Diskussion um Energieversorgung der Zukunft in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 21. Februar 2024, mit der Unterstützung der Wirtschaft und insbesondere der Industrie bei der Erreichung der Klimaneutralität befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Ein weiteres Thema sei die Inanspruchnahme des Bildungszeitgesetzes Baden-Württemberg und die Anerkennung seiner Träger gewesen.
Auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss, wie die Landesregierung Unternehmen bei der Erreichung der Klimaneutralität unterstützt und eine angemessene Stromversorgung sicherstellt. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an die Landesregierung gerichtet und sich unter anderem nach dem Stand der strategischen Planungen in Sachen Kraftwerkspark und Stromerzeugung, Wasserstoffinfrastruktur sowie CO2-Management (Carbon Capture Storage/Use, kurz: CCS und CCU) in Baden-Württemberg erkundigt. Aus der Antwort des zuständigen Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium geht hervor, dass die Landesregierung aufmerksam die strategischen Vorgaben des Bundes und der EU beobachte, die sich teils noch in Vorbereitung befänden. Zugleich stehe die Landesregierung in engem Austausch mit der Wirtschaft, um deren Bedürfnisse zu erkennen.
In diesem Sinne setze sich das Land gegenüber der Bundesregierung beispielsweise dafür ein, das geplante Wasserstoff-Kernnetz von Karlsruhe entlang des Rheins bis zur Schweizer Grenze zu verlängern, so das Umweltministerium in seiner Antwort. Dies werde jedoch vom Bundeswirtschaftsministerium mit dem Hinweis abgelehnt, dafür sei der 2021 aus dem Land gemeldete Bedarf zu gering. Das Land halte mit einer aktuellen landesweiten Erhebung dagegen, derzufolge mit höheren Bedarfen zu rechnen sei als bisher angenommen. Die aktuellen Zahlen bringe die Landesregierung in die bundespolitische Debatte ein mit dem Ziel, die Planung für das Wasserstoff-Kernnetz möglichst noch anzupassen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert kritisierten SPD und FDP/DVP, insbesondere aber auch die CDU, dass für die Planung des Wasserstoff-Kernnetzes 2021 viel zu geringe Bedarfe aus Baden-Württemberg gemeldet worden seien. Es sei bedauerlich, dass die Zuständigkeit für die Energieversorgung in der Hand des Umweltministeriums und nicht beim Wirtschaftsministerium liege, da die Belange der baden-württembergischen Wirtschaft viel stärker berücksichtigt werden müssten, so die CDU. Im Ergebnis würden bis 2032 bundesweit 9.300 Netzkilometer gebaut, davon aber nur 450 Kilometer im Land. Das sei nicht ausreichend und gefährde den hiesigen Industriestandort, kritisierten wiederum die drei Fraktionen der CDU, SPD und FDP/DVP unisono.
Ein Vertreter des Umweltministeriums erwiderte laut Dr. Schweickert, 2021 hätten viele der abgefragten Unternehmen das Thema Wasserstoff noch nicht ausreichend auf dem Schirm gehabt. Daher seien die Bedarfsanmeldungen relativ niedrig ausgefallen. Inzwischen habe sich das geändert. Das Ministerium setze alles daran, damit baden-württembergische Belange im Wasserstoff-Kernnetz besser abgebildet werden. Gelinge dies nicht, müsse man auf einen Ausbau des Kernnetzes ab 2035 drängen.
Mehrere Fraktionen hätten sich dafür ausgesprochen, im Rahmen der vom Bund jüngst vorgelegten Kraftwerksstrategie möglichst viele Kapazitäten nach Baden-Württemberg zu holen, um die Versorgung mit Strom sicherzustellen, so Dr. Schweickert. Die CDU habe betont, das Land dürfe sich nicht damit zufriedengeben, wenn auch in Bayern oder Hessen neue Kraftwerke gebaut werden. Das Land müsse zuerst an sich selbst denken. Die Grünen hätten konträr dazu erklärt, es könne angesichts der hohen Investitionen aber nicht darum gehen, Kraftwerkskapazitäten im Land um jeden Preis aufzubauen.
Auf Antrag der SPD thematisierte der Ausschuss die Inanspruchnahme des Bildungszeitgesetzes Baden-Württemberg sowie das Verfahren, mit dem Bildungsträger sich anerkennen lassen können. Aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass im Land nicht regelmäßig erhoben wird, wie im Südwesten Bildungszeit in Anspruch genommen wird. Das Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg sei aber in der Vergangenheit umfassend evaluiert worden. Laut Evaluationsbericht von 2019 nahmen 2017 rund 53.000 Personen Bildungszeit in Anspruch. Dies entspreche einer Inanspruchnahme von ca. 1,12 Prozent der Anspruchsberechtigten. Im Durchschnitt hätten die Befragten 2017 insgesamt 4,45 Bildungszeittage in Anspruch genommen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden äußerte sich die SPD enttäuscht angesichts der nicht vorliegenden aktuellen Zahlen. Die Landesregierung behandle das Thema stiefmütterlich, habe die SPD erklärt. Die Wirtschaftsministerin habe entgegnet, eine regelmäßige Erhebung sei zu aufwändig. Im Übrigen investiere das Ministerium regelmäßig in Weiterbildungsmaßnahmen. Die FDP kritisierte das Gesetz grundsätzlich und bezeichnete es als überflüssig, die AfD hingegen bewertete es als sinnvoll und notwendig.
Wie Dr. Schweickert weiter erklärte, bewilligte der Ausschuss die Aufstockung zweier bereits genehmigter Finanzhilfen im Rahmen des Förderprogramms IPCEI Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien (IPCEI ME + KT) um insgesamt rund 700.000 Euro.