Europaausschuss im Gespräch mit Botschafterin Descôtes über französische EU-Ratspräsidentschaft
Stuttgart. „Aufschwung, Stärke, Zugehörigkeit“ – So lautet das Motto der französischen EU-Ratspräsidentschaft, die noch bis 30. Juni 2022 andauert. In der Sitzung des Ausschusses für Europa und Internationales am Mittwoch, 4. Mai 2022, hat die Botschafterin der Französischen Republik, Anne-Marie Descôtes, das Programm näher erläutert. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), mitgeteilt. „Es tut uns gut, in diesen schwierigen Zeiten europäische Einigkeit zu zeigen“, betonte Stächele. „Es ist wichtig, dass wir gemeinsam Eintreten für Demokratie und Freiheit.“
Das französische Präsidentschaftsprogramm nennt drei Ziele: Ein souveränes Europa, ein neues europäisches Wachstumsmodell und ein menschliches Europa. Das Programm stellt die Stärkung der strategischen Autonomie der EU in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten. „Die Relevanz dieses roten Fadens, die Stärkung der europäischen Souveränität in sämtlichen Bereichen, ist durch den 24. Februar aktueller denn je“, so die Botschafterin. Dies soll erreicht werden etwa durch die Stärkung des Schengen-Raums, den Schutz seiner Grenzen, die Steuerung der Migration und eine verbesserte Asylpolitik, unter Wahrung seiner Werte und seiner internationalen Verpflichtungen. Die derzeitige Migrationskrise sei die größte seit Beendigung des Zweiten Weltkriegs, vier Millionen Flüchtlinge seien bislang in die EU geflohen, legte Descôtes dar. Die EU zeige ein großes Maß an Kooperation, dennoch müsse an dauerhaften Lösungen, einem Migrationskonzept, gearbeitet werden. Die Botschafterin ging auch auf die Ernährungskrise ein und sie hob hervor: „Landwirtschaftliche Erzeugnisse dürfen nicht zur Kriegswaffe werden.“ Der Ukraine-Krieg habe zudem unsere Energieabhängigkeit von Russland deutlich gemacht. Alle Nationen müssten dafür gewonnen werden, klimaneutral zu werden.
Auch soll es ein stärkeres und handlungsfähigeres Europa in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung geben. Ebenso sollen Initiativen gestartet werden für den Wohlstand und die Stabilität der Nachbarschaft der EU, insbesondere etwa durch das Engagement im Westlichen Balkan. Im Juni soll eine Konferenz über den Westbalkan stattfinden, die die Vertiefung konkreter Kooperationsmöglichkeiten fördern soll.
Die französische Ratspräsidentschaft setzt sich auch für eine EU ein, die den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas Gehör schenkt, die die Rechtsstaatlichkeit verteidigt und ihren Werten treu bleibt. „Wir wollen der EU ein menschlicheres Gesicht geben“, sagte die Botschafterin. Als Co-Vorsitz im Exekutivausschuss will sich Frankreich aktiv in die Zukunftskonferenz einbringen und sich dafür einsetzen, dass sich die Ergebnisse der Konferenz auf die Empfehlungen der Bürgerpanels, aus der Zivilgesellschaft und der nationalen Parlamente stützen. Wichtig ist Frankreich in diesem Zusammenhang, dass die Ergebnisse künftige Handlungsprioritäten der EU definieren, am besten, indem konkrete Maßnahmen benannt werden.
„Sie haben uns heute zukunftsweisende, ambitionierte Prioritäten vorgestellt“, sagte Vorsitzender Willi Stächele. „Die Achse Berlin – Paris ist gerade im Hinblick auf den schrecklichen Krieg existenziell für eine neue europäische Friedensordnung“, so Stächele weiter und abschließend. „Ich appelliere daran, dass wir uns in der Nachbarschaftsbeziehung Baden-Württemberg-Frankreich konkret vor Ort bewähren.“