Landesparlamente wollen in den europäischen Entscheidungsprozess stärker eingebunden werden
Heiligendamm/Stuttgart. Auch die Landesparlamente sind immer häufiger von Vorhaben der Europäischen Union betroffen. Deshalb wollen sie stärker in den europäischen Entscheidungsprozess eingebunden werden. Aus diesem Grund haben die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente unter Beteiligung des Südtiroler Landtags auf ihrer Konferenz am 16. Juni 2015 in Heiligendamm eine entsprechende – von Baden-Württemberg und Niederösterreich vorbereitete – Erklärung verabschiedet. So soll zwischen einer Delegation der Landtagspräsidenten und dem in dieser Frage zuständigen Ersten Vizepräsidenten der Europäischen Kommission Frans Timmermans eine Unterredung stattfinden. Dies teilte Landtagspräsident Wilfried Klenk (CDU) am Mittwoch, 17. Juni 2015, in Stuttgart mit.
„Wir sind überzeugt“, so Landtagspräsident Klenk, „dass eine stärkere Beteiligung der Landesparlamente an der Subsidiaritätsprüfung, aber auch sonst am Entscheidungsprozess der Europäischen Union zu regionalrelevanten Themen, einen wichtigen Beitrag zur Vermittlung europäischer Politik leistet.“ Die Landesparlamente verfügten über große Bürgernähe und hätten umfangreiche Erfahrungen bei der Vorbereitung und Umsetzung von EU-Recht. Dieses Potenzial werde bisher von der Europäischen Kommission nicht ausreichend genutzt.
„Wir halten es für unverzichtbar, dass die Kompetenzen und besonderen Möglichkeiten regionaler Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis im Interesse einer größeren Akzeptanz und Nachhaltigkeit in die Gestaltung der Politik der Europäischen Union einfließen. Dazu ist es notwendig, die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis so frühzeitig und umfassend wie möglich im Vorfeld von Entscheidungen in die europäischen Informationsflüsse, Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse einzubinden“, zitierte Klenk aus der gemeinsamen Erklärung.
Mit ihrer Erklärung haben die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten Klenk zufolge auf die ablehnende Haltung der Europäischen Kommission reagiert, eine Arbeitsgruppe auf EU-Ebene einzurichten. Die Arbeitsgruppe sollte einen Aktionsplan zur Stärkung der Rolle nicht nur der nationalen, sondern auch der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis auf europäischer Ebene erarbeiten. Diese Forderung habe die deutsche wie auch die österreichische Präsidentenkonferenz übereinstimmend im Herbst vergangenen Jahres erhoben, berichtete Klenk. Die Europäische Kommission wolle demgegenüber an den bestehenden Instrumenten der Zusammenarbeit festhalten und habe den Landtagen empfohlen, ihre Anliegen über ihre jeweilige Vertretung auf föderaler Ebene – in Deutschland den Bundesrat – einzuspeisen.
Laut Klenk haben die Landtagspräsidenten auf ihrer gemeinsamen Konferenz in Heiligendamm nun diesen Weg als unzureichend abgelehnt. „Wir wollen unsere Anliegen in einem direkten Dialog mit der Europäischen Kommission zur Sprache bringen“, betonte Klenk.