Landtagsvizepräsidentin Lösch eröffnet Podiumsdiskussion über Landtagswahl 2011
Stuttgart. Namhafte Wissenschaftler und zahlreiche Zuhörerinnen und Zuhörer konnte Landtagsvizepräsidentin Brigitte Lösch (Grüne) am Montagabend, 25. Juli 2011, zu einer gemeinsam von der Landeszentrale für politische Bildung und der Uni Tübingen veranstalteten Podiumsdiskussion im Landtag begrüßen. Unter dem Thema „Schlüsselwahl oder Ausreißer?“ befassten sich insgesamt sechs Professoren mit den unterschiedlichen Aspekten, die zum Wahlausgang am 27. März 2011 geführt haben. In Ihrer Begrüßung sagte die Landtagsvizepräsidentin unter anderem wörtlich: >>Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundestag und aus dem Landtag, liebe Politikinteressierte! Ich begrüße Sie ganz herzlich hier im Haus des Landtags zu einem „Wahlabend nach dem Wahlabend“! Wohlgemerkt, nicht zu einer Wahlparty – was sich auch daran zeigt, dass wir dem obligatorischen Zeitraster die Reverenz erweisen: 18:00 Uhr, Sie wissen: an Wahltagen ist 18:00 Uhr ein magischer Moment: ARD und ZDF veröffentlichen ihre Prognosen. Dann weiß man meistens schon, wie's ausgegangen ist. Also auch genau vor vier Monaten bei unserer Landtagswahl am 27. März 2011 war um 18:00 Uhr so ein magischer Moment und die Balkendiagramme der Wahlforscher kündeten von Umkehrungen der Verhältnisse. Schon bald war klar, Baden-Württemberg hat den Wechsel gewählt und sich für einen Regierungswechsel entschieden. Das heißt, die CDU würde nach 58 Jahren nicht mehr den Ministerpräsidenten stellen können und eine Rolle einnehmen müssen, die sie davor nur vom 25. April 1952 bis zum 30. September 1953 innehatte: die Oppositionsrolle. Gemeinsam mit der SPD haben die Grünen die schwarz-gelbe Landesregierung abgelöst und mit Winfried Kretschmann stellen sie auch den ersten grünen Ministerpräsidenten eines Bundeslandes. Entsprechend großvolumig fielen die gedruckten Kommentare am nächsten Tag aus: Konjunktur hatten die Superlative „Historische Wahl“, „Wahlabend der Rekorde“ und natürlich auch die Spekulationen im Hinblick auf die Bundestagswahl 2013. Man konnte zum Beispiel lesen: „Nach Baden-Württemberg wird die politische Landkarte der Republik neu vermessen.“ Oder: „Deutschland steht nicht einfach vor einem Politikwechsel, sondern vor einem Wandel der Bewertungsmaßstäbe, die überhaupt an das Politische anzulegen sind.“ Unterhalb davon – sozusagen im Subtext – herrschte jedoch eher Orientierungslosigkeit. Die einen nannten die aktuelle Lage schlicht „unübersichtlich“; die anderen bemühten den Vergleich mit anderen europäischen Demokratien und sprachen von „Normalität“. Aber ich denke, eines ist klar: Alle Parteien sollten sich darauf einrichten, dass die Bürger wählerischer werden, die Parteienbindung lässt nach und die Anzahl der Stammwählerinnen und Stammwähler lässt ebenfalls nach. Deswegen ist es eine gute Idee gewesen, dass die Landeszentrale für politische Bildung im Laufe des Frühsommers das Thema aufgegriffen hat und zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen hat mit sechs ausgewiesenen Politikwissenschaftlern, um gemeinsam darüber zu diskutieren, welche Faktoren eine Wahl beeinflussen und wie sich das Wahlverhalten geändert hat. Dies wollen wir heute gemeinsam mit Ihnen diskutieren. Und der Zuspruch übertrifft unsere Erwartungen. Schön, dass das Interesse an dem Thema derart groß ist. Herzlichen Dank für Ihr Kommen, meine Damen und Herren! Und herzlichen Dank auch, dass sie heute gemeinsam mit uns das Wahlergebnis reflektieren wollen. Politik im Dialog oder auch die Politik des Gehörtwerdens ist ja auch das Markenzeichen der neuen grün-roten Landesregierung. Auf eines müsste ich aber nochmals ausdrücklich hinweisen, was tatsächlich zum Wahlabend der Rekorde auch gehört hat: Unsere Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl 2011 war wirklich sensationell hoch. Mit 66,2 Prozent um fast 13 Prozent höher als 2006. Nun möchte ich die Hauptpersonen des heutigen Abends begrüßen: sechs Wissenschaftler aus Baden-Württemberg, herzlich willkommen die Herren Professoren Zolleis, Wehling, Brettschneider, Buhr, Decker und Gabriel! Sie merken, dass ich allmählich ins Stottern gekommen bin bei sechs Herren, denn ich bin es nicht mehr gewöhnt, ein reines Männerpodium zu begrüßen – ich freue mich, dass wir eine Moderatorin heute hier haben, die diese Herrenrunde gewohnt charmant und durchsetzungsfähig dirigieren wird. In dem Zusammenhang möchte ich noch mal drauf hinweisen, dass wir mit 18,1 Prozent, das sind genau 25 Frauen von 138 Abgeordneten, jetzt in unserem Parlament bundesweit den niedrigsten Frauenanteil haben. Also auch da gibt es noch viel zu tun. Aber verstärkt wird die Debatte heute Abend durch 20 Schülerinnen und Schüler aus dem Politikleistungskurs des Hegel-Gynasiums Stuttgart-Vaihingen. Ihr seid da, herzlich willkommen! Belebt unseren Abend durch Eure Fragen!
So, meine Damen und Herren, jetzt ist es auf gut Schwäbisch gesagt „zehn nach sechse, fast viertel siebene“. Am Wahlabend versammeln sich da die ersten Kommentierungs- und Diskussionsrunden vor den Kameras. Floskeln sind dann – zwangsläufig – rege in Gebrauch. Bei unserem „Wahlabend nach dem Wahlabend“ ist das anders. Deshalb überlasse ich jetzt erwartungsvoll das Wort Ihnen, Herrn Professor Zolleis! Herzlichen Dank!