Fördersystem des Landes und Agenda der neuen EU-Kommission auf dem Prüfstand
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 15. Januar 2025, mit dem Fördersystem und den Förderprogrammen des Landes und deren Grad der Digitalisierung beschäftigt. Das erklärte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Zudem habe der Ausschuss über mögliche Auswirkungen der Wirtschaftspolitik der neuen EU-Kommission auf den Standort Baden-Württemberg diskutiert.
Noch vor Eintritt in die Tagesordnung der Sitzung im Landtag zeigte sich der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert sehr verwundert, dass das Wirtschaftsministerium einseitig die Entscheidung getroffen hatte, dass neben der von einer Präsenzteilnahme entschuldigten Ministerin bis auf eine Ausnahme auch die Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums der Wirtschaftsausschusssitzung ausschließlich digital beiwohnten sollten. Diese Entscheidung sei nicht nur entgegen der bisherigen Gepflogenheiten, sondern passe auch nicht zum jahrelangen guten und sachorientierten Austausch zwischen dem Wirtschaftsausschuss und dem Wirtschaftsministerium, so der Ausschussvorsitzende. Er kündigte an, dem Thema auf den Grund zu gehen und dies mit der Landtagspräsidentin zu besprechen.
Weiter befasste sich der Ausschuss auf Grundlage von Anträgen der FDP/DVP und der Grünen mit dem Förderwesen im Land. Die Liberalen mahnten in ihrem Antrag angesichts eines „Dickichts an Förderprogrammen“ grundsätzlichen Reformbedarf im Sinne bereits öffentlicher Vorschläge ihrer Fraktion wie des Normenkontrollrats an. Die Grünen fragten in ihrem Antrag nach dem Stand der Digitalisierung bei den Förderprogrammen des Wirtschaftsministeriums und betonten die Bedeutung einer medienbruchfreien Abwicklung vom Antrag über die Mittelfreigabe bis zur Evaluation von Fördermaßnahmen.
Aus den Antworten des Finanzministeriums im Einvernehmen mit weiteren Ministerien geht hervor, dass 2023 insgesamt 292 Förderprogramme ausgewiesen waren. Im Haushaltsjahr 2023 seien für diese Förderprogramme insgesamt 8,4 Milliarden Euro vorgesehen gewesen. Die Aufwendungen für Administration und Organisation der Programme hätten insgesamt 114,8 Millionen Euro betragen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) in der Sitzung, die Landesregierung arbeite stetig daran, die Landesförderprogramme für alle potenziellen Fördernehmenden übersichtlich und verständlich zu gestalten. Dabei messe sie der digitalen Abwicklung große Bedeutung bei. Es gehe darum, die Prozesse zu verschlanken und mehr Empfänger zu erreichen. Noch bestehende Medienbrüche seien auch dem Umstand geschuldet, dass das Land mit Förderdienstleistern zusammenarbeite, die über eigene Software verfügten.
Wie Dr. Schweickert berichtete, kritisierte die FDP/DVP, die Digitalisierung im Förderwesen stehe noch ganz am Anfang. Lediglich zehn Prozent der Programme würden medienbruchfrei abgewickelt. Weniger Programme anzubieten, diese dann aber konsequent digital, sei naheliegend, hätten die Liberalen erklärt, so der Ausschussvorsitzende. Auch die SPD habe geäußert, die „Förderkulisse“ sei zu groß, man könne vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen. Die Grünen hätten erklärt, bei der Digitalisierung gebe es Verbesserungspotenzial. Dies habe das Ministerium aber erkannt und arbeite daran. Die CDU habe ausgeführt, es gelte, mit weniger mehr zu erreichen. Manche Komplexität sei aber auch von der EU vorgegeben.
Wiederum auf Antrag der FDP/DVP diskutierte der Ausschuss über die Wirtschaftspolitik der neuen EU-Kommission und mögliche Folgen für Baden-Württemberg. Das Wirtschaftsministerium betonte in seiner Antwort, es begrüße, dass die Kommission „Von der Leyen II“ sich auf die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, die Sicherung der strategischen Souveränität sowie die ökologische Transformation der europäischen Wirtschaft konzentrieren wolle. Ziel müsse es sein, die wirtschaftliche Dynamik zu fördern und die Innovationskraft zu stärken, damit Unternehmen auch unter verschärften Wettbewerbsbedingungen erfolgreich bleiben können.
Wie Dr. Schweickert berichtete, signalisierten die Grünen in der Sitzung Übereinstimmung mit diesen Zielen. Dagegen hätten Liberale und CDU schwere Bedenken gegen die konkrete Ausgestaltung geäußert. Das De-Facto-Verbrennerverbot, CO2-Flottengrenzwerte und Bürokratie seien Gift für die heimische Wirtschaft, habe die FDP/DVP erklärt und gefordert, die Landesregierung müsse sich in Brüssel entschieden für hiesige Unternehmen einsetzen. Die CDU habe deutlich gewarnt, die EU-Kommission könne nicht wie bisher bürokratische Vorschriften im Akkord erlassen und müsse diesbezüglich die „Reset-Taste“ drücken.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss erneut das ungewollt tragende Engagement des Landes auf der Expo Dubai. Überschrift: „Vier Jahre Expo-Debakel und kein Ende“. Die Wirtschaftsministerin wartete nach Angaben von Dr. Schweickert mit der Neuigkeit auf, dass die Streitwertbeschwerde der Landesregierung erfolgreich beschieden worden sei. Der Streitwert sei kurz vor Weihnachten von bisher zwölf Millionen Euro auf 1,7 Millionen Euro reduziert worden. Dadurch sänken die vom Land zu tragenden Verfahrenskosten von knapp 500.000 Euro auf 100.000 Euro. Das Land war zuvor mit seiner Schadenersatzklage gegen die einstigen Expo-Partner gescheitert. Gegen das Urteil werde man nicht in Berufung gehen, habe Dr. Hoffmeister-Kraut erklärt.
Beim Antrag der SPD-Fraktion zum Wechsel in der Geschäftsführung von Baden-Württemberg international (BW_i) zeigte sich die Ministerin bei ihren Antworten maximal zurückhaltend, da es sich dabei um eine eigenständige Agentur handle. Selbst bei Fragen der SPD-Fraktion zu Zeitplänen und aktuellem Stand gab die Ministerin keine Auskunft, was bei den Oppositionsfraktionen SPD und FDP/DVP zu großem Unverständnis führte.
Des Weiteren befasste sich der Ausschuss mit Anpassungen am Vergaberecht, der Bedeutung von Handwerksberufen für andere Wirtschaftsbereiche, der Innovationsallianz, der Verpackungsindustrie Baden-Württembergs, Reallaboren, den Start-up BW Acceleratoren, der Einführung einer Versicherungspflicht für Elementarschäden, den potenziellen wirtschaftlichen Folgen eines Kriegs zwischen China und Taiwan und Fragen des Mutterschutzes für Selbstständige.