Corona-Soforthilfe: Offenen Fällen droht vollständige Rückzahlung bei weiter ausbleibender Rückmeldung

Stuttgart. Mit dem Stand der Rückzahlung der Corona-Soforthilfen und dem Wechsel des Anbieters zur Bearbeitung der Corona-Hilfsprogramme hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in der Sitzung am Mittwoch, 20. September 2023, befasst. Zudem bewilligte der Ausschuss nach Angaben des Vorsitzenden Dr. Erik Schweickert eine weitere Finanzhilfe in Höhe von 526.150,00 Euro für die KI-Stiftung Heilbronn (Ipai) und formulierte eine dringende Bitte an den Europaausschuss.

Mit dem Stand der Rückzahlung der Corona-Soforthilfen in Baden-Württemberg beschäftigte sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Sie hatte diesbezüglich einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium gerichtet. Aus der Antwort geht hervor, dass im Rahmen der Corona-Soforthilfen insgesamt Hilfen in Höhe von 2,272 Milliarden Euro ausgezahlt wurden. 

Wie das Ministerium erläuterte, hat die federführende L-Bank im Rahmen des vorgeschriebenen Rückmeldeverfahrens – dabei geht es um die Selbstüberprüfung der Rechtmäßigkeit der gewährten Hilfen – bis zum 30. Juni des laufenden Jahres gut 178.000 Rückmeldungen von Unternehmen erhalten. Bei rund 87.000 der Rückmeldungen wurde demnach angegeben, dass kein Rückzahlungsbedarf vorliege. In mehr als 91.000 Fällen seien Rückzahlungsbedarfe bei der L-Bank gemeldet worden. In rund 60.000 Fällen habe die L-Bank aber bislang keine Rückmeldung verzeichnet. 

Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert berichtete, habe es in der Sitzung fraktionsübergreifend geheißen, die Ehrlichen dürften nicht die Dummen sein. Mit Blick auf die 60.000 noch offenen Rückmeldungen habe Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut auf Nachfrage des Ausschussvorsitzenden klargestellt, dass man auch ihnen gegenüber auf eine Abschlussrechnung bestehen werde. Wenn diese nicht erfolge, seien die Corona-Hilfen vollständig rückzuzahlen. Die Ministerin habe zugesagt, dass dazu demnächst eine nochmalige schriftliche Aufforderung versandt werde, in der auch die Konsequenzen klar formuliert würden, berichtete Dr. Schweickert aus der Sitzung.

Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden bekräftigte die Ministerin auf Nachfragen von FDP/DVP, SPD und AfD zudem, man werde mit Augenmaß auf wirtschaftliche Nöte von Hilfeempfängern reagieren. Es könne nicht sein, dass jemand durch Rückzahlungen in die Insolvenz getrieben werde, habe Dr. Hoffmeister-Kraut erklärt. Unternehmen müssten aber proaktiv auf die L-Bank zugehen und mögliche Erleichterungen bis hin zu Stundungen und Erlassen beantragen.  

Ebenfalls auf Initiative der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss den Wechsel des externen Anbieters, der für die L-Bank die Bearbeitung der Corona-Hilfsprogramme übernimmt. Wie Dr. Schweickert berichtete, äußerte die FDP/DVP in der Sitzung, der Wechsel zur Jahresmitte sei überraschend erfolgt, was Fragen nach den Hintergründen aufwerfe. Zudem gebe es Hinweise darauf, dass der Wechsel in der ersten Juli-Woche zu Verzögerungen bei der Fallbearbeitung geführt habe. 

Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärten Vertreterinnen und Vertreter von L-Bank und Ministerium, der Anbieterwechsel sei rechtskonform erfolgt. Der Vertrag mit dem vorherigen Auftragnehmer sei ausgelaufen. Deshalb habe man europaweit neu ausgeschrieben. Das Beschwerdemanagement habe im Zuge des Wechsels keine Auffälligkeiten gezeigt. 

Wie Dr. Schweickert bestätigte, bewilligte der Ausschuss eine weitere Finanzhilfe in Höhe von 526.150,00 Euro für die KI-Stiftung gGmbH Heilbronn (Innovation Park AI/Ipai) für das Vorhaben Reallabore Wohlgelegen. In den Reallaboren sollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, Start-ups und Forschungs- sowie Hochschuleinrichtungen an den Künstliche-Intelligenz-Standort Heilbronn andocken können. Auch ein Besucherzentrum soll im Umfeld der Reallabore entstehen. 

Große Einigkeit bestand nach einer intensiv geführten Diskussion im Ausschuss letztlich beim Tagesordnungspunkt „Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten zur Einrichtung der Plattform ‚Strategische Technologien für Europa‘ (STEP)“. Entgegen der sonstigen Gepflogenheiten formulierte der Wirtschaftsausschuss auf Anregung der CDU-Fraktion einstimmig eine dringende Bitte an den federführenden Europaausschuss. Dieser solle sich dafür einsetzen, dass auch Baden-Württemberg von EU-Förderprogrammen profitieren könne und selbst stärker fördern dürfe, berichtete Dr. Schweickert. Aktuell sei dies vielfach nicht möglich, da Baden-Württemberg im EU-Vergleich wirtschaftlich gesehen überdurchschnittlich stark sei und dadurch keine Unterstützungen erhalte oder geben dürfe. Die neue Plattform werde dieses Regime in der aktuellen Fassung jedoch nicht durchbrechen. Damit würden aber auch weiter nur schwache Regionen unterstützt. Technologiezentren und wirtschaftlich starke Regionen wie eben Baden-Württemberg seien bei den aktuell anstehenden Herausforderungen der Transformation deshalb benachteiligt. Die EU müsse es ermöglichen, auch vorhandene Stärken weiter zu fördern und Europa somit insgesamt wettbewerbsfähiger zu machen, beschreibt der Ausschussvorsitzende die Hintergründe.

Weitere Themen im Ausschuss laut Dr. Schweickert: Entwicklung der Verbraucherinsolvenzen im Land; Sachstand der mit 1,9 Millionen Euro geförderten App, die durch Hustengeräusche eine Corona-Infektion erkennen soll sowie die Entwicklung der dualen beruflichen Ausbildung im Land.