewesen. Auch die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten sei leicht zurückgegangen: von 1.549 im Jahr 2019 auf 1.479 im Jahr 2020. Trotz der sinkenden Zahl an derartigen Gewalt- und Straf-taten sei die grundsätzliche Gefahr, die von fanatischen Rechtsextremisten ausgehe, anhaltend hoch. Denn die schwersten rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten seien in den vergangenen Jahren von Kleinstgruppen oder von Einzelpersonen begangen wor-den, so Guido Wolf. 

Die Zahl der Linksextremisten in Baden-Württemberg sei insgesamt stabil geblieben. Im Jahr 2020 habe deren Anzahl 2.800 Personen betragen, im Jahr 2019 seien es 2.750 Personen gewesen. Davon seien 840 Personen dem gewaltorientierten Spektrum zuzu-ordnen, 2019 seien es 850 Personen gewesen. Die Gefahr, die von Linksextremisten ausgehe, dürfe nicht unterschätzt werden. In der ersten Jahreshälfte 2020 sei ein deutli-cher Anstieg linksextremistischer Militanz festgestellt worden. Eine Ursache für die Zu-nahme sei vor allem die Querdenken-Bewegung gewesen. „Extremismus, ob von rechts oder links, muss mit allen Mitteln konsequent bekämpft werden“, so der Ausschussvor-sitzende.  

Der Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter gehören laut Wolf aktuell rund 3.300 Personen an. 2020 waren erneut zahlreiche Vorfälle in Zusammenhang mit Reichsbür-gern und Selbstverwaltern zu verzeichnen. Eine erhöhte Gewaltbereitschaft dieser Per-sonen, auch wegen deren Affinität zu Waffen, sei weiterhin vorhanden und muss auch in Zukunft einkalkuliert werden. Um radikale Einzeltäter und Kleinstgruppen frühzeitig er-kennen zu können, habe das LfV im Oktober 2020 eine eigenständige Abteilung Rechts-extremismus und -terrorismus, Reichsbürger und Selbstverwalter eingerichtet. 

Im Bereich des Islamistischen Extremismus seien 2020 rund 4.200 Extremisten regis-triert worden, im Jahr zuvor rund 4.100. Das salafistische Spektrum im Land sei um 100 auf insgesamt 1.300 Anhänger gewachsen. Die Gefahrenlage durch den Einfluss des Islamischen Staates (IS) sei trotz seines Zusammenbruchs weiterhin hoch. Der Verfas-sungsschutz habe die Szene daher weiterhin fest im Blick.