Handwerk soll von Bürokratie entlastet werden 

Stuttgart. Bürokratie und Bürokratiekosten belasten das Handwerk in Baden-Württemberg. Welche Spielräume sieht die Landesregierung, den Betrieben Erleichterung zu verschaffen? Mit dieser Frage hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 9. Februar 2022, beschäftigt. Weitere Themen waren die im Rahmen eines 8-Punkte-Plans angekündigten Corona-Hilfen des Wirtschaftsministeriums sowie die Förderung von Raumfahrt und Künstlicher Intelligenz im Südwesten.    
Mit dem Thema Bürokratie und Bürokratiekosten zu Lasten des Handwerks und insbesondere des Bäckerhandwerks befasste sich der Wirtschaftsausschuss auf Antrag der CDU. Die Christdemokraten verwiesen darin auf den Koalitionsvertrag. Er sieht vor, Bürokratiekosten für den Mittelstand im Umfang von 500 Millionen Euro zu senken und durch Verbesserungen im digitalen Workflow der Verwaltungen weitere Entlastungen für die Unternehmen zu erreichen. Die Antragsteller interessierten sich insbesondere für Optimierungspotenziale, die sich durch eine Vereinfachung und Verschlankung von Regelungen und Formularen sowie durch die Reduktion und Optimierung der Dokumentations-, Nachweis- und Meldepflichten ergeben könnten. Dies kann auch unter Einbeziehung digitaler Werkzeuge geschehen.

Das Wirtschaftsministerium verwies in seiner Antwort auf 60 konkrete Projekte zum Bürokratieabbau, die Ende 2019 aufgelegt worden seien. Darin gehe es etwa um das verständliche Formulieren von Rechtstexten, Antragsvordrucken und Informationen sowie um die Aktualisierung und Zusammenführung von Normen. 

Das Ministerium bezog detailliert Stellung zu bürokratischen Auflagen für Betriebe und private Investoren, die sich beispielsweise aus der Rahmengesetzgebung für einen besseren Klimaschutz ergeben. Nicht immer liege es in der Hand der Landesregierung, Erleichterungen umzusetzen, da häufig der Bundesgesetzgeber zuständig sei. Die Landesregierung bemühe sich aber, Formulare bereitzustellen, die den Aufwand für Betriebe und deren Auftraggeber möglichst minimieren sollen. Das gelte zum Beispiel mit Blick auf die Nachweisformulare für Förderungen nach dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG), die das Umweltministerium vorhält. 

Vertreter aller Fraktionen lobten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) das Ziel, Bürokratie und Bürokratiekosten abzubauen. Wo Bürokratie überhandnehme, sei sie schädlich für die Wirtschaft. CDU und Grüne dankten in diesem Zusammenhang laut Dr. Schweickert dem Normenkontrollrat Baden-Württemberg, der viele Projekte zum Bürokratieabbau vorgeschlagen habe. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut habe das Ziel bekräftigt, Bürokratie mit Hilfe digitaler Techniken abzubauen, berichtete Dr. Schweickert.     

Auf Antrag der FDP/DVP befasste sich der Ausschuss mit den geplanten Corona-Hilfen im Rahmen eines 8-Punkte-Plans, den das Wirtschaftsministerium am 3. Dezember des vergangenen Jahres vorgestellte hatte. Die Liberalen kritisierten, dass der Plan ausschließlich auf den Bund verweise. Bisher gebe es keinen Aufschluss darüber, ob auch das Land tätig werden wolle. Insofern dränge sich der Eindruck auf, dass die am 3. Dezember publizierte Pressemeldung „sehr stark auf öffentliche Wirkung und weniger auf inhaltliche Arbeit“ abziele. Das Ministerium müsse deshalb einen Plan vorlegen, wie das Land selbst aktiv werden wird. Ein diesbezüglicher Antrag der FDP/DVP wurde trotz der Unterstützung der anderen Oppositionsfraktionen von der Ausschussmehrheit aus Grünen und CDU abgelehnt.

Die CDU erwiderte in diesem Zusammenhang, der 8-Punkte-Plan habe vor allem darauf abgezielt, dem Bund zurückzumelden, wie die Lage in Baden-Württemberg sei und worauf man seitens des Bundes bei künftigen Hilfen achten müsse. Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut warf der Opposition eine „selektive Wahrnehmung“ vor, wie der Ausschussvorsitzende schilderte. Das Land leiste deutlich mehr als andere Länder, darüber habe sie im Ausschuss auch immer wieder berichtet. So habe sie auch über Härtefallhilfen berichtet – 200 Anträge seien bisher eingegangen und bereits 120 final bearbeitet.

