Landtagspräsidentin Aras schlägt Maßnahmenpaket zum Schutz der Demokratie vor

Stuttgart. Angesichts wachsender Demokratiefeindschaft und der daraus resultierenden Bedrohung für demokratische Institutionen hat Muhterem Aras (Grüne), Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, am Montag, 21. Juli 2025, in Stuttgart ein Maßnahmenpaket zum Schutz von Landtag und Verfassung vorgelegt. „Das Beispiel Thüringens nach der Wahl im September 2024 hat gezeigt, wohin es führen kann, wenn Geschäftsordnungen und Landesverfassungen extremistischen Kräften, die unsere Demokratie von innen aushöhlen wollen, Interpretationsspielräume lassen. Dagegen müssen wir uns wappnen“, so die Landtagspräsidentin. 

Die Landtagspräsidentin hatte die Landtagsverwaltung angewiesen, über die schon bestehenden Regelungen hinaus mögliche Maßnahmen zum Schutz von Landtag und Verfassung vor verfassungsfeindlichen Bestrebungen und Übergriffen zu prüfen. Identifiziert wurden entsprechend Bereiche der Landesverfassung, in denen Änderungen in Betracht kommen könnten. Außerdem wurden bereits bestehende Regelungen im Abgeordnetengesetz und in der Hausordnung zum Schutz der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Landtags überprüft und die in der jüngeren Vergangenheit zu diesen Themenkomplexen allgemein erstellten Rechtsgutachten ausgewertet. Ein umfangreiches Maßnahmenpaket als Ergebnis dieser Prüfung liegt den fünf Fraktionen nun zur weiteren Beratung vor.  

„Die freiheitliche demokratische Grundordnung steht zunehmend unter dem Druck von Kräften, die zumindest Teile der unabänderlichen obersten Werteprinzipien von Demokratie und Rechtsstaat in Frage stellen. Es ist daher an der Zeit, unsere Landesverfassung und die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Landtags im Rahmen des Möglichen gegen den Einfluss solcher Kräfte zu schützen“, erklärte Aras am Montag, 21. Juli 2025, in Stuttgart. Sie stelle ihre Vorschläge allen Fraktionen im Landtag zur Diskussion und werbe für eine Umsetzung.   

In Bezug auf die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Landtags regt die Landtagspräsidentin an, alle sinnvollen rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Gefährdung „von innen“ so gut es geht abzuwehren. Dabei nimmt sie insbesondere den Zugang zu Gebäuden des Landtags und zur IT-Infrastruktur in den Blick, aber auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Mitarbeiterentschädigung verweigert werden kann. Demnach könnten interne Nutzer, bis ihnen die Zuverlässigkeit bescheinigt wurde, zunächst nur einen Internetzugang, ohne Zugriff auf interne Netzwerke oder Ablagen, sowie ein Telefon ohne weitere Funktionen wie etwa Adressverzeichnisse erhalten. Sobald die Zuverlässigkeit bestätigt ist, würden diese Nutzer alle Zugriffsrechte bekommen.

Weiter schlägt die Landtagspräsidentin vor, von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine sogenannte unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister anstatt des einfachen Führungszeugnisses zu verlangen. Diese könnte zudem anstatt oder zusätzlich zu einer polizeilichen Zuverlässigkeitsüberprüfung gefordert werden. Die unbeschränkte Auskunft erfasst anders als das einfache Führungszeugnis alle strafrechtlichen Verurteilungen und nicht nur Verurteilungen ab einer Strafe von 90 Tagessätzen. Sie geht über die polizeiliche Zuverlässigkeitsüberprüfung hinaus, weil sie auch bestimmte Verwaltungsentscheidungen (beispielsweise nach dem Waffengesetz) enthält.

Darüber hinaus regt die Landtagspräsidentin eine Regelung in der Hausordnung an, wonach die Nutzung der Räumlichkeiten des Landtags nur innerhalb der Grenzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zulässig ist. Eine solche Regelung würde klarstellen, dass Veranstaltungen mit verfassungsfeindlichen Inhalten beziehungsweise mit Personen, die in Verdacht stehen, verfassungsfeindliche Inhalte zu propagieren, in den Räumlichkeiten des Landtags nicht stattfinden dürfen.

In Bezug auf die Landesverfassung schlägt die Landtagspräsidentin beispielsweise vor, Regelungen zum Landtagswahlrecht zu ändern und so zu verhindern, dass die Wählbarkeit zum Nachteil von Eingebürgerten und Doppelstaatlern von einer sehr langen Dauer der Staatsangehörigkeit abhängig gemacht werden könnte. Zudem spricht sich die Landtagspräsidentin dafür aus, dass nicht nur der Abschluss von Staatsverträgen, sondern auch die Kündigung der Zustimmung des Landtags bedarf. Nach derzeitiger Rechtslage kann ein Ministerpräsident Staatsverträge ohne Zustimmung des Landtags kündigen. 

Weiter schlägt die Landtagspräsidentin vor, das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (LfV) als Institution in die Landesverfassung aufzunehmen. Das LfV findet in der Verfassung bislang keine Erwähnung. Eine Auflösung des Landesamts wäre daher mit einfachem Gesetz möglich. Gleichzeitig sollten die wesentlichen Betätigungsfelder des LfV ebenfalls in die Verfassung aufgenommen werden, um zu verhindern, dass durch einfaches Gesetz einzelne Phänomenbereiche wie etwa der Links- und Rechtsextremismus aus dem Aufgabenkatalog des Amts gestrichen werden können.

Die Landtagspräsidentin verwies darauf, dass einige Regelungslücken, beispielsweise im Untersuchungsausschussgesetz, bereits geschlossen worden seien. 2016 hatte sich die AfD in zwei Fraktionen aufgespalten und wollte auf Grundlage der Alt-Regelung, wonach 25 Prozent der Mitglieder des Landtags oder zwei Fraktionen einen Untersuchungsausschuss beantragen können, ein solches Gremium durchsetzen. „Das hätte jedoch die Regelung zum Schutz der Minderheitenrechte ad absurdum geführt, da die Mitglieder beider Fraktionen Mitglieder derselben Partei waren. Daher habe ich diesen Antrag nicht zugelassen“, so Aras. Danach habe der Landtag das Gesetz dahingehend präzisiert, dass die Mitglieder der zwei beantragenden Fraktionen verschiedenen Parteien angehören müssen.

Eine Zusammenfassung der nun identifizierten weiteren Handlungsoptionen finden Sie in der beigefügten Anlage. 

 

Anlage: 

Vorschläge und Debattenbeiträge von Landtagspräsidentin Muhterem Aras MdL zum Schutz des Landtags von Baden-Württemberg und der baden-württembergischen Verfassung vor verfassungsfeindlichen Bestrebungen vom 21. Juli 2025(Dokument)