Gesetzlicher Mindestlohn belastet Agrarbetriebe – Landwirtschaftsausschuss warnt vor Verlust regionaler Produktion

Stuttgart. Im Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz wurde am Mittwoch, den 22. Oktober 2025, auf Antrag der Grünen die Entwicklung der Beschäftigung in der Landwirtschaft und die Auswirkungen der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Betriebe diskutiert, wie der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mitteilte. 

Berichtet worden sei, dass die Einführung des Mindestlohns 2015 und dessen Anhebungen seither die Kostenstruktur in der Landwirtschaft erheblich verändert hätten. Besonders betroffen seien arbeitsintensive Sonderkulturen wie Spargel, Erdbeeren und Himbeeren. Laut Ministerium stelle die aktuelle Situation erst den Beginn einer sich in den kommenden Jahren „dramatisch fortsetzenden Entwicklung“ dar, so Hahn.

Hahn berichtete, dass hervorgehoben wurde, dass der Mindestlohn auf Entscheidung der Mindestlohnkommission zum 1. Januar 2026 auf 13,90 Euro und zum 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro steigen soll. Das Ministerium habe betont, dass zwar ein existenzsichernder Lohn notwendig sei, jedoch mehr Gerechtigkeit zwischen Saison- und Ganzjahreskräften geschaffen werden müsse. Saisonarbeitskräfte würden oft keine Sozialabgaben leisten und geringere Lebenshaltungskosten haben. Eine zeitweise Ausnahmeregelung beim Mindestlohn für diese Gruppe sei daher gefordert worden, bis eine Gleichstellung mit regulären Beschäftigten erreicht sei.

Auch von der CDU sei auf Ungerechtigkeiten zwischen Saison- und Ganzjahresarbeitskräften hingewiesen worden. Wenn keine Sonderregelungen geschaffen würden, drohe ein Rückgang der Sonderkulturen, wodurch künftig mehr Lebensmittel importiert werden müssten, die nicht dem Qualitätsstandard Baden-Württembergs entsprächen. Die SPD habe Ausnahmen vom Mindestlohn dagegen als schwierig bezeichnet. Stattdessen sollten andere Entlastungen, etwa bei Nebenkosten, geprüft werden.

Im Bericht des Ministeriums sei erläutert worden, dass der Arbeitszeitbedarf je nach Kultur stark schwanke: Spargel benötige rund 1.500 Stunden je Hektar, Erdbeeren bis zu 1.800 Stunden, Himbeeren bis 5.000 Stunden. Eine deutliche Reduktion durch Technisierung sei kaum möglich. Von der FDP/DVP sei betont worden, dass Investitionen in Erntemaschinen angesichts hoher Anschaffungskosten kaum umsetzbar seien. Nur im Apfelanbau hätten moderne Maschinen den Aufwand leicht verringert, wie das Ministerium Ausführungen Hahns nach berichtete.

Angaben Hahns zufolge wurde vom Ministerium berichtet, dass der Anteil der Lohnkosten an den Erzeugerpreisen nach Branchenangaben bei Spargel derzeit etwa 30 bis 45 Prozent, bei Erdbeeren 40 bis 60 Prozent, im Apfelanbau rund 40 Prozent und im Weinbau bei maschineller Bewirtschaftung etwa 20 Prozent ausmachen würden. Trotz steigender Verbraucherpreise seien die Gewinne vieler Sonderkulturbetriebe gesunken – besonders im Weinbau.

Nach Einschätzungen des Ministeriums könne die geplante Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns dazu führen, dass die Arbeitskosten vor allem bei einfachen manuellen Tätigkeiten wie etwa der Ernte bis 2027 um rund 13,9 Prozent steigen würden, so Hahn. Es sei fraglich, ob diese Kostensteigerungen vollständig an die Verbraucher und Verbraucherinnen weitergegeben werden könnten.

Zudem sei vom Ministerium ein deutlicher Rückgang der Anbauflächen arbeitsintensiver Kulturen aufgezeigt worden: Seit 2015 seien die Flächen für Spargel um 20 Prozent, für Erdbeeren um 30 Prozent und für Heidelbeeren um 10 Prozent geschrumpft. Gleichzeitig hätten Importe stark zugenommen, während der Selbstversorgungsgrad bei Obst im Land auf 31 Prozent (2023/24) gesunken sei.

Nach Einschätzungen der Grünen zeige der Antrag, wie stark Baden-Württemberg als Land der Sonderkulturen betroffen sei. Die steigenden Arbeitskosten hätten unmittelbare Folgen für die Rentabilität landwirtschaftlicher Betriebe, da die Technisierung nicht Schritt halte. Der Preisanstieg im Lebensmittelbereich lasse sich im Wesentlichen auf den höheren Mindestlohn zurückführen. So seien die Erzeugerpreise in Deutschland dem Bericht nach von 2015 bis 2024 bereits um 35 bis 54 Prozent gestiegen – für Beerenobst gar überproportional.

Abschließend sei im Ausschuss gewarnt worden, dass steigende Lohnkosten, Fachkräftemangel und Importdruck die heimische Produktion gefährden könnten. Eine Balance zwischen fairen Löhnen und der Sicherung regionaler Wertschöpfung sei dringend erforderlich, fasste Hahn zusammen.