Ebenfalls auf Antrag der Liberalen befasste sich das Gremium mit den Aktivitäten der Landesregierung in Sachen Raumfahrt. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Ministerium gerichtet. Nach Angaben des Ministeriums beheimatet das Land eine exzellente Forschungslandschaft. Allein an der Universität Stuttgart gebe es aktuell 25 Professuren, die dem Thema Luft- und Raumfahrt zugerechnet werden können. 2020 hätten dort 213 Studierende ihren Master in Luft- und Raumfahrttechnik gemacht. Weitere Lehrstühle gebe es in Ulm, Karlsruhe, Tübingen und Friedrichshafen. 

Das Ministerium erklärte weiter, es unterstütze die baden-württembergische Raumfahrtwirtschaft durch verschiedene Projekte und Maßnahmen. Man setze sich auf allen Ebenen dafür ein, dass die bereits sehr gut aufgestellte hiesige Industrie insbesondere mit seinen vielen ausrüstenden Unternehmen „bestmöglich am wachsenden Markt des New Space partizipieren kann“. Als Beispiel nannte das Ministerium die Förderung des IRAS-Projekts, das eine Massenproduktion von Satelliten anstoßen soll. 

Vertreter aller Fraktionen würdigten den Stellenwert der Raumfahrtindustrie im Land und sagten dem Ministerium ihre Unterstützung zu. Die Liberalen kritisierten allerdings nach Angaben von Dr. Schweickert mit Blick auf die Förderung von Unternehmen, die der Raumfahrtindustrie zuzurechnen sind, dass die entsprechenden Mittel im Landeshaushalt nicht explizit als Mittel für Raumfahrt kenntlich seien. Zudem warfen sie die Frage auf, ob es nicht geboten sei, dem Beispiel anderer Bundesländer zu folgen und im Land einen Luft- und Raumfahrtkoordinatoren einzusetzen sowie ein eigenes Luft- und Raumfahrtprogramm aufzulegen. Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut erklärte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, das Land erarbeite derzeit Eckpunkte einer Raumfahrtinitiative. 

Auf Antrag des SPD befasste sich der Ausschuss mit der Künstlichen Intelligenz in Baden-Württemberg (KI) und insbesondere mit der Frage, warum es neben dem KI-Zentrum Heilbronn zwischenzeitlich einen zweiten KI-Innovationspark in der Region Karlsruhe/Stuttgart/Tübingen geben sollte, wie von den Fraktionen der Grünen und der CDU gemeinsam mit dem Finanzministerium während der Beratungen der Haushaltsstrukturkommission Mitte November per Pressemitteilung angekündigt.

Nach Angaben des Ministeriums habe das Wettbewerbsverfahren zum Innovationspark Künstliche Intelligenz (KI) gezeigt, dass es ein großes Potential im ganzen Land in Sachen KI vorhanden gebe. Das Verfahren habe im Land eine erhöhte Dynamik im Bereich KI ausgelöst, die angesichts des harten internationalen Wettbewerbs in diesem Zukunftsfeld unbedingt genutzt werden sollte. Deshalb habe man entschieden, neben dem im Wettbewerb erfolgreichen Standort Heilbronn als KI-Leuchtturm auch regionale KI-Exzellenzzentren in Karlsruhe, Stuttgart und Tübingen zu unterstützen. Mittel sollen aber demnach auch nach Ulm, Freiburg und auf die Ostalb fließen. 

Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut erklärte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, es sei nie darum gegangen, Heilbronn mit einem zweiten vergleichbaren Standort Konkurrenz zu machen. Die CDU-Fraktion verwies laut Dr. Schweickert darauf, dass der Finanzausschuss bereits am 2. Dezember einer entsprechenden KI-Förderung ohne Gegenstimmen auch in der Breite bei mehreren Enthaltungen zugestimmt habe.  

Weitere Themen in der Sitzung waren unter anderen die Verflechtungen der Wirtschaft von Baden-Württemberg mit China und die Unterstützung des Tourismus durch den zielgerichteten Einsatz von Nutzungsrechten von Sehenswürdigkeiten und Immobilien des Landes Baden-Württemberg im Umfeld von touristisch bedeutenden Standorten.