Landtagspräsident Wolf: Baden hat sich durch eine „demokratiegeneigte Staatskunst“ ausgezeichnet
Stuttgart/Baden-Baden. „Bei allen Defiziten und bei aller Notwendigkeit, neue Instrumente der Bürgerbeteiligung zu finden – es gibt erwiesenermaßen kein erfolgreicheres Verfahren als die repräsentative Demokratie, um komplexe Probleme ausgleichend und versöhnlich zu lösen.“ Dies betonte Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) in seiner Rede bei der Matinee „900 Jahre Markgrafen von Baden“ am Freitagvormittag, 11. Mai 2012, im Theater Baden-Baden. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass mit der sogenannten Zweiten Kammer in der badischen Verfassung von 1818 der „Prototyp unserer repräsentativen Demokratie“ geschaffen worden sei.
Baden hat sich laut Wolf durch eine „demokratiegeneigte Staatskunst“ ausgezeichnet. Die Verfassung von 1818 sei eine Innovation gewesen. Sie habe einen Katalog bürgerlicher Rechte enthalten und ein Zweikammern-System geschaffen, das Mitwirkungsmöglichkeiten eröffnet habe. „Das machte Einwohner zu Staatsbürgern!“, so der Landtagspräsident weiter. In der Zweiten Parlamentskammer seien bald hauptsächlich Anhänger freiheitlicher Ideen vertreten gewesen, die – wie nirgends sonst in Deutschland – leidenschaftlich und selbstbewusst Forderungen nach Schwurgerichten, Pressefreiheit oder nationaler Einheit artikuliert hätten.
Zudem habe die badische Verfassung einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, eine gemeinsame Identität zu stiften. Sie habe die im Zuge der napoleonischen Flurbereinigung zum Großherzogtum gekommenen Kurpfälzer, Fürstenberger und sogar einige Württemberger zu Badenern gemacht, erklärte Wolf augenzwinkernd. Und weiter: „Der badische ‚Verfassungspatriotismus‘ sollte uns Vorbild sein angesichts einer Gesellschaft, in der leider so vieles auseinanderstrebt, in der Integration gelingen muss, in der religiösen und politischen Extremisten unmissverständlich Grenzen zu setzen sind.“
Schließlich sei Baden bis zum Ersten Weltkrieg ein Synonym für mustergültiges Regieren mittels einer effizienten, konsequent strukturierten Verwaltung gewesen, sagte Wolf: „Dass wir heutigen Baden-Württemberger richtigerweise erst zufrieden sind, wenn wir in bundesweiten Vergleichen ganz vorne liegen, ist also Teil unseres badischen Erbguts.“