Kritik an niedriger Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Menschen

Stuttgart. Mit der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. Oktober 2022, befasst. Wie der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) berichtete, zeigte sich die SPD in der Sitzung unzufrieden mit den Bemühungen der Landesregierung, die Beschäftigungsquote zu erhöhen. Bisher spreche nichts für eine Trendumkehr hin zu einer „Willkommenskultur für schwerbehinderte Menschen“ als Mitarbeitende in Ministerien oder Behörden.  

Laut Landtagsbeschluss vom 23. Juni 2022 sollte die Landesregierung bis Ende September berichten, wie die von einer ministeriumsübergreifenden Arbeitsgruppe erarbeiteten Maßnahmen mit dem Ziel, die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung zu erhöhen, bisher umgesetzt worden ist. Nachdem der Bericht dem Landtag fristgerecht zugegangen war, griff ihn nun der Sozialausschuss auf Antrag der SPD auf. 

Der Bericht stellt die Umsetzung der insgesamt 16 erarbeiteten Einzelmaßnahmen für jedes der elf Ministerien sowie für den Landesrechnungshof gesondert dar. Die Maßnahmen betreffen die Information von schwerbehinderten Menschen über Beschäftigungsmöglichkeiten, die Verbesserung der Bewerberlage, die Personalbewirtschaftung, Rechtsfragen im Zusammenhang mit Bewerbungen sowie die bauliche und mediale Barrierefreiheit.

Laut dem Ausschussvorsitzenden Wahl erklärte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) vor dem Gremium, die Bemühungen der Landesregierung für mehr Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen hätten einen „guten Schub“ erfahren. Das zeige auch die Umsetzung der 16 Einzelmaßnahmen durch die Ministerien. Lucha habe etwa darauf verwiesen, dass inzwischen mehrere Ministerien und auch sein Haus einfacher gelagerte Tätigkeiten, die von schwerbehinderten Menschen wahrgenommen werden können, nicht mehr auslagerten, so Wahl. Zudem habe Lucha den geplanten Stellenpool der Landesverwaltung angesprochen, für den das Sozialministerium derzeit ein Konzept erarbeite. Es solle bis Mitte 2023 fertig sein. 

Wie der Ausschussvorsitzende weiter berichtete, habe Lucha mit Blick auf die Beschäftigungsquote von 4,24 Prozent von schwerbehinderten Menschen in der Landesverwaltung im letzten Berichtsjahr 2020 sein Bedauern geäußert. Seit 2015 bereits erfülle die Landesverwaltung die gesetzlich festgelegte Mindestquote von fünf Prozent nicht mehr. Dies habe aber auch demografische Gründe, weil viele langjährig beschäftigte schwerbehinderte Menschen aus den geburtenstarken Jahrgängen die Altersgrenze erreichten und aus der Landesverwaltung ausschieden.     

Die Grünen äußerten sich nach Angaben von Wahl unzufrieden über die Quote von 4,24 Prozent, hätten sich aber zugleich zuversichtlich gezeigt, da nun Prozesse angestoßen worden seien, die bereits greifen würden. Minimalziel müsse es nun sein, die absolute Zahl der neu zugehenden Beschäftigten mit schwerer Behinderung zu erhöhen. Auch die CDU zeigte sich laut Wahl zuversichtlich, dass die Anstrengungen der Landesregierung die Lage verbessern werde.  

Kritik kam nach Angaben des Ausschussvorsitzenden von der Opposition. Die SPD habe erklärt, sie könne keine erfolgversprechenden neuen Ansätze erkennen, die Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Menschen zu erhöhen. Symptomatisch sei, dass der Bericht der Landesregierung auf die behindertengerechte Sanierung von denkmalgeschützten Liegenschaften verweise, obwohl dieser Ansatz bereits seit 2014 verfolgt werde. Insgesamt sei bei den Bemühungen der Landesregierung ein aufsuchender Ansatz zu vermissen, demzufolge die Landesverwaltung aktiv auf Menschen mit schwerer Behinderung zugehen müsse, habe die SPD erklärt, so Wahl. Das Land sei insofern von einer „Willkommenskultur“ für diese Menschen noch weit entfernt.   

FDP und AfD hätten sich ebenfalls angesichts von Beschäftigungsquoten, die in der Landesverwaltung tendenziell in Richtung vier Prozent fielen und hohe Ausgleichszahlungen der öffentlichen Hand nach sich zögen, kritisch geäußert, so der Ausschussvorsitzende. Beide hätten zugleich das Sozialministerium als beispielhaft gelobt, das eine Quote von 8,91 Prozent aufweise.