Finanzausschuss befasst sich mit Gebühren für polizeilichen Mehraufwand bei Großveranstaltungen
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. Oktober 2025, mit Gebühren für den polizeilichen Mehraufwand bei kommerziellen Großveranstaltungen befasst. Das Gremium beschloss einstimmig einen Antrag der Fraktionen Grüne und CDU, dass die Landesregierung unter Berücksichtigung der polizeilichen Belange der Stadionallianzen die Schaffung einer entsprechenden gebührenrechtlichen Grundlage prüfen solle. Das teilte der Vorsitzende des Ausschusses, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir, mit.
Nach Angaben des Vorsitzenden umfasst der beschlossene Antrag unter anderem die Aufforderung, die bundesweite Entwicklung hinsichtlich der Einführung von Gebühren für den polizeilichen Mehraufwand bei kommerziellen Großveranstaltungen weiter zu beobachten und zu begleiten und die weitere Entwicklung der Rechtslage in den anderen Ländern zum Polizeikostenersatz bei kommerziellen Großveranstaltungen darzustellen. Außerdem solle die Landesregierung die Übertragbarkeit der Regelung anderer Länder auf Baden-Württemberg bewerten und gegebenenfalls eigene Modelle entwickeln. Bis Juni 2027 solle die Landesregierung dem Ausschuss über die unternommenen Schritte berichten, sagte der Vorsitzende Martin Rivoir.
Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 2025, wonach die Erhebung von Polizeikosten für den Mehraufwand zur Einsatzbewältigung bei Hochrisikospielen durch eine Gebührenregelung grundsätzlich zulässig ist. Vorausgegangen war die Entscheidung Bremens, eine spezifische Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung von Veranstaltern für den polizeilichen Mehraufwand bei gewinnorientierten, erfahrungsgemäß gewaltgeneigten Großveranstaltungen, bei denen mehr als 5.000 Personen zeitgleich teilnehmen werden, zu schaffen.
Der Rechnungshof hat laut Martin Rivoir in seinem Jahresbericht 2025 dem Land empfohlen, eine gebührenrechtliche Grundlage für den Ersatz von Polizeikosten zu schaffen. Ersatzpflichtig sollten Maßnahmen sein, die kommerzielle Großveranstaltungen betreffen und die über das normale Maß von Polizeieinsätzen hinausgehen. In der zugrundeliegenden Prüfung habe sich nach Auffassung des Rechnungshofs gezeigt, dass die Einsatzkosten bei Fußballspielen der drei Profiligen der Männer mit Abstand am höchsten seien. Bei anderen kommerziellen Großveranstaltungen wie Konzerten, Leichtathletikveranstaltungen oder Handballspielen fielen deutlich geringere Kosten an.
Die Landesregierung habe auf die Empfehlung geantwortet, dass sie als Annexkompetenz zum Gefahrenabwehrrecht eine gebührenrechtliche Regelung zum Polizeikostenersatz bei kommerziellen Großveranstaltungen grundsätzlich schaffen könnte. Eine entsprechende Pflicht lasse sich aus dem Urteil jedoch nicht ableiten. Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit sei grundsätzlich Kernaufgabe des Staates. Für Maßnahmen des Polizeivollzugsdienstes gelte in Baden-Württemberg der Grundsatz der Kostenfreiheit. Das Innenministerium habe in einer Mitteilung an den Landtag im Juli 2025 erklärt, die Einführung einer Rechtsgrundlage zur Erhebung von Gebühren derzeit nicht zu beabsichtigen.
Nach Angaben Rivoirs begründet die Landesregierung ihre Haltung damit, dass mit den Stadionallianzen die Polizei Baden-Württemberg bewiesen habe, dass es mit einer kooperativen Vorgehensweise gelingen könne, den erforderlichen Kräfteansatz zu reduzieren. Aus den vorgelegten Zahlen des Innenministeriums gehe hervor, dass in der Saison 2024/2025 Polizeikosten in Höhe von rund 12,83 Millionen Euro (2023/2024: 13,87 Millionen Euro) angefallen sind. Bei 368 meldepflichtigen Spielen (2023/2024: 348) seien 3,53 Millionen Zuschauer (2023/2024: 3,29 Millionen) registriert worden. Dabei seien 25.532 Kräfte (2023/2024: 27.959) eingesetzt worden, die Zahl der Einsatzstunden habe sich auf 173.871 Stunden (2023/2024: 188.072) belaufen. Durch die Initiierung einer Stadionallianz-Offensive sei es in der Saison 2024/2025 gelungen, trotz der gestiegenen Anzahl von meldepflichtigen Spielen und Zuschauern die erfolgskritischen Zahlen wieder, zum Teil deutlich, zu reduzieren.
Die verbesserte Netzwerkarbeit in den Stadionallianzen sei eine der wichtigsten Errungenschaften der letzten zehn Jahre im Zusammenhang mit der Gewährleistung von Sicherheit bei Fußballspielen. Die möglichen Gebühreneinnahmen wären aus Sicht des Ministeriums für die Polizei nur schwerlich eine Kompensation für eventuell entstehende Sicherheitsrisiken infolge einer zu erwartenden Verschlechterung der guten Zusammenarbeit im Netzwerk. Durch die funktionierende Sicherheitspartnerschaft und die dadurch sinkenden Polizeikosten unterscheide sich die Situation in Baden-Württemberg teilweise stark von den Lagen in anderen Ländern.