Innenausschuss berät über Weitergabe von Rechtsanwaltsschreiben an Journalisten 

Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in einer Sondersitzung am Mittwoch, 4. Mai 2022, mit der Weitergabe eines Rechtsanwaltsschreibens des suspendierten Inspekteurs der Polizei an einen Journalisten befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mitteilte, hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Weitergabe des Schreibens verteidigt und als richtig bezeichnet, gleichzeitig jedoch Fehler eingeräumt und sich entschuldigt. Die Oppositionsfraktionen sprachen von einem einzigartigen und unglaublichen Vorgang und warfen dem Innenminister Vertrauensbruch und Verstöße gegen Geheimhaltungsvorschriften vor.

Hintergrund der Debatte ist nach Angaben des Vorsitzenden der Vorwurf gegen den Inspekteur der Polizei, eine jüngere Kollegin bedrängt zu haben. Strobl habe in der Sitzung ausgeführt, Geschädigte könnten darauf vertrauen, dass solchen Vorwürfen unnachgiebig und mit aller Härte nachgegangen werde. Täter würden mit schärfstmöglichen Konsequenzen belegt. Strobl habe in dem Zusammengang von „maximaler Aufklärung und maximaler Transparenz“ gesprochen. Es dürfe nicht der Hauch von Intransparenz und Mauschelei aufkommen oder dass es Vorgänge zu Lasten von Opfern und zu Vorteilen mutmaßlicher Täter gebe. 

Das Anwaltsschreiben habe Strobl nach eigener Aussage in Teilen als „völlig fehl am Platz empfunden“. Er sei irritiert und verwundert gewesen. Es habe nicht der Eindruck entstehen sollen, dass etwas verheimlicht werden solle. Deswegen habe er entschieden, das Schreiben einem Journalisten auf dessen Nachfrage zur redaktionellen Verwendung zur Verfügung zu stellen. Die „Entscheidung zu Transparenz“ sei „absolut richtig gewesen, um Schaden von der Landespolizei abzuwenden und die Integrität zu wahren“. Zugleich habe Strobl ausgeführt, dass sein Haus aus heutiger Sicht anders gehandelt hätte. Es sei nicht alles vollumfänglich transparent gelaufen. Dies sei ein Fehler gewesen, wofür er sich vor dem Ausschuss entschuldige, fasste Hockenberger den Bericht des Ministers zusammen.

Die Oppositionsfraktionen dagegen kritisierten den Innenminister scharf. Laut Hockenberger sprach die SPD-Fraktion von einem Vorgang, der in der 70-jährigen Landesgeschichte fast einmalig sei. Die Fraktion habe dem Innenminister vorgeworfen, das Disziplinarverfahren in Gefahr gebracht zu haben, indem er gegen Vorschriften der Geheimhaltung und des Datenschutzes verstoßen habe. Außerdem habe er mit diesem Vorgang der betroffenen Polizistin einen Bärendienst erwiesen. 

Die FDP/DVP-Fraktion habe den Vorgang als unglaublich bezeichnet und davon gesprochen, das Schreiben „selbstherrlich“ weitergegeben zu haben. Transparenz bedeute, das Verwaltungshandeln öffentlich zu zeigen, jedoch nicht, Teile aus einem Disziplinarverfahren öffentlich zu machen. Die Entschuldigung Strobls reiche nicht aus. SPD und FDP/DVP hätten in der Entscheidung zur Weitergabe außerdem einen schweren Vertrauensbruch erkannt. Wie könnten Beamte nun noch dem Innenminister als oberstem Dienstherrn vertrauen? Auch die AfD-Fraktion habe auf die Pflicht zur Einhaltung von Dienstgeheimnissen hingewiesen, so der Ausschussvorsitzende.

Wie Hockenberger weiter ausführte, habe Strobl die Vorwürfe zurückgewiesen. In diesem Fall liege kein Dienstgeheimnis vor. Aus diesem Grund gebe es bezüglich der Weitergabe des Schreibens auch keinen Grund, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnehme.