Enquetekommission “Mittelständische Unternehmen” legt Ergebnisse vor
10-Punkte-Katalog und Rahmenprogramm für die künftige Mittelstandspolitik in Ba-den-Württemberg Stuttgart. Die Enquetekommission “Mittelständische Unternehmen” hat am Montag, 11. Dezember 2000, im Stuttgarter Landtag ihren Abschlussbericht vorgestellt. Die-ser Abschlussbericht, der am kommenden Mittwoch im Plenum beraten wird, bein-haltet einen mehrheitlich beschlossenen 10-Punkte-Katalog zur sofortigen Umset-zung sowie einen Gesamtkatalog von 475 Empfehlungen als Grundlage für ein mittel-fristiges Rahmenprogramm der künftigen Mittelstandspolitik in Baden-Württemberg. Seit März 1999 hat die elfköpfige Kommission, in der alle Fraktionen des Landtags vertre-ten sind, Situation und Chancen der mittelständischen Unternehmen - vor allem der Famili-enunternehmen und Unternehmen unter 50 Beschäftigten - in Baden-Württemberg unter-sucht, Empfehlungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen erarbeitet und nicht zu-letzt über neue Fördermodelle nachgedacht. Damit sollte eine übergreifende Plattform geschaffen werden, die im Spannungsfeld von Strukturwandel, Globalisierung und finan-ziellen Restriktionen in öffentlichen Haushalten um beste praktische Lösungen für den Mittelstand ringt. "Wenn auch in einzelnen Punkten, insbesondere im Bereich der Rahmenbedingungen, unterschiedliche Auffassungen bei den Enquetemitgliedern bestehen, ist es dennoch ge-lungen, in großem Umfang gemeinsame Handlungsempfehlungen zu verabschieden", er-klärte Enquete-Vorsitzende Veronika Netzhammer (CDU) bei der Vorstellung des Berichts. Mit dem rund 600 Seiten starken Bericht, bei dem allein die Handlungsempfehlungen rund 40 Seiten ausmachten, habe die Enquete Maßstäbe gesetzt, an deren Umsetzung sich die Mittelstandspolitik des Landes künftig messen lassen müsse. Zum Untersuchungsgang Seit März 1999 fanden nach Angaben Netzhammers insgesamt 39 Sitzungen statt, davon 25 öffentlich. Die Kommission habe dabei alle wesentlichen Felder der Mittelstandpolitik untersucht. 1. Erster Teil war eine Situationsanalyse mit 70 Sachverständigen aus dem Bereich der Dach- und Fachverbände sowie wissenschaftlichen Einrichtungen im Sommer 1999. 2. In der zweiten Phase wurden im Rahmen von Regionalen Dialogforen in den verschie-denen Wirtschaftsregionen in Baden-Württemberg im Herbst 1999 regionale, insbeson-dere auch grenzüberschreitende Kompetenzprofile unter die Lupe genommen. “Vor allem war uns daran gelegen, einen Dialog mit mittelständischen Unternehmen vor Ort zu führen, um zu erfahren, wo der Schuh am meisten drückt”, so die Vorsitzende der Enquetekommission. "Wir haben diese Reihe mit vier weiteren Regionalen Dialogforen im Jahr 2000 zu den Schwerpunktthemen 'Zukunfts- und Vermarktungskonzepte Land-wirtschaft-Tourismus', 'Kooperationen und Regionale Netzwerke', 'Einsatz von IuK-Technologien' und 'Betriebsübergabe/Nachfolgeplanung' fortgesetzt. Insgesamt waren daran 147 Unternehmen und 76 Wirtschaftsfördereinrichtungen beteiligt." 3. In einer dritten Anhörungsrunde wurden ausgewählte Themen wie z.B. “Erfolgsfaktoren und Besonderheiten von Familienunternehmen”, “Vergabewesen von Land und Kom-munen”, “Ansätze zum Bürokratieabbau”, “mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen” oder “Zukunftskonzepte der Mittelstandsförderung” vertieft und dabei bundesweit und zum Teil auch international best practise-Beispiele zur Mittelstandsförderung und zu den Rahmenbedingungen zusammentragen. Dabei ging es um Zukunftsstrategien für die Mittelstandspolitik in Baden-Württemberg. Insgesamt wurden hierzu 183 Sachver-ständige angehört. 4. Außerdem wurde seit Herbst 1999 eine Umfrage landesweit über Kammer- und Ver-bandszeitschriften sowie das Internet zu den Schwerpunktthemen “Bürokratiebelastun-gen”, “Ausbildung”, “Chancen und Risiken in der Region und Branche”, “Anliegen an Staat und Wirtschaftspolitik”, - insbesondere auch von Familienunternehmen - durch-geführt. Daran haben sich mehr als 1000 mittelständische Unternehmen beteiligt. Die zentralen Ergebnisse Laut Netzhammer hat die Kommission 10 zentrale Handlungsfelder identifiziert: 1. Mittelstandsgerechte Gestaltung der Rahmenbedingungen Kostenbelastungen müssen verringert, Arbeits- und Sozialrecht flexibilisiert und Bürokratiebela-stungen abgebaut werden, um kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) wieder mehr unter-nehmerischen Freiraum zu verschaffen. 2. Kultur der Selbstständigkeit stärken Die Selbständigenquote in Baden-Württemberg liegt unter 10 %. Es gilt, die Be-reit-schaft zum selbstständigen unternehmerischen Tätigsein zu stärken und das darin liegende Leistungspo-tential und Arbeitsplatzangebot aus-zuschöpfen. 3. Kultur der Familienunternehmen stärken - Generationswechsel begleiten Rund 90% der Unternehmen in Baden-Württemberg sind Familienunternehmen. In den näch-sten 5 Jahren stehen etwa 55.000 Betriebsübergaben an. Gefragt sind deshalb interdisziplinäre Beratungs- und Qualifizierungskonzepte, die auf die Situation von Familienunternehmen zuge-schnitten sind und die Betriebsübergabe erleichtern. 4. Weiterentwicklung der Mittelstandsförderung Mehr Ziel- und Strukturgenauigkeit und Prozeßoptimierung der Mittelstandsförderung erscheint nötig. Dies erfordert gezielte Förderansätze zur Bewältigung von Globalisierung und Struktur-wandel für Kleinunternehmen durch Verstärkung der Beratung, netzwerkförmige Unterstüt-zungsstrukturen für die New Economy und die Regionalisierung der Wirtschaftsförderung. 5. Berufliche Aus- und Weiterbildung an Fachkräftebedarf anpassen Die berufliche Ausbildung muss sich den geänderten Anforderungen der mo-der-nen Wirtschaft im Hinblick auf unternehmerische wie soziale Kompeten-zen an-pas-sen. Der lebenslangen Weiterbildung kommt zunehmende Be-deutung zu. 6. Neue Märkte erschließen KMU sind überwiegend lokal und regional tätig. Die Globalisierung erfordert aber auch von ih-nen eine verstärkte überregionale und grenzüberschreitende Tätigkeit sowie die Erschließung neuer Marktchancen, z.B. mit erfolgreichen Nischenstrategien und neuen Kooperationsmodel-len. 7. Mittelstandsgerechte Innovationsförderung stärken Zukunftstechnologien und IuK-Einsatz bieten KMU neue Chancen für Existenzgründung und Wachstum. Notwendig erscheint daher eine verstärkte Einbeziehung von KMU in Zukunftsinve-stitionen und –entwicklungen sowie eine KMUgerechte Innovationsförderung. 8. Neue Chancen für die Landwirtschaft Der Strukturwandel verändert auch die baden-württembergische Landwirt-schaft. In der Bildung von Kooperationen liegen für Betriebe Chancen zur Kostensen-kung und zur Verbesserung der Wettbewerbsposition. Weitere Chancen ergeben sich durch die Verstärkung der privatwirt-schaftlichen Übernahme von Dienstlei-stungen und Anschubfi-nanzierung bei der Erschließung neuer Wirtschaftsfelder. 9. Bessere Finanzierungsmöglichkeiten schaffen Die Eigenkapitalbasis der KMU ist im internationalen Vergleich zu niedrig und gefährdet den Bestand von mittel-ständischen Un-ternehmen. Die Diskussion um eine neue Bewertungsform der Kreditwürdig-keit von Unternehmen (rating) bedeutet gerade für KMU eine Erschwernis und Ver-teuerung der Fremdfinanzierungsmöglichkeiten. Die Eigenkapitalförderung erhält damit ei-nen ver-änderten Stellenwert. 10. Wirtschaftsregionen in Baden-Württemberg stärken und weiterentwickeln Regionale Entwicklungspotentiale sind von entscheidender Bedeutung für wirtschaftliche Ent-wicklung in Baden-Württemberg. Auch die Entwicklung von KMU wird entscheidend vom regio-nalem Umfeld geprägt. Um regionale Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu unterstützen, muss an regionalen Kompetenzprofilen angesetzt werden, um damit die “Stärkung der Stärken” zu erreichen. Zur Kompetenzverstärkung sind Regionale Netzwerke und Kooperationen sowie Clusterbildung Zukunftsstrategien. Zu diesen zentralen Handlungsfeldern habe die Enquete ein umfassendes Mittelstands-konzept und landespolitisch relevante Handlungsempfehlungen vorgelegt, betonte Netz-hammer. Die Enquete lege Wert darauf, dass die Maßnahmen in ein nachhaltiges Umset-zungskonzept mündeten. Daher sei der Gesamtkatalog mit einem Prüfauftrag an die Re-gierung verbunden. In der Umsetzungsphase seien alle Adressaten gleichermaßen gefor-dert. “Wir wollen unbedingt vermeiden, dass unsere Ergebnisse in der Schublade ver-schwinden und in zwei Jahren über eine große Anfrage der Umsetzungsstand abgeprüft werden muß. Wir wollen die Entwicklung eines mittelfristigen Rahmenprogramms mit um-fassender Mittelstandsoffensive erreichen. Diesen Umsetzungsprozess werden wir weiter von politischer Seite begleiten”, sagte Netzhammer. Handlungsempfehlungen im Rahmen des 10-Punkte-Katalogs Die Kommission empfiehlt u.a. im Einzelnen: zu 1. Mittelstandsgerechte Gestaltung der Rahmenbedingungen Steuerliche Erleichterungen und flexiblere Gestaltung des Arbeitsrechts Konsequente Durchsetzung des gesetzlichen Verbots von Verkäufen unter Einstandspreis, Anwendung der Vergaberichtlinien sowie Überwachung und Einhaltung der Subsidiaritätsklausel Bürokratievermeidung und Entbürokratisierung. Dazu sollen Ideen- und Beschwerdemanagment eingerichtet, Bürokratiekosten-TÜV und Standardpranger ausgebaut und besser verzahnt sowie die Ergebnisse evaluiert und die digitale Verwaltungsreform forciert werden. “Das A und O für den Mittelstand sind die Rahmenbedingungen: Wir brauchen günstigere Steuern und weniger Bürokratie und kein überreguliertes Arbeitsrecht, wie der Bundesarbeitsminister Riester es uns präsentieren will”, so Gerd Scheffold, Obmann der CDU in der Enquetekommission. So empfehlen CDU und FDP u.a., die vorgesehene Senkung der Einkommensteuer auf das Jahr 2003 vorzuziehen und die Ökosteuer abzuschaffen. SPD und Grüne betonen dagegen die mittelstandsfreundlichen Komponenten und Entlastungseffekte der Steuerreform und der derzeitigen bundespolitischen Maßnahmen. Die Republikaner drängen darauf, Wettbewerbsverzerrungen für die baden-württembergischen Unternehmen im EU-Binnenmarkt abbauen. “Der reduzierte Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Dienstleistungen muss von Seiten der Bundes- und Landesregierung durchgesetzt werden”, fordert Ulrich Deuschle, Mitglied der Fraktion Die Republikaner in der Enquete. zu 2 Kultur der Selbstständigkeit stärken empfiehlt die Enquete: verstärkte Vermittlung von wirtschaftlichen Themen und Praxisprojekten sowie von unternehmerischen Qualifikationen an Schulen und Hochschulen, z.B. durch das Fach Existenzgründung an Berufsfachschulen oder durch den Ausbau von Existenzgründungsveranstaltungen an den Hoch-schulen als Querschnittsprogramm. zu 3 Kultur der Familienunternehmen stärken – Generationswechsel begleiten empfiehlt die Enquete: Familienunternehmen verstärkt zum Gegenstand von Forschung und Lehre zu machen sowie die Entwicklung interdisziplinärer Qualifizierungs- und