Gebeutelte Busunternehmen und Störfallkonzept für Stuttgart 21 im Fokus

Stuttgart. Mit der Zukunft der innerstädtischen Gleise der Gäubahn (Stuttgarter Panoramabahn) und möglichen Störfallkonzepten für die stadtnahen Tunnelstrecken im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 hat sich der Ausschuss für Verkehr in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. September 2022, befasst. Ein weiteres Thema neben anderen war nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) die Sicherung des Busverkehrs im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) des Landes vor dem Hintergrund der Energiekrise.  

Mit möglichen Störfallszenarien für den künftigen Bahnknoten Stuttgart und für die für den Regionalverkehr essentielle S-Bahn beschäftigte sich der Verkehrsausschuss auf Antrag der Grünen. Sie wollten wissen, welche Störfallkonzepte für die Tunnelstrecken im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 vorliegen, das für einen reibungslosen Schienenverkehr im Land zentral ist. Dazu richteten sie einen umfangreichen Fragenkatalog an das Verkehrsministerium. Aus den Antworten geht hervor, dass die Deutsche Bahn aktuell noch über keine fertigen Störfallkonzepte verfügt. Diese würden von der Bahn derzeit noch entwickelt.  

Nach Angaben des Ministeriums geht die Bahn davon aus, dass schwere Störfälle auch für die S-Bahn künftig dank des Einsatzes moderner Leit- und Sicherungstechnik (ETCS, European Train Control System) und weiterer technischer Verbesserungen am Bahnknoten Stuttgart nur noch in wenigen Fällen eintreten. Zusätzliche Sicherheit böten laut Bahn ein neuer Gleiswechsel im S-Bahn-Stammtunnel, die neue S-Bahn-Station Mittnachtstraße vor dem Hauptbahnhof und ein neues Gleis in Feuerbach. Dadurch gebe es zusätzliche Möglichkeiten, damit S-Bahnen im Störungsfall wenden können. 

Wie aus der Antwort des Ministeriums hervorgeht, zeigt sich Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) von den Erläuterungen der Bahn nicht überzeugt. Vor dem Ausschuss erklärte der Minister nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos, seinem Haus liege noch kein Störfallkonzept vor. Es gebe aber Gespräche mit der Bahn dazu. Hermann habe bekräftigt, es sei zu befürchten, dass es ab 2025 „keine ausreichenden Kapazitäten“ für die Bewältigung von Störfällen gebe, so Klos. Hintergrund für Hermanns Befürchtungen ist, dass die Bahn 2025 die innerstädtischen Gleise der Gäubahn (Stuttgarter Panoramabahn) dauerhaft vom Streckennetz nehmen will. Die Gäubahn soll später, ab etwa 2035, von Vaihingen kommend über den Flughafen an den Hauptbahnhof angebunden werden. Bisher wird die S-Bahn bei Problemen im Stammtunnel auf die Panoramabahn umgeleitet und kann so die Innenstadt umfahren.

Auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Verkehrsausschuss zudem Alternativen zur Kappung der Gäubahn ab Stuttgart-Vaihingen. Minister Hermann unterstrich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, er setze sich aktiv für einen Weiterbetrieb der Panoramabahn im Interimszeitraum ein. Er habe deshalb einen Faktencheck angeregt, um zu klären, welchen Aufwand dies verursachen würde. Hermann verwies in diesem Kontext auf den jüngsten Beschluss des Lenkungskreises Stuttgart 21, wonach die Panoramabahn dauerhaft weiterbetrieben und während der Zeit der Unterbrechung bis zu einem Interimshalt (Nordhalt) erhalten werden soll.

Auf Antrag der SPD befasste sich der Verkehrsausschuss ferner mit der Idee einer Nahverkehrs-Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof, den die Landesregierung vorgeschlagen hat. Nach Angaben von Klos warf die SPD der Regierung in der Sitzung vor, sie enthalte der Öffentlichkeit Details ihrer Planung vor. Verkehrsminister Hermann wies dies vor dem Gremium zurück. Er verwies auf die im Juni 2021 vorgelegte Machbarkeitsstudie, die weiter gültig sei. Man setze darauf, die Stadt Stuttgart und den Verband Region Stuttgart für das Projekt zu gewinnen. Das Ministerium hatte in seiner Antwort an die SPD betont, es seien für die Ergänzungsstation keine Vorabmaßnahmen erforderlich, die noch während der Realisierung von Stuttgart 21 durchgeführt werden müssten.

Aufgrund von getrennt voneinander gestellten Anträgen von CDU (ein Antrag) und FDP/DVP (zwei Anträge) befasste sich der Verkehrsausschuss zudem mit der Situation des Busverkehrs und insbesondere der privaten Busunternehmen im Land. Aus den Antworten geht hervor, dass das Ministerium den privaten Busunternehmen eine zentrale Bedeutung für den ÖPNV im Land zumisst. Deshalb habe das Land die Unternehmen in den Corona-Jahren 2020 und 2021 mit Ausgleichszahlungen in Millionenhöhe unterstützt. Insgesamt 424,5 Millionen Euro seien an private und öffentliche Verkehrsbetriebe geflossen. Die Hilfen würden angesichts der hohen Energie- und Treibstoffkosten auch 2022 fortgesetzt. Bisher habe die in Bedrängnis geratene Busbranche aus Rettungsschirm-Mitteln 120 Millionen Euro vorab erhalten. Hinzu kämen vorgezogene ÖPNV-Fördermittel in Höhe knapp 60 Millionen Euro. 

Vertreter aller Fraktionen hätten die Unterstützung der Busunternehmen als richtig und wichtig bezeichnet, berichtete der Ausschussvorsitzende. Die Liberalen hätten jedoch gefordert, Minister Hermann müsse eine aktive Rolle bei der Verteilung der Hilfen an die Unternehmen übernehmen. Nach Angabe von Klos widersprach der Minister und erklärte, er habe mit den Städten und Landkreisen vereinbart, dass sie zuständig seien. Er könne sich daher nicht einmischen und sei nicht verantwortlich dafür, dass Hilfen möglicherweise nicht in allen Landkreisen bei den Busunternehmern ankommen. 

Hermann reagierte nach Angaben von Klos in der Sitzung auch auf einen Vorhalt der FDP/DVP, er rufe dem Land zustehende Regionalisierungsmittel des Bundes von mehr als 200 Millionen Euro für den ÖPNV nicht ab. Der Minister habe erwidert, es sei nicht möglich, Mittelbereitstellung durch den Bund und Abrufung des Landes exakt zu synchronisieren. Das liege auch an kaum kalkulierbaren Förderbedarfen der Unternehmen angesichts der aktuellen Krisen. Daher sei es zwingend, den gesamten Zeitraum der Mittelbereitstellung bis 2031 zu betrachten. Noch nicht abgerufene Mittel würden ab 2025 dringend für einen guten ÖPNV gebraucht.