Landtagspräsident Wolf: Auch in schwierigsten Konfliktsituationen muss Diplomatie Vorrang haben
An den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren haben der Landtag und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge am Montag, 4. August 2014, in einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung im Stuttgarter Kunstgebäude erinnert. In seiner Begrüßungsrede nahm Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) Bezug auf die gegenwärtigen weltweiten Krisen und Umbrüche: Auch wenn Konfliktsituationen noch so schwierig und aussichtslos erschienen, müssten diplomatische Lösungen immer Vorrang haben. In diesem Zusammenhang unterstrich Wolf den friedensstiftenden Wert Europas.
Im Jahr 1914 sei Krieg eine politische Handlungsoption gewesen, der man sich schnell bedient habe, führte Wolf aus. „100 Jahre später wissen wir, Frieden bedeutet in Wirklichkeit, dass sich Konfliktparteien darüber verständigen, was sie zukünftig miteinander tun wollen, und zwar in bewusster Abkehr von dem, was sie bisher getan haben.“ Abkehr bedeute, miteinander sozial und ökologisch dauerhaften Wohlstand zu schaffen. Im originären Geist des Miteinanders müsse man auch in schwierigen Phasen redlich Schritt für Schritt Lösungen suchen. Diese Verflechtung stifte Frieden. „Es zählt zur höchsten politischen Verantwortung, über den Einsatz unserer Streitkräfte zu entscheiden“, sagte Wolf. Das habe Deutschland im Vergleich zu „vor 100 Jahren“ zweifellos verinnerlicht.
Mit Blick auf die Ukraine im Sommer 2014 sprach der Landtagspräsident von einer „Datumsgrenze“, die niemand mehr für möglich gehalten habe. Diese verlaufe östlich der Ukraine durch Europa zwischen dem 21. Jahrhundert, das auf Zusammenarbeit und Vernetzung setze, und einem machtpolitischen Denken, das wie aus einer früheren Zeit anmute. „Davor durften und dürfen wir nicht einknicken, weil wir sonst den europäischen Geist verraten würden“, betonte Wolf.
Für eine Demokratie sind laut Wolf zwei Dinge funktionsnotwendig und existenziell: Zum einen eine wirksam ausgeformte Gewaltenteilung. Überall, wo eine Institution Macht ausübe, müsse die Möglichkeit zur Bildung und Ausübung von Gegenmacht vorhanden sein. Zum anderen müsse es jede Parlamentarierin und jeder Parlamentarier als höchste persönliche Pflicht empfinden, der Ersten Staatsgewalt jederzeit und unbedingt Geltung zu verschaffen, sagte der Landtagspräsident.
Im Anschluss an die Rede Wolfs sprach Regierungspräsident Johannes Schmalzl, Vorsitzender des Landesverbands Baden-Württemberg im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, ein Grußwort. Der Freiburger Historiker Prof. Dr. Gerd Krumeich hielt einen Vortrag zum Thema „Auf dem Weg zu einem europäischen Gedenken an den Ersten Weltkrieg“, nachdem von Schülern des Hölderlin-Gymnasiums Nürtingen Feldpostbriefe verlesen wurden. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Blechbläserquintett des Reservistenmusikzugs Ulm unter Leitung von Gerhard Fetzer.