Kritik an überbordenden Bürokratielasten für Handwerksbetriebe
Stuttgart. Mit der Belastung von Handwerksbetrieben durch Berichtspflichten in Baden-Württemberg hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in der Sitzung am Mittwoch, 26. April 2023, befasst. Ebenfalls im Fokus: die Situation von Einpersonen- und Kleinstunternehmen. „Wir können der Wirtschaft nicht immer wieder neue Steine in den Rucksack packen, sondern müssen dort für Entlastung sorgen, wo es in unserer Macht steht“, erklärte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Auch die Arbeit des Technologiebeauftragten der Wirtschaftsministerin wurde in der Sitzung thematisiert.
Mit der Belastung von Handwerksbetrieben durch Berichtspflichten in Baden-Württemberg befasste sich der Ausschuss auf Antrag der CDU. Sie hatte dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium gerichtet. Aus der Antwort geht hervor, dass Handwerksbetrieben im Land insgesamt 56 statistischen Berichtspflichten unterliegen, die sich ausschließlich aus Bundes- oder EU-Statistiken ergeben. Hinzu kämen eine Reihe von Informations-, Melde-, Dokumentations- und Nachweispflichten aus verschiedenen Rechtsbereichen, darunter beispielsweise Steuern und Zoll, Sozialversicherung, Arbeitsschutz und -sicherheit sowie Datenschutz.
Vertreter aller Fraktionen sprachen sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden in der Sitzung dafür aus, Bürokratielasten abzubauen. Da die Vorgaben meist aus Brüssel oder Berlin kämen, seien dem aus Landessicht aber Grenzen gesetzt, habe es geheißen. Die FDP/DVP forderte die Landesregierung laut Dr. Schweickert anhand eines konkreten Beispiels dazu auf, Betriebe hinsichtlich der Berichtspflichten zu entlasten. So sehe das Bundesgesetz über die Statistik im produzierenden Gewerbe eine Berichtspflicht gemessen an der Kopfzahl der Beschäftigten vor. Das benachteilige Betriebe ab 50 Beschäftigten, wenn sie diesen Schwellenwert nur dadurch überschreiten, dass sie eigentliche Vollzeitstellen aufgrund des Arbeitskräftemangels mit mehreren Teilzeitkräften besetzen müssen. Die Berichtspflicht könne demnach entfallen, wenn statt Köpfen auf Vollzeitäquivalente abgehoben würde, habe die FDP/DVP erklärt.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sagte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden daraufhin in der Sitzung zu, sich im Herbst bei den in Berlin anstehenden Beratungen über das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz entsprechend einzusetzen. Sie habe zugleich betont, dass in den vergangenen zehn Jahren keine neuen Berichtspflichten eingeführt und bestehende Pflichten teils auch vereinfacht worden seien. Es bleibe eine Daueraufgabe, Betriebe von bürokratischen Auflagen zu entlasten.
Ein weiteres Thema in der Sitzung war nach Angaben von Dr. Schweickert auf Initiative der FDP/DVP die Situation von Einpersonen- und Kleinstunternehmen (EKU) im Land. Die Liberalen warfen in ihrem Antrag die Frage auf, ob die Landesregierung die rund 390.000 Kleinstunternehmen mit bis zu neun Beschäftigten in Baden-Württemberg ausreichend berücksichtige. In der Sitzung erklärte sie laut Dr. Schweickert bei Informationen zu Fördermöglichkeiten dränge sich beispielsweise der Eindruck auf, EKU seien nicht im Fokus. Es werde regelmäßig nur auf allgemeine Förderprogramme für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) hingewiesen.
Die CDU habe dem widersprochen, berichtete der Ausschussvorsitzende, ebenso die Wirtschaftsministerin. Man habe EKU ständig im Blick. Dies zeige sich etwa daran, dass sie im Rahmen des entstehenden neuen Masterplans Mittelstand befragt und einbezogen worden seien, erklärte Dr. Hoffmeister-Kraut.
Zudem thematisierte der Ausschuss laut Dr. Schweickert neben weiteren Themen auf Antrag der SPD die Arbeit des inzwischen ausgeschiedenen früheren Technologiebeauftragen der Landesregierung. Die SPD habe in der Sitzung die Sinnhaftigkeit der Beauftragung grundsätzlich in Frage gestellt, dies auch vor dem Hintergrund der verschiedenen anderen Aufgaben des ehemaligen Beauftragten, so der Ausschussvorsitzende. Die AfD habe sich dem angeschlossen, so Dr. Schweickert. Die FDP/DVP habe in diesem Zusammenhang auch an die Expo-Affäre erinnert.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden wiesen CDU und Grüne die Kritik zurück. Es sei richtig, dass sich die Landesregierung in Technologiefragen extern beraten lasse, denn Baden-Württemberg sei ein Hochtechnologieland. Die Wirtschaftsministerin habe sich erfreut gezeigt, zwischenzeitlich mit Prof. Dr. Katharina Hölzle, Leiterin des Instituts für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement an der Universität Stuttgart, eine neue Technologiebeauftragte ernennen zu können, so Dr. Schweickert. Es brauche Technologiesprünge, um aktuelle Herausforderungen mit Blick etwa auf den Klimawandel zu bewältigen. Dafür sei Professor Hölzle die richtige Expertin, die über ein breites Netzwerk verfüge, vom dem das Land profitieren könne, habe die Ministerin erklärt.