Fest der Kunststiftung im Haus des Landtags

Präsident Peter Straub: Ein besonderes Highlight,mit dem sich der Landtag gerne schmückt Stuttgart. Beim Fest der Kunststiftung Baden-Württemberg im Haus des Landtags in Stuttgart am Samstag, 22. September 2001, hielt Landtagspräsident Peter Straub folgendes Grußwort: >>Das Fest der Kunststiftung Baden-Württemberg findet zum vierten Mal statt. Und es ist wieder ein besonderes Highlight, mit dem sich der Landtag gerne schmückt. Zu den Besonderheiten gehört freilich auch: Das Fest der Kunststiftung ist die einzige Veran-staltung im Haus des Landtags, die Eintritt kostet. Und deshalb möchte ich Sie begrüßen und Ihnen für Ihr Kommen danken mit einem zeitlos gültigen Wort, das Goethe einst Faust auf dem Vorgebirg sagen ließ und das lau-tet:"Freiherzige Wohltat wuchert reich". Natürlich feiert sich der Landtag mit diesem Fest auch ein wenig selbst. Denn die Kunststif-tung Baden-Württemberg als anerkannt mustergültiger Weg, jungen Künstlerinnen und Künst-lern die notwendige Starthilfe zu sichern, ist ja vor einem Vierteljahrhundert hier im Landtag mit landestypischem Erfindergeist von einer parlamentarischen Allparteienkoalition ausgetüf-telt worden. In der Kunststiftung Baden-Württemberg zeigt sich also, was politisch möglich ist, wenn alle Kräfte gemeinsam und ohne Futterneid einem Ziel zustreben. Und ich bin si-cher, niemand hätte etwas dagegen, wenn wir Abgeordneten uns hin und wieder davon inspi-rieren ließen, jenseits des Parteienstreits notwendige Innovationen zu realisieren. Vor allem aber darf man die Kunststiftung - angelehnt an Theodor Heuss - als "Modellfall der Möglichkeiten einer Bürgergesellschaft" bezeichnen."Bürgergesellschaft" heißt nämlich nicht, dass sich der Staat aus originären Aufgaben einfach zurückzieht und gesellschaftliches En-gagement als Lückenfüller betrachtet. "Bürgergesellschaft" ist eine intelligente Form des Miteinanders von Bürgern, Wirtschaft und öffentlichen Händen - eine neue Form der Solidargemeinschaft ,
 

  • die materielle und immaterielle Ressourcen erschließt,
  • die öffentlichem Tun eine spezifische Qualität gibt
  • und die so unsere Grundwerte mit Leben erfüllt.


Die Kunststiftung Baden-Württemberg trägt dort zur Sicherung der Freiheit bei, wo die Frei-heit am sensibelsten ist: in der Kunst und Kultur. Die Kunststiftung Baden-Württemberg schafft Freiheitsräume für künstlerisches Wachsen; und sie fördert ein Klima,

  • das einerseits jungen Künstlerinnen und Künstlern zeigt, dass sie nicht weniger Anerken-nung erfahren als junge Wissenschaftler oder Unternehmensgründer,
  • und das andererseits die Bereitschaft von uns allen ausdrückt, Neues zu wagen und sich nicht mit Erworbenem zufrieden zu geben.

Umso mehr dürfen wir uns freuen, dass die Zahl der privaten und öffentlichen Paten der Kunststiftung Baden-Württemberg stetig gestiegen ist. Die Kunststiftung Baden-Württemberg wirbt mit ihrem guten Namen und ihrer anspruchsvol-len, transparenten Mittelverwendung. Die Paten, Spender und Förderer sind keine Sponsoren - die Kunststiftung ermöglicht vielmehr jenes klassische Mäzenatentum, das mit materiellen Mitteln zur geistigen Veränderung der Welt beitragen möchte. Das gilt auch für den Erlös des heutigen Abends. Wir alle dürfen uns daher als Nachfahren des alten Mäzenas fühlen. Und wir zeigen zugleich: Mäzenatentum setzt nicht voraus, ein schwerreicher mittelständischer Unternehmer zu sein. Womit ich die heimische Wirtschaft aber nicht vom Mitmachen dispen-sieren möchte. Im Gegenteil: Die Kunststiftung Baden-Württemberg zu unterstützen ist und bleibt ein hervorragendes Zeugnis von Standorttreue. Meine Damen und Herren, uns muss heute Abend ein Spagat gelingen:
 

  • zwischen einem anspruchsvollen, abwechslungsreichen, farbigen Fest, auf das wir uns gefreut haben,
     
  • und all jenen Gefühlen, die uns seit den barbarischen Terroranschlägen in den USA am Dienstag beherrschen: Entsetzen, Trauer, Beklommenheit, Sorge um die weitere Entwick-lung.

Gleichwohl ist es zweifellos richtig gewesen, gerade das Fest der Kunststiftung nicht zu ver-schieben. Denn es ist nicht nur ein Teil jener Normalität, die uns alle am Leben hält . Es eig-net sich vor allem dazu, das zu tun, was am allernotwendigsten erscheint - nämlich sichtbar zu machen, dass wir die zivilen Werte, für die wir stehen, nicht preisgeben, sondern ent-schlossen bewahren und stärken werden.
Ich wünsche uns - trotz allem - viele heitere Momente am heutigen Abend.