Feier zum 50-jährigen Bestehen der Landespressekonferenz

Landtagspräsident Straub: Berichterstattung über Landespolitik ist notwendiger Dienst an der parlamentarischen Demokratie Stuttgart. Der Umgang zwischen Journalisten und Politikern ist fair und partnerschaftlich. Darauf hat Landtagspräsident Peter Straub (CDU) am Montagabend, 9. Februar 2004, im Stuttgarter Landtag beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen der Landespressekonferenz Baden-Württemberg hingewiesen. Die Berichterstattung über landespolitische Themen sei ein notwendiger Dienst an der parlamentarischen Demokratie, so Straub. Im Einzelnen führte der Landtagspräsident aus: >>Dass die Landespressekonferenz ihren 50. Geburtstag nicht etwa im noblen Neuen Schloss oder in der geräumigen Liederhalle feiert, sondern hier, im „kuppellosen“ Landtag von Baden-Württemberg, hat sicher nicht nur pragmatische Gründe. Nein, ohne die LPK vereinnahmen zu wollen – was sie sich sowieso nicht lässt –, deute ich diese Ortswahl als Referenz der landespolitischen Journalisten an das Parlament. Offensichtlich schätzt und pflegt die LPK Nähe zum Landtag. Wohlgemerkt: Nähe verstanden als fein austarierte Distanz, aus der heraus man die Vorgänge im und um das Hohe Haus mit bloßem Auge und Ohr verfolgen, authentisch beschreiben und unter Anwendung der Farbenlehre kommentieren kann. Mit Einseitigkeit oder Parteilichkeit hat Nähe zum Parlament schon deshalb überhaupt nichts gemein, weil dieses Organ doch ein ausgesprochen heterogener Partner ist. Darf man zudem behaupten, der Landtag spiele unter den Partnern der Landespressekonferenz eine besondere Rolle? Ich meine: Ja. • Immerhin betreibt sie hier ihre Geschäftsstelle. • Immerhin prangt an vier Büroräumen des Landtags ein Messingschild mit der Aufschrift „Landespressekonferenz“. • Immerhin befinden sich unter dem Dach des Landtags zwei Hörfunkstudios und ein Arbeitszimmer der dpa. • Immerhin „finden alle ihre Pressekonferenzen im Haus des Landtags statt“, wie es auf der Website der LPK heißt. Oft mehrmals am Tag ist die LPK Gast im Landtag. Darüber sind wir froh. Sie kann im Landtag nicht oft genug präsent sein. Denn nur mit Unterstützung der Massenmedien lässt sich zwischen den Repräsentanten von Legislative und Exekutive auf der einen Seite und der Bevölkerung auf der anderen Seite eine kommunikative Brücke schlagen. Wir als Parlament sind auf die Medien, die in der LPK vertreten sind, als Übermittler angewiesen. Ihr Bild vom Parlament bekommt die Öffentlichkeit größtenteils im Spiegel der Presse, den in erster Linie die LPK vorhält. Eine wahrlich verantwortungsvolle Aufgabe! Ein landesweit einmaliges, LPK-exklusives Feld journalistischer Praxis ist die Berichterstattung aus dem Plenum. In diesem Zusammenhang möchte ich die weit verbreitete Hypothese zurückweisen, die Anwesenheit der Presse verleite die Parlamentarier zu Fensterreden. Das stimmt einfach nicht, im Stuttgarter Landtag schon überhaupt nicht, weil er kein einziges Fenster hat! Vielmehr motiviert eine volle Pressetribüne zu schwungvoller Rede und feurigen Zwischenrufen. Sternstunden des Parlaments wollen wahrgenommen werden! Was nützten leuchtende Momente, wenn die Medien keine Notiz davon nähmen! An Schlagzahl und Umfang der Berichterstattung aus dem Plenum scheiden sich die Geister nicht erst seit heute. Zwischen den Beteiligten wird der Schwarze Peter – damit meine ich nicht mich - gerne hin und her geschoben. Die (1962 eingestellte) Allgemeine Zeitung liefert ein anschauliches Beispiel. Sie berichtet am 29. Juni 1956 über eine einschlägige Diskussion, an der auch das Gründungsmitglied der LPK, Friedrich Treffz-Eichhöfer vom „Mannheimer Morgen“, beteiligt war. Den Vorwurf, die Parlamentsberichterstattung sei zu wenig erschöpfend, parierte Treffz-Eichhöfer mit der lapidaren Bemerkung, es geschehe oft nur im Interesse eines nicht gerade redegewandten, sich häufig wiederholenden Abgeordneten, wenn man nur einen Extrakt seiner Ausführungen bringe. In der gleichen Diskussion meinte der Redakteur der Stuttgarter Zeitung, Dr. W. Gradmann, wenn ein Bericht langweilig sei, dann liege das mitunter auch am Landtag und nicht an der Presse. Der Diskurs endete dann aber versöhnlich mit dem Bekenntnis, dass auf beiden Seiten der Wille zur Zusammenarbeit und das Interesse an einer möglichst großen Publizität der Parlamentsarbeit bestehen. Das Jubiläum der LPK, meine Damen und Herren, ist mir ein willkommener Anlass, feststellen zu können, dass es nicht allein beim Willen zur Zusammenarbeit geblieben ist, sondern dass diese Zusammenarbeit praktiziert wurde und wird. Der Umgang ist fair, ist partnerschaftlich. Unter den Objekten der Begierde rangiert Landespolitik leider nicht an erster Stelle. Das ist ein Faktum, das sich an den entsprechenden Zeilenmengen bzw. Sendezeiten leicht verifizieren lässt. Für den Landtag gelten gar erschwerte Bedingungen, leidet er doch unter föderalen Fehlentwicklungen, steht er doch innerhalb des politischen Systems selbst in Konkurrenz: zur Landesregierung, zum Bundestag, zur Bundesregierung, zu Parteifunktionären. In Zeiten von Urwald-Shows, die ein Millionenpublikum an den Bildschirm fesseln, lassen sich mit der Keule der Quote Argumente für eine mediale Grundversorgung mit Landessthemen leicht erschlagen. Weil aber Landespolitik auf der Quotenjagd fast nie gewinnen kann, muss man ihr, das ist ein notwendiger Dienst an der parlamentarischen Demokratie, ein angemessenes Forum einräumen. Darum, verehrte Mitglieder der LPK, möchte ich Sie dringend bitten: Seien Sie, bleiben Sie in Ihren Redaktionen Anwälte einer qualitativ und quantitativ anspruchsvollen landespolitischen Berichterstattung, einer landespolitischen Grundversorgung. Wirken Sie der Gefahr einer Boulevardisierung oder Marginalisierung der Landespolitik entgegen! Reden Sie einer transparenten, also durchaus auch kritischen Darstellung parlamentarischer Abläufe das Wort. „Denn es gibt auch eine Verdrossenheit aus Unkenntnis, Distanz aufgrund von Intransparenz, Frustration infolge von falschen Idealisierungen“, wie es der Politikwissenschaftler Ulrich Sarcinelli auf einem Kongress 1994 in Kiel auf den Punkt brachte. Ihnen, sehr geehrte Mitglieder der Landespressekonferenz, möchte ich persönlich und im Namen des Landtags zur 50-jährigen Erfolgsgeschichte der LPK sehr herzlich gratulieren. Wir, und damit darf ich für alle Anwesenden sprechen, freuen uns mit Ihnen, feiern mit Ihnen und danken Ihnen für Ihre unverzichtbare Arbeit als bestens organisierte Vierte Gewalt.