Landtagspräsidentin Aras: „Wir sind solidarisch mit der Ukraine“
Marseille/Stuttgart. Vertreter von 240 Regionen und 90.000 Kommunen der Europäischen Union haben sich bei ihrem zweitägigen Gipfeltreffen in Marseille dafür ausgesprochen, für Geflüchtete aus der Ukraine umfassende humanitäre Hilfen bereitzustellen. In einer Deklaration, die am Freitag auf dem vom Ausschuss der Regionen (AdR) der EU ausgerichteten Gipfel verabschiedet wurde, forderten die rund 2000 Delegierten zudem weitere Sanktionen gegen Russland. Diese müssten „so hart wie irgend möglich“ ausfallen.
„Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei den Bürgerinnen und Bürgern der Ukraine, die unter diesem Krieg massiv leiden und sterben“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die als AdR-Delegierte für die baden-württembergische Volksvertretung auf dem in Präsenz und im digitalen Raum veranstalteten Gipfel sprach. „Wir als Regionen und Kommunen sind besonders gefordert. Und wir senden aus Marseille ein klares Signal: Wir sind solidarisch mit der Ukraine. Wir sind bereit, die vor der Barbarei fliehenden Frauen, Kinder und Männer bei uns aufzunehmen“, erklärte Aras in ihrem Wortbeitrag beim Auftaktplenum des AdR-Treffens.
Die Landtagspräsidentin erklärte weiter, sie sei „sehr froh, dass die EU den russischen Einmarsch in die Ukraine geschlossen scharf verurteilt, zusammensteht und gemeinsam schärfste Sanktionen beschlossen hat“. Die EU sei „vereinter denn je“, das sei ein starkes Zeichen. Aus Marseille gehe so auch eine unmissverständliche Botschaft an Russlands Machthaber: „Herr Putin, beenden Sie diesen verdammten Krieg! Beenden Sie das Sterben!“, so Aras.
Weitere zentrale Themen auf dem AdR-Gipfel in Marseille waren der Klimaschutz, die Bewältigung der Folgen der Corona-Krise und das Ziel eines bürgernäheren Europas. Die Delegierten sprachen sich dafür aus, dass die EU stärker als bisher auf die Erwartungen und Wünsche der Menschen eingehen müsse. Das ebenfalls am Freitag auf dem Gipfel verabschiedete Manifest enthält die Forderung, in der EU müsse mehr Bürgerbeteiligung praktiziert werden. Die Konferenz für die Zukunft Europas, die im Mai abgeschlossen werden soll, zeige mit vielen europaweit stattfindenden Bürgerforen, wie es gelingen könne, Europas Bürgerinnen und Bürger stärker einzubeziehen.
Landtagspräsidentin Aras berichtete auf dem Gipfel in Marseille vom baden-württembergischen Bürgerforum im Rahmen der Zukunftskonferenz, das der Landtag im vergangenen Oktober ausgerichtet hatte. Die teilnehmenden jungen Zufallsbürgerinnen und -bürger im Alter zwischen 16 bis 30 Jahren hätten die Gelegenheit genutzt, die Zukunft der EU mit ihren Ideen etwa zur EU-weiten Rechtsstaatlichkeit sowie zum Klima- und Gesundheitsschutz unmittelbar zu beeinflussen. „Wir gehen als Politikerinnen und Politiker immer schlauer aus solchen Bürgerforen heraus“, sagte Aras bei einer Podiumsdiskussion. Sie sei dafür, solche Beteiligungsformate auf über die Zukunftskonferenz hinaus in Europa beizubehalten. Sie könnten die politische Willensbildung in den Parlamenten ergänzen.
Im Gipfelmanifest forderten die Teilnehmer zudem mehr unmittelbaren Einfluss für Europas Regionen und Kommunen auf den EU-Gesetzgebungsprozess und die Verteilung von EU-Mitteln. Es reiche nicht, dass der AdR nur eine beratende Funktion in der EU habe. Bei wichtigen Entscheidungen sei es unabdingbar, die Regionen und Kommunen direkt einzubeziehen.
In diesem Zusammenhang regte sich bei den Delegierten viel Unmut über die Verteilung der Corona-Wiederaufbauhilfen. „Wenn man die Herzen der Europäerinnen und Europäer erreichen will, dann muss man auf die Menschen zugehen und ihnen klarmachen, dass es sich um EU-Gelder handelt. Dazu müsse man aber zwingend die regionalen Gebietskörperschaften mit ins Boot holen, da nur sie nah genug an den Menschen dran sind“, sagte Cees Loggen, Regionalminister der Provinz Noord-Holland. Dies sei bei den Corona-Hilfen nicht ausreichend geschehen.
Hintergrundinformation:
- Der Ausschuss der Regionen (AdR) ist ein beratendes Gremium der Europäischen Union, das sich aus lokal und regional gewählten Vertretern oder Regierungsmitgliedern der EU-Mitgliedsländer zusammensetzt.
- Alle zwei Jahre veranstaltet der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) ein europäisches Gipfeltreffen der Regionen und Städte. Dort treffen sich gewählte Vertreter regionaler und lokaler Gebietskörperschaften zu Diskussionen über die wichtigsten Herausforderungen für die Europäische Union.
- Das Land Baden-Württemberg verfügt über zwei Sitze. Landtagspräsidentin Muhterem Aras wurde als Mitglied des Landtags für den AdR benannt, als stellvertretendes Mitglied der Grünen-Abgeordnete Josef Frey.
- Für die Landesregierung gehört Staatssekretär Florian Hassler dem AdR an. Stellvertretendes Mitglied ist der Vizepräsident des Landtags, Dr. Wolfgang Reinhart.