Gespräche im Landtag mit Vertretern des <br />Bundesverbands mittelständische Wirtschaft
Stuttgart. Zu einem Gespräch mit Abgeordneten aller vier Fraktionen trafen am Mittwochnachmittag, 26. Oktober 2011, Mitglieder des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) zusammen. Begrüßt wurden die rund 30 Verbandsvertreterinnen und -vertreter von Landtagsvizepräsidentin Brigitte Lösch (Grüne). Der Mittelstand brauche vernünftige ordnungspolitische Rahmenbedingungen, die beständig seien, ohne wirtschaftliche Dynamik zu erdrosseln, sagte Lösch. Unter anderem führte sie wörtlich aus: >>Für unsere Alltagsarbeit unter diesem Dach gelten eigene Gesetze – juristisch und im übertragenen Sinn. Konkreter gesagt: Unsere Entscheidungsverfahren, deren Strukturen und deren Dauer verursachen in der Wirtschaft bisweilen Irritationen. Deshalb möchte ich es offensiv ansprechen: Ja, unsere parlamentarische Demokratie funktioniert anders als ein straff durchorganisierter mittelständischer Betrieb. Ein Minister oder selbst ein Ministerpräsident kann nur wenig „par ordre de mufti“ durchsetzen. Wer das verkennt, der riskiert, dass ihm höchstrichterlich ein Verfassungsbruch bescheinigt wird – mit den bekannten Folgen. So banal es klingt: Demokratie heißt, Mal um Mal – oft mühevoll – nach Mehrheiten zu suchen. Natürlich: Die repräsentative Demokratie ist und bleibt das Rückgrat unseres Gemeinwesens. Die wachsende Distanz zwischen demokratischen Institutionen und den Bürgerinnen und Bürgern können wir freilich nicht länger ignorieren. Sie tritt immer häufiger zutage. Und das sollte uns alle beunruhigen. Bürgerinnen und Bürger müssen auch jenseits der Wahltage Gehör finden. Die Demokratie ist nicht dort bedroht, wo sich Menschen einmischen, sondern dort, wo sie sich abwenden von den öffentlichen Angelegenheiten. Mehr Bürgerbeteiligung belebt und stärkt auch die parlamentarische Demokratie. Und darauf kommt es mehr denn je an. Noch einmal: Mir ist klar, Sie, meine Damen und Herren, Sie sehen manches kritisch. Aber Sie werden mir nicht widersprechen, wenn ich betone: Namentlich für den Mittelstand ist es wichtig, dass der demokratische Staat genug Kraft hat, um unsere zentralen ordnungspolitischen Prinzipien durchzusetzen. Uns alle bewegt aktuell nicht nur die Frage, wie stark die Krise an den Kapitalmärkten in Europa und in Amerika auf die Realwirtschaft durchschlägt und die an sich gute Konjunktur beeinträchtigt. Uns ist mulmig, weil die Politik getrieben und machtlos erscheint. Sie kämpft gegen anonyme, im Grunde anarchistische Gegner, die nur eines wollen: Geld kurzfristig spielerisch vermehren. Und sie muss sich endlich aufraffen, dem teils automatisierten, kaum kontrollierbaren Spekulieren – ob mit Rohstoffen, ob gegen Staaten – Einhalt zu gebieten. Wobei selbstverständlich zur Wahrheit gehört: Die sogenannten Finanzmärkte nutzen Chancen, die ihnen die überbordende Staatsverschuldung mancher Länder eröffnet hat. Ich bekenne mich gern dazu, dass der Mittelstand vernünftige ordnungspolitische Rahmenbedingungen braucht. Rahmenbedingungen, die beständig sind, ohne wirtschaftliche Dynamik zu erdrosseln. Beständigkeit darf aber nicht Starrheit bedeuten. Ressourcenschonung, Klimaschutz, nachhaltige Mobilität, Energiewende, demografischer Wandel – bei alledem müssen wir dem Fortschritt die richtige Richtung und das notwendige Tempo geben, und zwar am besten im Dialog mit dem Mittelstand und mit Anreizen, die auf ihn zugeschnitten sind.
Lassen Sie uns in „konzertierten Aktionen“ die sich bietenden Gestaltungschancen nutzen. Betrachten wir zum Beispiel die ökonomischen Folgen des demografischen Wandels. Die sind bedrohlich. Stichwort: Arbeitskräftemangel. Andererseits würden Millionen Frauen gerne mehr arbeiten; sie können es jedoch nicht, weil Kindergartenplätze und hinreichend flexible Arbeitsplätze fehlen. Hier sind Politik und Wirtschaft gefordert.