Europaausschuss im Gespräch mit dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Frankreich und Monaco
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 3. Dezember 2025, in einem Gespräch mit dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Frankreich und Monaco, Stephan Steinlein, ausgetauscht. Das hat der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt. „Baden-Württemberg hat eine besondere Beziehung zu Frankreich. Deshalb ist es für uns eine besondere Ehre, dass Sie als profunder Kenner internationaler Beziehungen unser Land und auch unseren Ausschuss besuchen. Der Europaausschuss versucht immer, das europäische Bewusstsein zu stärken, im Parlament und auch darüber hinaus“, betonte Stächele.
Stephan Steinlein dankte dem Gremium für sein europapolitisches Engagement. Er skizzierte dann die innenpolitisch schwierige Situation in Frankreich, die seit der Neuwahlentscheidung eingetreten sei. Es gebe keine Mehrheit mehr in der Nationalversammlung, deshalb gestalte sich die Aufstellung des Haushalts 2026 sehr schwierig. Ob es eine Einigung gebe sei völlig offen. Steinlein bezeichnete die aktuelle Situation als „tiefste Krise in der V. Republik“. Es sei auch eine Krise des Systems. Präsident Macrons Beliebtheitswerte seien auf einem Tiefstand, die Verschuldung sehr hoch, eine „Krise der Staatsfinanzen“. Die Parteien der Mitte hätten Angst vor Neuwahlen, was vielleicht doch einen Kompromiss zum Haushalt 2026 begünstige. Gesellschaftswahlen stünden für 2027 an, die Kommunalwahlen bereits im Frühjahr 2026. Steinlein führte aus, dass vom Ausgang der Kommunalwahlen die Besetzung des Senats abhänge. Auch wenn der Ausgang völlig offen sei, bliebe Frankreich handlungsfähig, da das Land über starke Institutionen und einen starken Beamtenapparat verfüge.
Für das deutsch-französische Verhältnis habe diese zunächst nichts zu bedeuten. Unabhängig zur weiteren innerpolitischen Entwicklung sollten Deutschland und Frankreich Strukturen schaffen, für ein starkes deutsch-französisches Paar, für eine pro-europäische Politik. Die Mehrheit der Franzosen ist weiter pro-europäisch und diese pro-europäischen Kräfte müssten weiter gestärkt werden. Der internationale Druck von außen sei ein militärischer, ausgehend vom Aggressorstaat Russland. Es gebe aber auch einen handelspolitischen Druck, etwa durch die Zollpolitik von Donald Trump.
Der Bundeskanzler habe zu Beginn seines Mandats ein klares Bekenntnis zu Frankreich und zu Europa abgegeben. So habe es im August einen deutsch-französischen Ministerrat in Toulon gegeben, wo viele Minister miteinander gearbeitet hätten, um eine Agenda aufzusetzen. Es seien die Weichen gestellt worden, um sich künftig im Vorfeld Brüsseler Entscheidungen noch besser gemeinsam abzustimmen in der Europapolitik. In der Agenda wurde festgeschrieben, die bilateralen Beziehungen zu stärken sowie die Zusammenarbeit in Bereichen wie Wirtschaft, Energie, Digitalisierung, Verteidigung und Außenpolitik zu konzentrieren. Es seien Initiativen zur Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, zum Ausbau grenzüberschreitender Energieinfrastruktur und zur Intensivierung der Forschung in innovativen Technologien beschlossen worden. Wenn Deutschland und Frankreich gemeinsam auftreten, gehe etwas voran, so der Botschafter.
Steinlein streifte auch kurz die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, da sie für Baden-Württemberg besonders wichtig sei. Ziel sei, die grenzüberschreitende Mobilität zu stärken, den Zugang zu Gesundheitsversorgung zu verbessern und die Entsendung von Arbeitnehmern zu vereinfachen. Auch solle die Zusammenarbeit im nationalen Zivilschutz verstärkt werden.
Im Europaausschuss ist der Austausch mit dem Botschafter fraktionsübergreifend begrüßt worden, so Vorsitzender Stächele. Es habe noch zahlreiche Fragen etwa zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, zur Weltraumforschung, zur NATO, zur Wasserstoff-Pipeline und zur militärischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich sowie zu Wehrpflicht und Rüstungszusammenarbeit gegeben. Staatssekretär Haßler hatte kurz die Partnerschaftskonzeption Baden-Württemberg – Frankreich vorgestellt, für die sich der Botschafter bedankte. Steinlein schloss seine Ausführungen mit den Worten: „Denkt europäisch.“
Vor der Ausschusssitzung war Stephan Steinlein von Landtagspräsidentin Muhterem Aras begrüßt und zu einem Gespräch in ihrem Dienstzimmer empfangen worden. Nach zahlreichen beruflichen Stationen im gehobenen Dienst der deutschen Politik – zuletzt als Staatssekretär und Chef des Bundespräsidialamtes bis 2022 - amtiert Stephan Steinlein seit August 2023 als Deutscher Botschafter in Paris.