Europaausschuss informiert sich über grenzüberschreitende Themen
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 28. Februar 2024, Gesprächspartner zu verschiedenen Themen zu Gast gehabt. Wie der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt hat, informierte etwa Staatssekretär Dr. Patrick Rapp über die Entsenderichtlinie, Staatssekretär Volker Schebesta über die Situation des Französischunterrichts am Oberrhein und die Regierungspräsidentin des Regierungsbezirks Karlsruhe Sylvia M. Felder über die Präsidentschaft der deutsch-französisch-schweizerischen Oberrheinkonferenz (ORK). „Für den Europaausschuss ist es wichtig, sich mit Themen zu beschäftigen, die unmittelbar unsere nachbarschaftlichen Beziehungen betreffen“, sagte Stächele.
Die ORK verbindet Regierungs- und Verwaltungsbehörden auf regionaler Ebene und bildet den institutionellen Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Wie Regierungspräsidentin Felder darlegte, besteht die ORK aus zwölf Arbeitsgruppen, nahezu 40 Expertenausschüssen und rund 500 Mitarbeitenden aus regional zuständigen Verwaltungen. Das Jahr 2024, indem Baden-Württemberg die Präsidentschaft innehat, steht unter dem Motto „Gemeinsam nachhaltig verwalten, um unsere Zukunft am Oberrhein zu gestalten“. Folgende gemeinsame Prioritäten wurden Felder zufolge festgelegt: 1. Wirtschaftsstandort Grenzregion stärken, 2. Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Krisenmanagement und Katastrophenschutz, 3. Gemeinsam den klimatischen Herausforderungen begegnen, 4. Regionale Verwaltungszusammenarbeit festigen und 5. Kontinuität in der langjährigen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Oberrhein. „Wir beschäftigen uns mit Themen, die die Menschen in der Region betreffen. Es sind für sie Alltagsprobleme, die gelöst werden müssen“, so Felder. Willi Stächele bedankte sich für das große Engagement.
Staatssekretär Volker Schebesta informierte das Gremium über die Situation des Französischunterrichts am Oberrhein. „Wir haben das Gefühl, dass das noch nicht richtig funktioniert“, gab Willi Stächele den Eindruck des Ausschusses wieder. Dem Kultusministerium sei es ein wichtiges Anliegen, die Partnersprache Französisch zu fördern, sagte der Staatssekretär. Dabei würden zwei Ziele verfolgt: Möglichst viele Schülerinnen und Schüler in ganz Baden-Württemberg sollen Französischgrundkenntnisse erwerben und es sollen auch speziell die Schülerinnen und Schüler gefördert werden, die ein besonderes Interesse an Frankreich bzw. Französisch haben und leistungsstark sind. Diese Ziele bildeten sich in zwei Maßnahmen ab. Zum einen im Partnerschaftsprojekt DELF scolaire intégré und an den Grundschulen in der Rheinschiene mit DELF prim. Zum anderen gebe es an 18 Gymnasien in Baden-Württemberg die Möglichkeit, neben dem baden-württembergischen Abitur auch das französische Baccalauréat zu erwerben (Abibac).
Wie Schebesta weiter ausführte, lernen aktuell knapp 20 Prozent aller 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler Französisch als erste, zweite oder dritte Fremdsprache. In der Rheinschiene ist in fast allen Schularten im Schuljahr 2021/2022 gegenüber 2016/2017 eine leichte Zunahme der Französischlernenden zu verzeichnen. Entlang des Oberrheins werde als erste Fremdsprache in Klasse 3 und 4 in allen Grundschulen Französisch unterrichtet. Derzeit gebe es neun bilinguale Grundschulen in der Rheinschiene und 18 deutsch-französische Gymnasien in ganz Baden-Württemberg. Schebesta verwies überdies auf die Académie de Strasbourg, die das Ministerium beim gemeinsamen Ziel, die jeweilige Partnersprache und den Austausch zu fördern, unterstütze, etwa durch das neue Projekt deutsch-französische Schülerbotschafterinnen und -botschafter zu gewinnen und zu schulen. „Insbesondere am Oberrhein stärkt der gegenseitige Erwerb der Partnersprache den Zusammenhalt, die Zusammenarbeit und die Vernetzung mit unseren Partnern auf der anderen Seite des Rheins“, bemerkte Schebesta abschließend.
„Viele Unternehmen und Handwerksbetriebe in der Grenzregion stehen vor enormen bürokratischen Herausforderungen, wenn sie ihre Beschäftigten für einen Auftrag nach Frankreich entsenden wollen“, so Staatssekretär Dr. Patrick Rapp in seinem mündlichen Bericht zur Entsenderichtlinie. Um EU-weit den Schutz der Rechte und die Arbeitsbedingungen entsandter Arbeitnehmer sicherzustellen und um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, enthält das EU-Recht eine Reihe verbindlicher Vorschriften für die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen entsandter Arbeitnehmer. Dr. Rapp nannte das aufwendige Anmeldeverfahren und die umfangreichen Dokumentationspflichten als Gründe, die viele Betriebe beim Schritt über die Grenze zögern ließen. Der Verwaltungsaufwand lohne sich nur ab einem gewissen Umsatz, gab Dr. Rapp den Eindruck der Kammern wieder. Im europäischen Binnenmarkt sollte die Dienstleistungserbringung unkompliziert möglich sein, teilte der Staatssekretär die Ansicht der Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund sei eine besondere Regelung für die deutsch-französische Grenzregion sinnvoll, so Dr. Rapp. Im Geiste des Vertrags von Aachen könnte eine spezifische Regelung hier die weitere Integration des gemeinsamen Binnenmarkts befördern. Sogenannte Experimentierklauseln würden gemein als gute Möglichkeit gelten, um auf die besonderen Bedürfnisse von Grenzregionen einzugehen. Vor dem Hintergrund des seit Jahren aktuellen Entsendethemas habe sich das Wirtschaftsministerium dazu entschlossen, für die Drei-Jahres-Periode 2023-25 den Vorsitz in der Arbeitsgruppe „Wirtschaft und Arbeit“ in der Oberrheinkonferenz zu übernehmen, um noch direkteren Einfluss auf die Entscheidungsfindung in den Gremien der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zu haben. „Baden-Württemberg bemüht sich intensiv, Bewegung in die Verhandlungen zu bringen. Wenn Europa in den Grenzregionen nicht funktioniert, wo dann“, bemerkte Vorsitzender Willi Stächele.