Landtagspräsident Stächele erinnert an Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944
Stuttgart. An das genau 67 Jahre zurückliegende Attentat auf Hitler durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Mitverschwörer hat Landtagspräsident Willi Stächele (CDU) zu Beginn der Plenarsitzung am heutigen Mittwoch, 20. Juli 2011, erinnert. „Der 20. Juli 1944 war der tragische Höhepunkt im Aufbäumen gegen die nationalsozialistische Verbrechensherrschaft“, sagte Stächele. Dieses Datum sei deshalb zum Inbegriff des deutschen Widerstands geworden. Weiter führte der Landtagspräsident aus:
>>Gerade wir als Parlament sollten heute unser Tagwerk nicht routinemäßig beginnen, sondern bewusst innehalten und aller gedenken,
- die der braunen Flut aus Propaganda, fehlgeleiteter Begeisterung und missbrauchten Tugenden trotzten und sich nicht der Allgegenwart despotischer Unterdrückung und opportunistischen Gehorsams beugten,
- die vielmehr dank einer außergewöhnlichen persönlichen Stärke ihr individuelles Empfinden für Recht und Gerechtigkeit, für Anstand und Humanität aufrechterhielten oder zu ihm zurückfanden;
- und die dann auch noch die Kraft hatten, ihrem Gewissen tatsächlich zu folgen – ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit, die eigene Freiheit, das eigene Leben.
Durch ihr Urteilsvermögen, ihre Zivilcourage und ihre Bereitschaft zur letzten Konsequenz legten die Frauen und Männer des Widerstands ein Kernstück des ideellen und moralischen Fundaments,
- auf dem unsere Demokratie nach Kriegsende standsicher wiedererrichtet werden konnte
- und von dem aus Deutschland schaffte, was der amerikanische Außenminister Byrnes schon 1946 in seiner legendären Stuttgarter „Rede der Hoffnung“ skizziert hatte – nämlich: schnell auf einen „ehrenvollen Platz unter den freien und friedliebenden Nationen der Welt“ zurückzufinden.
Das Erinnern am 20. Juli will integrieren. Es hat ein übergreifendes Selbstverständnis:
- Wir gedenken also heute nicht allein jener, die den Umsturzversuch vor 67 Jahren geplant und gewagt haben: Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Ludwig Beck, Dietrich Bonhoeffer, Pater Alfred Delp, Carl Friedrich Goerdeler, Julius Leber, Jakob Kaiser, Wilhelm Leuschner, Eugen Bolz – um nur wenige Namen stellvertretend zu nennen für mehr als 5.000 Verhaftete und über 200 Hingerichtete nach dem 20. Juli 1944.
- Wir verneigen uns heute ebenso dezidiert vor den Mitgliedern des „Kreisauer Kreises“ um Helmuth James Graf von Moltke, der „Weißen Rose“ um die Geschwister Scholl, der „Roten Kapelle“ oder des „Freiburger Kreises“. Und wir denken an den einsamen, aber weitblickenden Handwerkergesellen Johann Georg Elser oder an das Leiden und Sterben Rudolf Breitscheids.
Sie alle haben in der schlimmsten Phase unserer Geschichte ethische Maßstäbe gesetzt durch ihren persönlichen Charakter. Ihre Schicksale sind ein Vermächtnis, das uns permanent mahnt:
- Stärkt den Rechtsstaat!
- Unterbindet alle Versuche, rechtsfreie Räume zu schaffen!
- Sorgt dafür, dass das Widerstandsrecht stets im Licht der Geschichte gesehen wird, damit es den Rang behält, den es nach unserer Verfassung hat!
- Zeigt im Großen wie im Kleinen, dass der Staat um des Menschen willen da ist – und nicht der Mensch um des Staates willen!
Es gilt, heute zu erhärten:
- Keine Idee steht über der Würde und der Unverletzlichkeit des Einzelnen.
- Niemand darf totalitär nach dem Menschen greifen und die Herrschaft des Rechts usurpieren.
Diese Prinzipien sind Teil unserer Staatsräson. Unsere Aufgabe ist, das im politischen Alltag deutlich zu machen!