Grußwort der Stellv. Landtagspräsidentin bei der Verleihfeier „EUREGIO-Zertifikate“
Vossschulte: Jugendliche haben durch ihr Praktikum Europa ein Stück weiter zusammenwachsen lassen Stuttgart/Rust. An 267 Absolventen eines mindestens vierwöchigen grenzüberschreitenden Berufspraktikums wurde am Freitag, 26. Oktober 2007, bei einer Feier im Europapark Rust das sogenannte EUREGIO-Zertifikat verliehen. Bei den Geehrten handelt es sich um junge Auszubildende sowie Schülerinnen und Schüler berufsbildender Schulen aus der gesamten Oberrheinregion. Das Projekt wird sowohl von der Oberrheinkonferenz als auch vom Oberrheinrat unterstützt. Zu den Festrednern der Verleihfeier zählte die Stellvertretende Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, Christa Vossschulte. Sie betonte, die jungen Menschen hätten durch ihr Praktikum Europa ein kleines Stück weiter zusammenwachsen lassen. Im Einzelnen führte Vossschulte aus: >>Ich freue mich, dass die Verleihung der EUREGIO-Zertifikate auch dieses Jahr wieder im Europapark Rust stattfindet, und bedanke mich bei Ihnen, Herr Mack, ausdrücklich dafür, dass Sie erneut Gastgeber dieser wichtigen Veranstaltung sind. Der Europapark hat eine gewaltige Aufbauleistung erbracht; ich war erstaunt, was sich hier in den letzten Jahren alles getan hat. Doch der Europapark ist nicht nur ein erfolgreiches Unternehmen, sondern auch ein wichtiger Arbeitgeber links und rechts des Rheins, gerade auch für Jugendliche und junge Erwachsene. Dieses Engagement verdient höchste Anerkennung. Mein Dank geht auch an die Vertreter der Träger und Organisatoren des Projekts, Herrn Hempelmann vom Regierungspräsidium Karlsruhe und seine elsässischen und nordwestschweizerischen Kolleginnen und Kollegen. Meine Damen und Herren, in den 60er Jahren habe ich einen Teil meines Studiums in London absolviert. Damals war ein solcher Auslandsaufenthalt noch etwas Besonderes. Die Wunden des 2. Weltkriegs waren noch nicht gänzlich verheilt. Nur langsam, aber glücklicherweise stetig, wurde der Feind zum Freund. Die zahlreichen Kontakte und Begegnungen haben entscheidend dazu beigetragen, dass dieser Prozess unumkehrbar wird. Heute ist etwas anderes Gott sei Dank kaum mehr vorstellbar. Mein Aufenthalt hat mir gezeigt, wie wertvoll die persönlichen Begegnungen gerade junger Menschen wie Ihnen in Europa sind. Um einander besser zu verstehen, müssen wir mehr übereinander wissen. Dies wird nicht nur erreicht, indem wir Bücher lesen, sondern dazu brauchen wir auch das persönliche Erleben vor Ort. Ein Praktikum ist hierfür hervorragend geeignet. Im Unterschied zu einer Urlaubsreise bietet ein solcher Aufenthalt die Möglichkeit, in den Alltag des Nachbarn einzutauchen und dessen Lebensweise als Normalität zu erfahren. Dadurch wandelt sich der Blick von außen zur Ansicht von innen und gibt damit neue Dimensionen des Erkennens und des Verstehens frei. Gegenseitiges Verständnis setzt in vielen Fällen ganz banal zuallererst das Verstehen einer fremden Sprache voraus. Nur wenn die Sprache des anderen annähernd beherrscht wird, kann die Verständigung über die Grenze hinweg gelingen. Ich denke, diejenigen von Ihnen, die ihr Praktikum in einem anderen Sprachraum absolviert haben, haben dies gelegentlich wohl auch auf frustrierende Weise erfahren. Insbesondere wenn man in der Schule mit den Fremdsprachen etwas lockerer umgegangen ist, können die ersten Tage im Ausland hart sein: Essen, Einkaufen, Bus fahren – das alles muss erstmal sprachlich bewältigt werden. Darüber hinaus muss man sich einen gewissen Spezialwortschatz, eben die Fachsprache, aneignen, die für das jeweilige Ressort, in dem man tätig ist, notwendig ist. Die ganz praktische berufliche Zusammenarbeit bietet eine einzigartige Möglichkeit, Gemeinsamkeiten zu entdecken, aber auch Unterschiede zu erkennen und zu verstehen. Sie haben bei Ihrer Tätigkeit vielleicht feststellen können, dass im anderen Land anders gearbeitet wird und dass Ihr Gastgeberbetrieb vielleicht ganz anders „tickt“ als Ihr eigener Ausbildungsbetrieb; vornehm ausgedrückt würde man sagen: Es wird eine andere Unternehmensphilosophie gepflegt. Mit diesem neuen und zusätzlich erworbenen Wissen und Verständnis können Sie Ihren Aufenthalt schon als Erfolg verbuchen. Er hat Sie dann nicht nur persönlich vorangebracht, sondern kann sich auch für Ihren Ausbildungsbetrieb und für einen potenziellen künftigen Arbeitgeber auszahlen, der vielleicht rege Geschäftskontakte zu Ihrem Gastland pflegt. Denn viele scheitern in ihrem Bemühen um Erschließung von Märkten im Ausland an kommunikativen Schwierigkeiten, die sich nicht nur mit der fremden Sprache erklären lassen. Mit Mitarbeitern wie Ihnen lässt sich dieses Risiko eher in den Griff bekommen, weil Sie sich in die andere Seite hineinversetzen können. Um es noch einmal vornehm auszudrücken: Sie besitzen interkulturelle Kompetenz. Liebe Auszubildende, liebe Schülerinnen und Schüler, erlauben Sie mir, noch einen etwas größeren Bogen zu schlagen. Sie werden künftig das Zusammenleben der Gemeinschaft bestimmen und gestalten. Dabei wird für Sie das Ausgangspunkt sein, was Sie in den vergangenen Wochen und Monaten erlebt haben. Mit Ihrem Praktikum haben Sie verwirklicht, was wir Politikerinnen und Politiker uns immer für unsere jungen Mitbürgerinnen und Mitbürger wünschen: Sie sind anderen Menschen in Europa von Person zu Person begegnet und haben dadurch die Grenzen in den Hintergrund treten lassen und Europa ein kleines Stück weiter zusammenwachsen lassen. Ich wünsche mir und vor allem Ihnen, dass Sie mit dieser Erfahrung ein Stück Europa so in sich aufgenommen haben, dass Ihre Neugier geworden ist, noch mehr davon nicht nur zu sehen, sondern zu erleben, d. h. sich anzueignen. Europa ist Ihre Zukunft und für diese Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute: Glück, Erfolg und Gottes Segen.