Grußwort von Landtagsvizepräsident Frieder Birzele zum 65. Geburtstag von Horst Bäuerle

Es gilt das gesprochene Wort! Stuttgart. Beim Empfang aus Anlass des 65. Geburtstages von Horst Bäuerle, Landesvorsitzender des Beamtenbundes Baden-Württemberg, hat Landtagsvizepräsident Frieder Birzele (SPD) am 7. Mai 2001 in Stuttgart folgendes Grußwort gehalten: >>Am 17. April 2001 ist der kämpferischste Beamte Baden-Württembergs 65 Jahre geworden. Damit musste er kraft Gesetzes in den Ruhestand treten. Nur als Beamter - wohlgemerkt! Als Vorsitzender des Beamtenbundes Baden-Württemberg, das heißt als geradliniger, hartnäckiger Streiter für die Sache der Beamten und der Anhörigen des Öffentlichen Dienstes bleibt er uns noch über zweieinhalb Jahre - bis Ende 2003 - erhalten. Und seine ungebrochene Streitbarkeit hat er erst vor wenigen Tagen unter Beweis gestellt, nämlich durch das deutliche Wiederholen der alten Forderung, dass Baden-Württemberg, das ja immer und überall Spitze sein möchte, nunmehr wenigstens als vorletztes Bundesland die Altersteilzeit für alle Beamten einführen möge. Mit anderen Worten: Bei Ihnen, verehrter Herr Bäuerle, heißt es: 65 Jahre - und kein bisschen müde! So gesehen, brachte der 17. April 2001 für Sie nicht die große Zäsur, sondern eigentlich bloß ein numerisches Ereignis. Und das wiederum lässt mich die zu Recht lange Reihe der offiziellen Gratulanten mit großer Freude fortsetzen, um Ihnen die herzlichen Glück- und Segenswünsche des Landtags von Baden-Württemberg zu überbringen. II. Wer es als Landesvorsitzender des Beamtenbundes darauf anlegt, so beliebt zu sein, dass ihm alle stets freundlich auf die Schulter klopfen, der macht einen schlechten Job. Die Aufgabe verlangt eine robuste Persönlichkeit, die es versteht, sich geschickt, aber unmissverständlich Achtung zu verschaffen. Der Landesvorsitzende des Beamtenbundes wird dafür gewählt, den vorhandenen Einfluss unerschrocken und konfliktbereit wahrzunehmen - weshalb er sich nicht nur als Moderator verstehen darf. Ihm muss vielmehr eine spezifische Mentalität eigen sein, die umschrieben werden kann mit Arthur Schopenhauers Rat "Hindernisse überwinden ist der Vollgenuss des Daseins" und mit Emanuel Geibels Mahnung "Nur wer verzagend das Steuer loslässt, ist im Sturm verloren". III. Sie, verehrter Herr Bäuerle, haben es oft genug bewiesen, dass Sie Widerstände im Kampf für die als richtig und notwendig erkannten Ziele nicht beeindrucken und schon gar nicht mürbe machen können. Ihnen gelingt dabei jedoch fraglos jene schwierige Gratwanderung, zu der Sie statusbedingt gezwungen sind: Bei aller wortgewaltigen Hartnäckigkeit lassen Sie keinen Zweifel aufkommen an der grundsätzlichen Loyalität gegenüber der Politik und gegenüber uns, den gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter. Und deshalb ist die Hochachtung ungeteilt, die Sie im Landtag von Baden-Württemberg genießen. Man ahnt, wo Sie politisch stehen; und Sie werden gewiss nicht als natürlicher Verbündeter der Opposition wahrgenommen. Wir erleben aber stets aufs Neue, - dass Sie sich streng an der Sache orientieren, - dass Sie höchst verlässlich sind, - und dass Sie unabhängig von Ihrer persönlichen Einstellung alle politischen Richtungen innerhalb Ihrer Organisation vertreten. Unsere Anerkennung gilt deshalb nicht zuletzt der Prägnanz, mit der sich der Beamtenbund Baden-Württemberg - insbesondere in den Anhörungen zu Gesetzentwürfen - gegenüber dem Landtag äußert. Und wir konzedieren durchaus mit einer gewissen Bewunderung, wie Sie immer wieder mit den Qualitäten eines passionierten Schachspielers das politische Gewicht des Beamtenbundes Baden-Württemberg taktisch klug platziert und zudem bestens getimet als Druckkulisse einsetzen. IV. Sie, verehrter Herr Bäuerle, stehen jetzt seit fast zehn Jahren an der Spitze des Beamtenbundes Baden-Württemberg. Rückblickend kann man sagen, dass Sie es schnell und nachhaltig geschafft haben, aus dem Schatten Ihres fast legendären Vorgängers Martin Wurm herauszutreten. Und das in einer Zeit, in der Öffentliche Dienst gravierenden Herausforderungen ausgesetzt war und ist. Natürlich kann man sich eigentlich keine Zeit vorstellen, in der es der Beamtenbund leicht hätte, gewerkschaftliche Forderungen durchzusetzen; dafür sorgen schon die offensichtlich unausrottbaren Stammtisch-Vorturteile gegen DIE Beamten sowie die chronisch leeren öffentlichen Kassen. Globalisierung, Struktur- und Konjunkturkrisen, die Wiedervereinigung und die Aufgabe, den Staat trotzdem finanziell gestaltungsfähig zu erhalten, machten das Geschäft in den neunziger Jahren jedoch besonders schwierig. Gefragt war und ist, was Sie, verehrter Herr Bäuerle, auszeichnet: die rechte Mischung aus Standhaftigkeit, Handlungsbereitschaft und Kompromissfähigkeit: - Standhaftigkeit dort, wo an der Grundstruktur des Öffentlichen Dienstes gerüttelt wird. - Standhaftigkeit dort, wo Sie die Servicequalität für die Bürgerinnen und Bürger oder die Zuverlässigkeit der Daseinsvorsorge gefährdet sehen. - Standhaftigkeit dort, wo Sie befürchten, dass die Beamten als reine Manövriermasse dienen, um Sparziele zu erreichen. - Standhaftigkeit dort, wo den Beamten und den Arbeitnehmern des Öffentlichen Dienstes Effizienzdefizite angelastet werden, die in Wahrheit vom Gesetzgeber oder von Gerichten herrühren. - Handlungsfähigkeit und Kompromissfähigkeit hingegen dort, wo es darum geht, durch einen pragmatischen Reformprozess die Beamtenschaft und den Öffentlichen Dienst für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts fit zu machen und unsere funktionierende, leistungsfähige und leistungswillige Verwaltung als wichtigen Standortvorteil zu stärken. V. Anders gesagt: Ihr Name, verehrter Herr Bäuerle, steht für eine vorbildliche Gewerkschaftsarbeit in einer Welt, in der es mit Feilschen allein nicht mehr getan ist, sondern in der es darauf ankommt, miteinander zukunftsfeste Lösungen zu gestalten. Sie sind also gewiss kein Auslaufmodell. Und ich denke, dass ist mit das Schönste, was man bei einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens am 65. Geburtstag feststellen kann. In diesem Sinne: Alles Gute für den Ruhestand, der noch keiner ist und viel Erfolg bei Ihrer weiteren Arbeit für die öffentlichen Bediensteten und unser Land.