Beratungskonzepte und eines Berufsbilds für in der Unternehmensführung tätige Unternehmerfrauen Bündnis 90/Die Grünen fordern darüber hinaus die Einrichtung bzw. Umwidmung eines Lehrstuhls für Familienunternehmen, den Aufbau von Existenzgründerinnenzentren zu fördern und Regionale Gemeinschaftsinitiativen zur Betriebsübergabe. Die Frage der anstehenden Betriebsübergaben sei viel zu wenig im Bewusstsein, so Richard Drautz (FDP/DVP), Stv. Vorsitzender und Berichterstatter zum Thema Existenzgrün-dung – Betriebsübergabe. Dies treffe auf die Berater zu, die oftmals nicht wüssten, dass Betriebsübernahmen ebenso vom Land gefördert würden wie Existenzgründungen. Und auch die betroffenen Unternehmer machten sich zu wenig und oft zu spät Gedanken. Die Politik müsse dem Thema Betriebsübernahme deutlich mehr Aufmerksamkeit widmen und dies ins Bewusstsein der Betroffenen bringen. “Wir wollen nicht nur neu gegründete Unternehmen haben - das ist auch weiterhin sehr wichtig - wir wollen vor allem auch die bereits bestehenden Unternehmen erhalten, wenn Sie eine Zukunft haben. Existenzgründungen und Betriebsübernahmen müssen gleichwertig gefördert werden.” zu 4 Weiterentwicklung der Mittelstandsförderung empfiehlt die Enquete: bei der Konzipierung von Förderprogrammen für mittelständische Unternehmen sich nach der Definition der Europäischen Union zu richten und zwischen Kleinstunterneh-men Die Ziel- und Strukturgenauigkeit der Mittelstandsförderung durch verstärkte Ausrichtung auf Klein- und Kleinstunternehmen, freie Berufe und sonstige Dienstleister zu erhöhen die Bündelung und Transparenz der Förderprogramme auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene sowie die Förderprogramme regelmäßig zu evaluieren und die Evaluationsergebnisse min-destens einmal pro Legislaturperiode im Mittel-standsbericht zu veröffentlichen die Förderung der Existenzfestigung zu verstärken und die bestehenden Möglichkeiten der Förderung der Betriebsübernahme bekannt zu machen. Die Beratung als Schwerpunkt zur Unternehmenssicherung auszubauen und die Existenzgründungsberatung zu sichern das Landesgewerbeamt (LGA) als landesweites Servicecenter weiterzuentwickeln so-wie das Informationszentrum für Existenzgründungen (Ifex) als ständige Einrichtung zu etablieren Bündnis 90/Die Grünen fordern darüber hinaus die Umwandlung des LGA in eine Wirtschaftsfördergesellschaft und eine Weiterentwicklung der Wirtschaftsförderung in den Regionen in Richtung one stop agencies. zu 5 Berufliche Aus- und Weiterbildung an Fachkräftebedarf anpassen empfiehlt die Enquete u.a.: in der Meisterausbildung im Handwerk neben den hand-werklich-technischen Qualifikationen deutlich mehr Wert auf die praxisorientierte betriebswirtschaftliche Ausbildung - inklusive Managementwis-sen und Unterneh-mer-qualifikationen - zu legen die Qualifizierung von Fachkräften in wichtigen Zukunftsfeldern zeitnah umzusetzen und in der schulischen Ausbildung und der beruflichen Weiterbildung die Entwicklung von sozialen Kompetenzen zu fördern die Modernisierung der überbetrieblichen Ausbildungsstätten und deren Weiterentwicklung zu Kompetenzzentren und die Ausstattung der Schulen mit den neuen Medien voranzutreiben und die Lehrer für den Umgang mit den neuen Medien zu schulen “Lebenslanges Lernen ist mehr als ein Schlagwort. Wir brauchen Angebote, die zeitnah, praxisorientiert und computergestützt die ständige Fort- und Weiterbildung nach der Aus-bildung ermöglichen. Dabei gilt es auch eine wichtige Lücke zu schließen: Für Unterneh-merfrauen muss ein eigenständiges Berufsbild entwickelt werden, das es ihnen ermöglicht, sich