Koloniale Vergangenheit im Fokus des Bildungsausschusses
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 8. Mai 2025, mit der Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit im Bildungssystem befasst. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Petra Häffner (Grüne), mitgeteilt. Grundlage war ein Antrag der Fraktion Grüne.
Die Lücken in der Bildung zur kolonialen Vergangenheit sollten geschlossen werden. Darauf hätten sich Grüne und CDU in ihrem Koalitionsvertrag verständigt, wie Häffner ausführte. Eine kritische Aufarbeitung kolonialer Geschichte sei der Landesregierung zufolge essenziell, um Werte wie Toleranz und Vielfalt zu stärken und diskriminierende Strukturen aufzubrechen. Die SPD habe betont, so die Vorsitzende, dass die Schrecken der Kolonialzeit als Schatten in die Gegenwart reichen würden. Dies würde nicht nur die Länder betreffen, die kolonialisiert wurden, sondern auch jene, die kolonialisiert hatten.
Das Bildungsministerium habe Häffner zufolge darüber informiert, dass die Kolonialgeschichte bereits umfänglich und verbindlich in den Bildungsplänen der allgemein-bildenden Schulen verankert sei – mit globalgeschichtlicher Perspektive im Fach Geschichte und pädagogischem Spielraum in weiteren Fächern. Die FDP/DVP habe hingegen eine noch stärkere Gewichtung im Geschichtsunterricht gefordert und erklärt, dass eine Sensibilität bei Schülern auch zu einer Sensibilität der Öffentlichkeit führen würde. Die aktuellen politischen Entwicklungen würden, aus Sicht der Fraktion Grüne, die Relevanz der globalgeschichtlichen Betrachtung umso mehr verdeutlichen.
Wie Häffner berichtete, unterstütze das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) die Schulen bei der Umsetzung der Leitperspektive Bildung für Toleranz und Vielfalt. Dazu zählten unter anderem didaktische Materialien zum Thema Menschenfeindlichkeit, aber auch Beratungs- und Fortbildungsangebote über den Umgang mit (postkolonialem) Rassismus, sexueller Vielfalt, Antisemitismus und anderen herausfordernden Situationen an Schulen. Die Aufarbeitung kolonialer Geschichte sei ein wichtiger Bestandteil des geplanten „Landesaktionsplans gegen Diskriminierung und Rassismus“. Ziel sei es, demokratische und diskriminierungs-kritische Haltungen zu fördern, Zivilcourage zu stärken und durch gezielte Maßnahmen einen ganzheitlichen Bildungsansatz zu ermöglichen.
Zudem sei die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern im Ausschuss besprochen worden. Schulen könnten auf Kooperationen mit Museen, Gedenkstätten und lokalen Einrichtungen zurückgreifen, um koloniale Geschichte kontextualisiert zu vermitteln. Weiter könnten Schulen nach eigenem Ermessen an Programmen und Projekten, wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ teilnehmen. Auch über Projekttage in das Thema einsteigen zu können, sei von den Grünen gelobt worden.
Seit 2018 existiere laut Ausführungen des Ministeriums zudem eine schulische Meldepflicht für antisemitische sowie religiös oder ethnisch motivierte Vorfälle, die 2024 auf Diskriminierung aufgrund sexueller oder geschlechtlicher Identität ausgeweitet wurde.
Die Qualitätssicherung in Schulbüchern wurde nach Angaben Häffners ebenfalls thematisiert. Bücher für relevante Fächer würden vor ihrer Zulassung einem Begutachtungsverfahren unterzogen. Dabei würden unter anderem Fragen zur Darstellung kolonialer Vergangenheit, zur Berücksichtigung multiperspektivischer Ansätze und zur Vermeidung diskriminierender Inhalte durch das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung sensibel überprüft.
Mit der Kampagne #lieberlehramt werde zudem gezielt auf Diversität im Lehrberuf hingearbeitet. Menschen mit internationaler Familiengeschichte seien in der visuellen und inhaltlichen Ausgestaltung der Kampagne ausdrücklich repräsentiert. Ergänzend komme in der Lehrkräfteausbildung der Vermittlung von Querschnittskompetenzen wie Demokratiebildung, Antirassismus und interkultureller Kompetenz eine zentrale Rolle zu, so Häffner abschließend.