Konferenz im Rahmen des Europäischen Jahres der Demokratieerziehung
Birzele: Landtag ist auch Ort politischer Bildung Stuttgart. „Der Landtag ist nicht nur Ort politischer Entscheidungen, sondern ebenfalls Ort politischer Bildung.“ Darauf hat Landtagsvizepräsident Frieder Birzele (SPD) am Montag, 14. November 2005, im Landtag zu Beginn der Konferenz „Demokratie lernen und leben“ hingewiesen. In der vom Kultusministerium veranstalteten Tagung geht es insbesondere um eine Bestandsaufnahme, um den Austausch bewährter Praktiken sowie um Perspektiven von Demokratie- und Menschenrechtserziehung. Vor den rund 120 Konferenzteilnehmern - alle Multiplikatoren aus dem Bereich der politischen Bildung - erläuterte Birzele, welche speziellen Programme und Angebote das Landesparlament zum Zweck der Demokratieerziehung einsetzt. Im Einzelnen führte der Landtagsvizepräsident aus: >>Für Ihre Konferenz „Demokratie lernen und leben“, unter deren Motto das gesamte Jahr der Europäischen Demokratieerziehung steht, haben Sie in der Tat einen geradezu idealen Veranstaltungsort gewählt. Einen Ort, wo Demokratie, genauer gesagt parlamentarische Demokratie, einen originären Platz hat. Ich möchte Sie deshalb hier im Landtag von Baden-Württemberg herzlich willkommen heißen: - hier im Landtag mit seinen demokratisch gewählten Abgeordneten, - hier im Landtag mit seinen demokratisch zustande kommenden Abstimmungen und Beschlüssen, - hier im Landtag mit seinen 70 Wahlkreisen, die in ihrer Vielfalt und Einheit das Land Baden-Württemberg, also eine europäische Modellregion, darstellen. Und was den Landtag als Stätte dieser Konferenz obendrein prädestiniert ist die Tatsache, dass unser Parlament - nicht nur Ort politischer Entscheidungen, - sondern ebenfalls Ort politischer Bildung ist. Lassen Sie mich mit Blick auf das Motto dieser Tagung weniger auf die klassischen parlamentarischen Tätigkeiten des Landtags eingehen als vielmehr auf jene Aufgaben, die letztlich nichts anderem als der Demokratieerziehung dienen: - Zusammenhänge aufzeigen, - Transparenz schaffen, - Glaubwürdigkeit erzeugen, - Vorurteile abbauen, - Verständnis wecken und - Interesse hervorrufen, so lässt sich der Bildungsauftrag des Landtags stichwortartig beschreiben. Mit seinen speziellen Programmen und Angeboten - ob für Erwachsene, Schüler, Jugendliche, Menschen mit Behinderungen oder andere Zielgruppen - will der Landtag konkrete Beiträge zur demokratischen Werteerziehung leisten. Zugegeben, es sind nur kleine, oft mühsame Schritte, die man gehen kann, - und ein unmittelbarer Erfolg lässt sich schwerlich messen. Dennoch, wir müssen und wollen versuchen, unsere Chancen, unsere Möglichkeiten der politischen Bildung, zu nutzen. - Der Landtag ist nicht nur das Herz der Landespolitik, sondern auch zentraler außerschulischer Lernort. Mehr als die Hälfte der insgesamt rund 40.000 Gäste, die jedes Jahr unser Parlament besuchen, sind Schülerinnen und Schüler. Der Landtag von Baden-Württemberg hat vor über 20 Jahren ein besonderes Schulklassenprogramm entwickelt. Die ganz überwiegende Zahl der 20.000 Schülerinnen und Schüler besucht dieses zweistündige Programm. Es ist handlungsorientiert, methodisch abwechslungsreich, interaktiv und didaktisch auf das Abstraktionsniveau der Jugendlichen bis einschließlich der 10. Klasse zugeschnitten. - Elementarer Bestandteil in der Konzeption aller Besuchsprogramme für Schüler ist die direkte Begegnung mit Abgeordneten. Wissen über die Abgeordneten ist – sofern überhaupt vorhanden – fast ausschließlich medial erworben. Hier vor Ort hingegen haben die Jugendlichen Gelegenheit zu einer realen Erfahrung, nämlich zu einem ausführlichen Gespräch mit Landtagsabgeordneten. Die langjährige Erfahrung zeigt deutlich: Vorurteile und Werteinstellungen ändern sich, wenn Schüler die Abgeordneten sozusagen hautnah kennen lernen. - Für die Unterrichtsvorbereitung und –durchführung geben Landtag und Landeszentrale für politische Bildung eine Zeitschrift für die Praxis der politischen Bildung heraus, die über Aufgaben und Arbeitsweise eines Landesparlaments aufklärt. Für die am 26. März 2006 stattfindenden Landtagswahlen ist zudem ein Sonderheft über Wahlen in Baden-Württemberg in Arbeit. Zahlreiche weitere Broschüren des Landtags sowie eine CD-ROM und ein Hörbuch können ebenfalls zum individuellen Lernen oder für Unterrichtszwecke genutzt werden. Schließlich handelt es sich auch bei unserem Internetauftritt um ein E-Government-Portal, nicht zuletzt zum Zwecke der Demokratieerziehung. - Für einen eigenen Blick hinter die Kulissen des Landtags sorgen regelmäßig veranstaltete Lehrerseminare. Die breite Bevölkerung kann diesen Blick an „Tagen der offenen Tür“ wagen. - Der Landtag von Baden-Württemberg hat bereits im Jahre 1957 den „Schülerwettbewerb des Landtags zur Förderung der politischen Bildung“ ins Leben gerufen. Der Wettbewerb richtet sich alljährlich an alle Schülerinnen und Schüler Baden-Württembergs ab der 9. Klasse. Die jungen Menschen werden aufgefordert, sich mit unterschiedlichsten politischen Fragestellungen zu beschäftigen. Dass wir inhaltlich auf dem Zenit der Zeit sind - oder ihr gar voraus – mag folgender Hinweis offenbaren: bereits ein Jahr vor dem offiziellen Europäischen Jahr der Demokratieerziehung hat der Landtag von Baden-Württemberg mit zwei Fragestellungen genau diese Thematik zum Gegenstand des 46. Wettbewerbs gemacht. Die Fragen waren direkt an die Jugendlichen gerichtet und lauteten: „Was tun Jugendliche für die Demokratie?“ und „Wählen – nix für Jugendliche?“ Einzelheiten zu den eingereichten und prämierten Wettbewerbsarbeiten finden Sie in der Broschüre „Schülerwettbewerb – Nachlese 03/04“, zu erhalten am Schriftenstand im Erdgeschoss. - Der Vollständigkeit halber möchte ich noch erwähnen, dass wir im Landtag Jugendparlamente, auch europäische und internationale, schon wiederholt veranstaltet haben.