im Notfall erfolgreich auf dem freien Arbeitsmarkt zu bewerben”, so Veronika Netz-hammer als Berichterstatterin zum Thema Qualifizierung in der Enquete. Es könne nicht sein, dass auf der einen Seite Unternehmen händeringend Fachkräfte suchten und nach der Greencard riefen und es auf der anderen Seite viele ungenügend qualifizierte Arbeitslose im Land gebe. SPD und Grüne fordern darüber hinaus Projekte zum Aufbau regionaler Bildungskooperationen und -netzwerke für KMU sowie die Stärkung der regionalen Arbeitsgemeinschaften für berufliche Fortbildung und der Verbundausbildung. Die Republikaner empfehlen die bessere Ausschöpfung des Fachkräftepotentials von Frauen durch mehr Kindertagesstätten. zu 6 Neue Märkte erschließen empfiehlt die Enquete: die Förderung von Gemeinschaftsständen auf Messen im In- und Ausland und die Kooperationsförderung zu verstärken. Bündnis 90/Die Grünen wollen darüber hinaus verstärkt regionale branchenübergreifende Gemeinschaftskonzepte und -projekte unterstützen. Zu 7 Mittelstandsgerechte Innovationsförderung stärken empfiehlt die Enquete: den Aufbau von Innovations- und Technologiezentren weiter voranzutreiben das C1-Programm als Technologieförderprogramm für den Mittelstand zu stabilisieren und ggf. ergänzende Programme für den Dienstleistungs- und den Softwarebereich zu prüfen die Weiterentwicklung klassischer Branchen durch Zukunftsinvestitionen und die Einbeziehung von Handwerk und Mittelstand in Zukunftsinvestitionen SPD und Grüne fordern zusätzlich, die Verbundforschung zu evaluieren und die Zielgenauigkeit von Unterstützungsmaßnahmen für Forschungskooperationen von KMU zu erhöhen. Um Baden-Württemberg wieder zu einem führenden Mittelstandsland zu machen, sind aus Sicht des Sprechers der SPD in der Enquete, Mario Capezzuto, gerade im Bereich der Technologiepolitik erhebliche Anstrengungen der Landesregierung notwendig, so die unterstützenden Maßnahmen für Forschungskooperationen von kleinen und mittleren Unternehmen mit Forschungseinrichtungen und eine klarere Schwerpunktsetzung der Verbund-forschung mit Fokussierung auf wichtige Zukunftstechnologien, z.B. Umwelttechnologie. zu 8 Neue Chancen für die Landwirtschaft fordert die Enquete u.a.: die Förderprogramme den agrarwirtschaftlichen Strukturen anzupassen, das System der Agrarumweltprogramme und der Vermarktungsförderung den künftigen Herausforderungen anzupassen und besondere Umweltleistungen der Landwirtschaft im Bereich der Landschaftspflege als Dienstleistung für die Gesellschaft zu honorieren Benachteiligungen von Unternehmenskooperationen zu beseitigen und den Abbau europaweiter Wettbewerbsverzerrungen - wie z.B. bei Agrardiesel und bei Heizkosten die Entwicklungsvoraussetzungen zur Erweiterung der wirtschaftlichen Basis in neuen Wirtschaftsfeldern wie z.B. der dezentralen Energieversorgung durch erneuerbare Energien weiter zu verbessern und neue technische Entwicklungen zur Betriebsrationalisierung durch beglei-tende Forschung zu unterstützen (z.B. virtuelles Flächenmanage-ment) Die Aus- und Weiterbildung von Nebenerwerbslandwirten zu verbessern Die Republikaner sehen ihre Erwartungen durch die Reform der EU-Agrarpolitik nicht erfüllt. Stattdessen sei angesichts wachsender Bürokratie und verstärkter Abhängigkeit von staatlichen Ausgleichzahlungen ein grundlegendes Umsteuern nötig. Die Grünen fordern zusätzlich eine Qualifizierungs- und Vermarktungsinitiative Ökolandbau und verstärkte Anreize zur Umstellung auf diese Wirtschaftsform im Rahmen MEKA II. zu 9 Bessere Finanzierungsmöglichkeiten schaffen empfiehlt die Enquete u.a.: Gleichstellung von internem (dem bisherigen Bewertungsverfahren durch die Hausbank ähnlichen) rating und externem ra-ting die Förderinstrumente zur Eigenkapitalbildung zu verstärken und bekannt zu machen Vermittlungsplattformen für Beteiligungskapital auszubauen und Lücken im Beteiligungskapitalmarkt zu schließen sowie den Aufbau eines ergänzenden Börsenein-stiegssegments an der Stuttgarter Börse, das kleinen und mittleren Unternehmen den Einstieg an die Börse und damit die Beschaffung von Eigenkapital erleichtert, zu un-terstützen; vorhandene Modelle des Microlendings auf Übertragbarkeit auf Baden-Württem-berg zu prüfen und ein Pilotprojekt für Existenzgründer in der Vorgründungsphase (Inkubator-mo-delle) zu fördern. Zusätzlich empfehlen SPD und Grüne Zugangsmöglichkeiten zu Kleinkrediten zu verbessern und verstärktes turn-around-management für insolvenzgefährdete Betriebe zu prakti-zieren. Die Republikaner fordern die Gründung einer Ratingagentur des Landes bei der L-Bank und die Öffnung des Beteiligungskapitalmarktes für Pensionsfonds. zu 10 Wirtschaftsregionen in Baden-Württemberg stärken und weiterentwickeln empfiehlt die Enquete: die Clusterbildung in einzelnen Wirtschaftsregionen zu unterstützen neue Formen der regionalen Zusammenarbeit bekannt zu machen und Verbundprojekte vorrangig zu fördern die Planungshoheit für regional bedeutsamen großflächigen Einzelhandel auf Regionen, Regionalverbände oder Regionalzweckverbände zu übertra-gen "Wir haben in Baden-Württemberg Wachstumsregionen und Entwicklungsregionen. Letztere gilt es insbesondere zu entwickeln", erklärte Netzhammer. Die SPD plädiert für die Einrichtung zentraler Anlaufstellen auf regionaler Ebene zur Beratung von Existenzgründern und bestehenden Unternehmen. Bündnis 90/Die Grünen wollen darüber hinaus ein Regionalförderprogramm zur Förderung regionaler Kooperationsprojekte und Standortinitiativen auflegen. "Kooperationen zwischen Unternehmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen und Trä-gern der Wirtschaftsförderung sowie regional verankerten Kreditinstituten sind ein wichti-ger Erfolgsfaktor für den Mittelstand. Wirtschaftsförderung in Baden-Württemberg muss weit mehr als bisher die regionalen Kräfte stärken und bündeln”, so Sabine Schlager, Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen in der Enquete. Empfehlungen zum “Vergabewesen von Land und Kommunen” bereits in der Umsetzung Vorgezogen hatte sich die Enquete mit mittelstandsfreundlichen Rahmenbedingungen im Bereich von “Vergabewesen von Land und Kommunen” intensiv befasst und am 26.Mai 2000 hierzu Handlungsempfehlungen beschlossen und in einem Zwischenbericht am 5.10.2000 dem Landtagsplenum vorgelegt. Wichtigste Ergebnisse waren die Empfehlun-gen zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Verdingungsordnung für Bauleistungen auf öffentliche Unternehmen in privater Rechtsform sowie zur konsequenten Durchsetzung der Vergabeordnungen und des Mittelstandsförderungsgesetzes. Die Umsetzung erfolgt bereits im Rahmen von Gesetzesentwürfen zu Gemeindeordnung und Mittelstandsförderungsgesetz. “Das ist ein großer Erfolg für die Sache des Mittelstandes in Baden-Württemberg, der sich damit künftig auf faire und kapazitätsgerechte Ausschreibungsbe-dingungen bei der volkswirtschaftlich bedeutsamen Vergabe öffentlicher Aufträge stützen kann", sagte die Vorsitzende Veronika Netzhammer abschließend. Weitere Informationen zur Arbeit der Enquetekommission und den Ergebnissen können unter www.landtag-bw.de/mittelstand abgerufen werden. Der Abschlußbericht kann beim Landtag Baden-Württemberg ab Januar als Drucksache oder CD-ROM abgerufen werden.