Landtagspräsidentin Aras: „Rechtsruck gefährdet Frauen, Frauenrechte und unsere Demokratie“
Stuttgart. Am Dienstagabend, 11. März 2025, stand im Landtag von Baden-Württemberg die in Art 3. des Grundgesetzes verankerte Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Fokus. Über 300 interessierte Frauen und Männer sind der Einladung von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) gefolgt, die in der Reihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält“ anlässlich des Internationalen Frauentages die Frage zur Diskussion stellte: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt: Viel erreicht, noch mehr zu tun?“. Nach einem Impulsvortrag von Prof. Jutta Allmendinger diskutierte diese auf dem Podium mit der Publizistin Shila Behjat und Leah Eh, der Gewinnerin des letztjährigen Schüler*innenwettbewerbs des Landtags.
In ihrer Eingangsrede adressierte Landtagspräsidentin Aras die Bedrohung von Frauenrechten durch den Rechtsruck in Europa und den USA. Die Demokratiefeinde in der Welt verbinde ideologisch der Kampf gegen Diversität, die Unterwerfung von Frauen und Minderheiten sowie ein grausames Verständnis von Maskulinität. „Um Frauenrechte zu stärken, brauchen wir auch eine breite gesellschaftliche Diskussion über Männlichkeit“, folgerte Aras. Männer und Jungs müssten noch stärker zu Adressaten des Feminismus gemacht werden, auch weil sie ebenfalls von Gleichberechtigung profitieren. Jedoch drohe hierzulande aktuell ein Rückschritt, denn es nehme die Gewalt an Frauen zu und die Repräsentation von Frauen – zum Beispiel im Deutschen Bundestag – ab, mahnte die Landtagspräsidentin.
Prof. Jutta Allmendinger, Soziologin und Professorin der Humboldt-Universität Berlin, stellte in ihrem Impulsvortrag klar: „Feminismus ist eine Sache von Männern und Frauen.“ Anhand verschiedener Beispiele führte sie aus, was in Sachen Gleichberechtigung bislang erreicht wurde, etwa die Bildungsexpansion, der Anstieg der Erwerbstätigkeitsquote oder das Entgelttransparenzgesetz, das noch nicht so ausgefeilt ist, wie es sein sollte. Es gebe das Gewalthilfegesetz, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch – das noch entkriminalisiert werden müsste – sowie den gestaffelten Mutterschutz. Die Repräsentanz der Frauen in der Politik sei ausbaufähig, die geschlechtersensible Medizin mache Fortschritte. Dennoch würden zu wenig Väter in Elternzeit gehen oder sich der Care-Arbeit widmen: „Auch Männer sollten ihre Lebensläufe verändern“, so Allmendinger.
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion unter der Moderation von Kübra Sekin und mit Publikumsbeteiligung ging es u. a. um die Gleichstellung von Frauen und Männern im Jahr 2025, Stereotype und Zuschreibungen sowie den Aufschwung des traditionellen Männerbildes. Shila Behjat, die sich in ihren Büchern u. a. damit beschäftigt, wie Söhne feministisch erzogen werden können, lenkte den Blick auf eine geschlechtergerechte Erziehung. Sie betonte wie wichtig es sei, sich auch als Mutter zu hinterfragen: „Inwieweit lebe ich die Werte, die ich selbst einfordere“?
Die 18-jährige Leah Eh berichtete, dass sie bei ihr an der Schule den „Kampf“ der Gleichstellung nicht führen müsste. Dennoch sehe sie mit Sorge den aufkommenden Rechtsruck in der Gesellschaft, der eines Tages doch wieder zu traditionellen Rollenbildern und Klischees führen könne. Um das zu verhindern müssten Jungs und Männer für das Thema sensibilisiert werden. „Sie müssen den Weg nicht für uns gehen – das können wir selber – aber mit uns“, so das schöne Schlusswort von Leah Eh.
Musikalische Akzente setzte Sängerin und Songwriterin Alex Mayr, begleitet von Konrad Henkelüdeke, mit ihren einfühlsamen Songs „Zeit“ und „Für Dich“. Im Anschluss lud die Landtagspräsidentin zum inhaltlichen Austausch und Vernetzung ein.
Die Veranstaltungsreihe WERTSACHEN – Was uns zusammenhält möchte das Gespräch über das Grundgesetz in Gang bringen und so zu einer aktiven und multiperspektivischen Auseinandersetzung mit den Fundamenten unserer Gesellschaft anregen.